Dr. Bernd Fabritius: „Es ist wichtig, die Funktion der Russlanddeutschen als „Kulturbrücken“ stärker zu beachten“

Im Rahmen der 5. Internationalen wissenschaftlich-praktischen Konferenz „50 Jahre gesellschaftliche Bewegung der Russlanddeutschen: Ergebnisse und Perspektiven. Russlanddeutsche als „Kulturbrücken“ in den deutsch-russischen Beziehungen“ fand eine angeregte Podiumsdiskussion in Anwesenheit politischer und gesellschaftlicher Vertreter Russlands und Deutschlands statt. 

Im Rahmen der 5. Internationalen wissenschaftlich-praktischen Konferenz „50 Jahre gesellschaftliche Bewegung der Russlanddeutschen: Ergebnisse und Perspektiven. Russlanddeutsche als „Kulturbrücken“ in den deutsch-russischen Beziehungen“ fand eine angeregte Podiumsdiskussion in Anwesenheit politischer und gesellschaftlicher Vertreter Russlands und Deutschlands statt.


Unter der Moderation des Chefredakteurs der Moskauer Deutschen Zeitung, Bojan Krstulovic, erläuterten der Präsident des Internationalen Verbands der deutschen Kultur (IVDK), Heinrich Martens, die Bundestagsabgeordneten, Dr. Bernd Fabritius und Dr. Christoph Bergner, der Schriftsteller Hugo Wormsbecher, der Leiter des Kulturreferats der Deutschen Botschaft in Moskau, Dr. Werner-Dieter Klucke, der stellvertretende Kulturminister der Russischen Föderation, Alexander Schurawski sowie der stellvertretende Direktor des Instituts für Ethnologie und Anthropologie RAN, Wladimir Sorin die Bedeutung der Russlanddeutschen in ihrer Funktion als Bindeglied zwischen Deutschland und Russland.

Die Diskussion wurde eingeleitet durch Heinrich Martens, der darauf hinwies, dass neben allen erzielten Erfolgen der gesellschaftlichen Bewegung der Russlanddeutschen auch eine Reihe strategischer Fehler begangen worden sei, die Einfluss auf künftige Aktivitäten hätten.

Darüber hinaus waren sich alle Diskussionsteilnehmer in Hinblick auf die weiteren Zukunftsaussichten der gesellschaftlichen Bewegung darüber einig, dass die Rolle der Russlanddeutschen als „Kulturbrücken“ zwischen der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland gestärkt werden müsse. Dr. Bernd Fabritius betonte in diesem Zusammenhang, dass es notwendig sei, sich auf die weitere Entwicklung der Rolle der Russlanddeutschen als „Kulturbrücken“ zu konzentrieren. Als ein gutes Beispiel führte er Rumänien an, das seit Kurzem sogar durch ein deutschstämmiges Staatsoberhaupt regiert werde. Der Bundestagsabgeordnete fügte ebenso hinzu, dass es wichtig sei, Russlanddeutsche nicht zu Geiseln der abgekühlten Beziehungen zwischen Deutschland und Russland werden zu lassen.

Gelegentlich wurde während der Diskussion immer wieder die Frage nach der territorialen Rehabilitierung der Russlanddeutschen aufgeworfen. Hugo Wormsbecher brachte in diesem Zusammenhang seine pessimistische Einstellung bezüglich der zu diesen Zwecken geleisteten Arbeit zum Ausdruck. Der Schriftsteller strich heraus, dass es für die Russlanddeutschen von Anfang an wichtig gewesen sei, eine unabhängige Nation zu bleiben. „Wir sind keine Diaspora, wir sind keine Minderheit, wir sind ein unabhängiges Volk. Wir möchten sowohl unsere deutsche Kultur erhalten, als auch all das, was wir in unserem Land erworben haben, aber hierzu müssen wir zusammenleben. Wir müssen über unser eigenes Territorium verfügen, eine wirtschaftlich unabhängige Basis, und uns nicht ausschließlich auf die Förderprogramme Deutschlands und Russlands konzentrieren. Wir müssen ein gleichberechtigtes Volk sein“, so Wormsbecher.

Nach Hugo Wormsbecher sei bislang keine Aufgabe, die im Gesetz zur Rehabilitierung der repressierten Völker festgesetzt worden sei, erfüllt worden. Aus diesem Grund dauere die Suche nach Lösungen für die ausstehenden Probleme bis heute an. Gleichzeitig räumte Wormsbecher ein, dass gegenüber Russlanddeutschen in Russland heutzutage, wie übrigens auch in der Vergangenheit, überwiegend eine respektvolle und gute Haltung dominiere.

Die Frage nach der territorialen Rehabilitierung kommentierend, sagte Dr. Bergner, dass in dem in den 1990er Jahren von beiden Ländern unterzeichneten Protokoll unmissverständlich die Notwendigkeit einer territorialen Rehabilitierung festgesetzt ist. Allerdings unterstrich der Bundestagsabgeordnete ferner, dass nunmehr von der gegenwärtigen Situation ausgegangen werden sollte. „Ich denke, wir müssen uns auf die Erhaltung der Sprache und Identität konzentrieren, und in diesem Bereich ist die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Verband der deutschen Kultur sehr wichtig. Ich bin beeindruckt von der Tatsache, dass die Aktivisten der Selbstorganisation so offen über die Sprachthematik sowie über die Notwendigkeit, die Sprache zu erhalten und zu fördern, reden.“

Wladimir Sorin erinnerte an die von Russlands Präsident Wladimir Putin festgelegte Priorität, eine gesamtrussische bürgerliche Nation zu bilden. In diesem Zusammenhang sagte der Wissenschaftler, dass die Föderale Nationale Kulturautonomie der Russlanddeutschen ein aktiver und konstruktiver Partner des Russischen Staates sei. Sorin fügte hinzu, dass er sich eine gesamtrussische bürgerliche Nation ohne die Russlanddeutschen nicht vorstellen könne. „Russlanddeutsche bildeten schon immer in allen gesellschaftlichen Bereichen den Maßstab und einen Bezugspunkt“, so Sorin.

Nach Angaben des Wissenschaftlers habe sich der Anteil an Russlanddeutschen zwar insgesamt im ganzen Land verringert, in 14 Föderationssubjekten hätte sich dieser jedoch vergrößert, und in fünf Regionen sei er gleich geblieben. Angestiegen sei der Bevölkerungsanteil innerhalb der Russlanddeutschen in den Regionen Kaliningrad, Lipetsk, Voronesch, Belgorod, Nischnij Nowgorod und Twer, so Sorin.

Der stellvertretende Kulturminister der Russischen Föderation, Alexander Schurawski sagte, dass eine der größten Errungenschaften in der Politik der Russischen Föderation das Inkrafttreten des Gesetzes über die Kulturautonomie nationaler Minderheiten sei. „Die Russlanddeutschen machen aktiv von den Möglichkeiten Gebrauch, die ihnen dieses Gesetz gewährt“, so Schurawski.

Die Diskussion zusammenfassend, stellte Heinrich Martens fest, dass die Situation der Russlanddeutschen, neben einigen negativen Aspekten, durchaus positive Aspekte habe. Die Kontakte zwischen Russlanddeutschen in Deutschland und Russland würden trotz räumlicher Distanz aktiv gepflegt werden. In diesem Sinne sei der Bau von Kulturbrücken eine essentielle Aufgabe. „Viele Russlanddeutsche, die nach Deutschland auswanderten, kehren geschäftsbedingt nach Russland zurück“, so der Präsident des Internationalen Verbands der deutschen Kultur (IVDK).

Pressedienst IVDK
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