Heimat, Identität und Glaube – Hartmut Koschyk im Interview mit Bayreuther Sonntagszeitung

Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten und Bayreuther Bundestagsabgeordnete, Hartmut Koschyk, führte nachfolgendes Interview mit der „Bayreuther Sonntagszeitung“ zum Thema Heimat, Identität und Glaube. 

Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten und Bayreuther Bundestagsabgeordnete, Hartmut Koschyk, führte nachfolgendes Interview mit der „Bayreuther Sonntagszeitung“ zum Thema Heimat, Identität und Glaube.

BTSZ: Welche Bedeutung hat der Begriff „Heimat” in unserer Zeit der Globalisierung?

Heimat stellt für mich das entscheidende Fundament für die eigene Identität dar und ist die notwendige Antwort auf die zunehmende Globalisierung. Ein positives Heimatgefühl – verbunden mit Glaube und Identität ist die Voraussetzung für ein gutes und tolerantes Miteinander mit anderen Nationen, Religionen und Kulturen. Ich bin überzeugt, dass Heimat, Identität und Glaube den Menschen helfen, die Herausforderungen der Globalisierung zu meistern, ohne entwurzelt zu werden und ihnen weltoffen zu begegnen. Globalisierung ohne entsprechende „Beheimatung“ wird im örtlichen wie im geistigen/geistlichen Sinne nicht funktionieren.

BTSZ: Welche Gruppen nationaler Minderheiten gibt es in Deutschland und wie werden deren Sitten und Gebräuche in unsere Kultur integriert?

In Deutschland leben als altangestammte nationale Minderheiten die Dänen im Norden Schleswig-Holsteins, die Friesen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie die Sorben in der brandenburgischen und sächsischen Lausitz. Im Gegensatz zu diesen kompakt siedelnden Gruppen leben Angehörige der nationalen Minderheit der deutschen Sinti und Roma über ganz Deutschland verteilt. Wichtigstes Merkmal unserer nationalen Minderheiten sind deren eigenen Sprachen: Dänisch, Nord- und Saterfriesisch, Nieder- und Obersorbisch sowie Romanes. Die nationalen Minderheiten und ihre Sprachen werden unter anderem durch Abkommen des Europarates geschützt, die die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet und ratifiziert hat. Unter diesen Schutz fallt auch die Sprachgruppe des Niederdeutschen oder Plattdeutschen als anerkannte Regionalsprache mit etwa neun Millionen Sprechern. Im Zentrum unserer Politik für die nationalen Minderheiten in Deutschland steht Spracherhalt und Sprachpflege. Daneben gibt es Unterstützungen für kulturelle und wissenschaftliche Einrichtungen. Die Sprachen und Gebräuche unserer nationalen Minderheiten gehören von alters her untrennbar zum Kulturerbe Deutschlands, und Europas.

BTSZ: Zuwanderung erfolgte in den vergangenen Jahren in erster Linie in Folge der Auswirkungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges. Es handelte sich meist um deutschsprachige Einwanderer. Die Situation ist inzwischen anders Die Menschen die nach Deutschland kommen, entstammen einem anderen Kulturkreis. Welche Herausforderungen sehen Sie?

Der erfolgreichen Integration von rund zwölf Millionen deutschen Heimatvertriebenen in der Bundesrepublik Deutschland und der früheren DDR folgten recht bald Millionen sogenannter „Gastarbeiter”, die zunächst kein Deutsch sprachen. Später kamen deutsche Spätaussiedler, von denen viele bei der Ankunft ebenfalls noch keine ausreichenden Deutschkenntnisse besaßen. Auch viele Flüchtlinge aus aller Welt haben in Deutschland dauerhaft Aufnahme gefunden. Entscheidend für eine erfolgreiche Integration ist neben der deutschen Sprache auch das Bekenntnis zur staatlichen und gesellschaftlichen Werteordnung, wie sie gerade auch im Grundgesetz durch die ersten zwanzig Artikel niedergelegt ist. Wer dauerhaft in Deutschland leben will, muss diese Werteordnung nicht nur akzeptieren, sondern sie auch aktiv leben. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass Herausforderungen der Zuwanderung keineswegs neu, sondern bekannt und auch lösbar sind.

BTSZ: Wie müssen wir unsere fränkische Identität künftig definieren?

Regionale Identität wird durch die Menschen geformt, die in dieser Region leben. Das ist die angestammte, aber auch die zugewanderte Bevölkerung. Identität ist deshalb immer auch dynamisch. Jeder von uns kann und sollte seinen Beitrag sowohl zur Bewahrung, als auch zur Weiterentwicklung unserer fränkischen Identität leisten. In diesem Sinne wünsche ich uns eine offene, tolerante und auch neugierige fränkische Identität mit gleichzeitigem Bewusstsein für Tradition und Heimat. Heimatverbundenheit und Weltoffenheit sind keine Gegensätze. Gerade die internationale Ausrichtung der Region Bayreuth durch die Universität, die Bayreuther Festspiele, das „Festival Junger Künstler“, das Osterfestival, einer “Internationalen Schule” und auf den Weltmärkten erfolgreich agierende mittelständische Unternehmen belegt dies. Dass sich ein Wegbereiter der Globalisierung wie Alexander von Humboldt gerade in unserer Region als junger Mensch so entfalten konnte, ist hierfür ein wichtiges Signal.

Quelle: www.koschyk.de

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