Auf Wanderschaft: Wie eine schwäbische Goldschmiede-Gesellin in St. Petersburg auf die Walz ging

Seit über 24 Monaten ist Myriam Schupp aus Neukirch, einem kleinem Ort bei Friedrichshafen, unterwegs. Ohne Schminke, stets in denselben Kleidern: weißes Hemd, schwarze Weste, eine weite unten ausgestellte Hose, dunkler Filzhut. Die 27-Jährige mit den Kraushaaren ist ausgebildete Goldschmiedin und auf der Walz (Moskauer Deutsche Zeitung, Ausgabe Nr. 15 (406), August 2015). 

Seit über 24 Monaten ist Myriam Schupp aus Neukirch, einem kleinem Ort bei Friedrichshafen, unterwegs. Ohne Schminke, stets in denselben Kleidern: weißes Hemd, schwarze Weste, eine weite unten ausgestellte Hose, dunkler Filzhut. Die 27-Jährige mit den Kraushaaren ist ausgebildete Goldschmiedin und auf der Walz (Moskauer Deutsche Zeitung, Ausgabe Nr. 15 (406), August 2015).

Bei der noch aus dem Mittelalter stammenden Tradition gehen Handwerkergesellen nach ihrer Ausbildung für drei Jahre auf Wanderschaft, wobei sie sich durch Leiharbeit in den Betrieben ihres Handwerks Herberge und Verpflegung verdienen. Nachdem Myriam unter anderem in Dänemark, Schweden, Finnland und Österreich war, hat es sie diesen Sommer in das von ihrer schwäbischen Heimat rund 2300 Kilometer entfernte St. Petersburg verschlagen, ein eher exotischer Ort für die Walz. „In Russland gibt es keine vergleichbare Tradition“, sagt sie. Auch wenn die Reaktion der Menschen auf sie und ihre Uniform meist sehr positiv war, so erwies sich der eigentliche Grundgedanke der Walz, in Goldschmieden ihre Dienste anzubieten, in St. Petersburg als nicht umsetzbar. „Das größte Problem war, dass die meisten Goldschmieden außerhalb und nicht im eigenen Betrieb produzieren“, erklärt sie. Dazu kommt, dass bei der Wanderschaft nur mündliche Absprachen erlaubt sind. Die Sprachbarriere sei hier natürlich auch ein Problem gewesen. In St. Petersburg musste sie letztendlich mit dem Ursprungs- gedanken der Walz, durch Arbeit im Ausland Geld zu verdienen, brechen. Wohnen konnte sie glücklicherweise kostenlos bei einem älteren Ehepaar – das Zimmer hat sie über ihren Freund bekommen, der seine Kindheit in St. Petersburg verbracht hatte. Dabei lebte sie von dem Geld, das sie sich in Europa erarbeitet hatte und nutzte die Zeit für einen Sprachkurs.

Ihren Aufenthalt in Russland habe sie dennoch auch für ihre Ausbildung zur Goldschmiedin nutzen können, meint Myriam. So sei sie hier vor allem dem Goldschmiedehandwerk des Zarengoldes in den Petersburger Museen auf den Grund gegangen. „Das sind alles Techniken, die ich selbst gelernt habe. Sie haben schon damals dasselbe Werkzeug benutzt, mit dem auch ich arbeite.“ Und neben den erworbenen Sprachkenntnissen habe sie auch die nützliche Lebenserfahrung in der Fremde dazugewonnen.

Arina Popova

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