Wenn das Stündlein geschlagen hat: Wie erleben Kinder in Russland ihre Einschulung? Fünf Unterschiede zu Deutschland

Wenn Erstklässler sich dieser Tage zum ersten Mal ihre Schultasche auf den Rücken schnallen, dann ist eines in Russland und Deutschland gleich: Die Eltern und Großeltern sind oft nervöser als die Kleinen selbst. Und jeder Zweite trägt eine Foto- oder Videokamera vor sich her. Doch es gibt auch Unterschiede (Moskauer Deutsche Zeitung, Ausgabe Nr. 15 (406), August 2015). 

Wenn Erstklässler sich dieser Tage zum ersten Mal ihre Schultasche auf den Rücken schnallen, dann ist eines in Russland und Deutschland gleich: Die Eltern und Großeltern sind oft nervöser als die Kleinen selbst. Und jeder Zweite trägt eine Foto- oder Videokamera vor sich her. Doch es gibt auch Unterschiede (Moskauer Deutsche Zeitung, Ausgabe Nr. 15 (406), August 2015).

1. In Russland beginnt das neue Schuljahr nach drei Monaten Sommerferien landesweit am 1. September – oder aber, falls er auf ein Wochenende fällt, am darauffolgenden Montag. Das gilt auch für die Erstklässler. In Deutschland sind die Ferien je nach Bundesland gestaffelt. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Einschulungstermine. In vielen Ländern werden sie auf den Samstag vor dem eigentlichen Schulanfang gelegt. Das erspart es den ohnehin aufgeregten ABC- Schützen, gleich an ihrem ersten Tag in den ganz großen Trubel zu geraten. Außerdem erleichtert es der Verwandtschaft, den neuen Lebensabschnitt des Nachwuchses gebührend zu feiern.

2. Bevor russische Schüler am 1. September die Schule betreten, werden sie vom Direktor bei einem Festappell begrüßt. Den Erstklässlern gilt besondere Aufmerksamkeit, sie dürfen auch in der ersten Reihe stehen. Ein Mädchen wird ausgewählt, um mit einem Glöckchen in der Hand symbolisch das neue Schuljahr einzuläuten. Dabei wird es von einem Jungen der ältesten Klasse einmal im Kreis herumgetragen. Dann geht es in die Klassenräume. Die Eltern müssen häufig draußen bleiben. „Man hat uns gesagt, wir sollen die Kinder zur Selbstständigkeit erziehen, so dass sie sich auch ohne uns umziehen oder die Schnürsenkel binden können“ erzählt Swetlana Jereschenko, deren Tochter Arischa auf die 1273. Schule im Moskauer Stadtteil Tjoplyj Stan gehen wird.

3. Kein russischer Schulanfänger erscheint ohne einen Blumenstrauß vor seiner Schule. Das Geschenk ist für die Klassenlehrerin oder den Klassenlehrer bestimmt und als Zeichen des Respekts gedacht. Manche Eltern versuchen, mit einem besonders schönen, großen oder teueren Strauß bereits Sympathiepunkte für ihren Schützling zu sammeln.

4. An russischen Schulen wird verstärkt auf das Äußere geachtet. Die 1994 abgeschaffte obligatorsiche Schuluniform erlebte 2013 ihre Wiederauferstehung, wenn auch in abgeschwächter Form: Der genaue Dresscode wird den Schulen überlassen. Meist wird nur ein bestimmter Rahmen vorgegeben, etwa ein Farbton, der eingehalten werden muss. Feste Tradition bei den Erstklässlern sind die riesigen weißen Haarschleifen für die Mädchen, wie man sie noch aus alten Sowjetfilmen kennt. An ihrer Beliebtheit hat sich bis heute nichts geändert.

5. Nichts anfangen kann man in Russland mit der deutschen Schultüte. Nur an der Deutschen Schule Moskau wird der Brauch in Ehren gehalten. Doch wo nimmt man die Tüte eigentlich her? In Moskau wird man garantiert nicht fündig. „Wer sie nicht aus Deutschland mitbringt, bastelt sie eben selbst“, sagt Grundschulleiterin Barbara Baumgartner.

Von Tino Künzel

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