Die Saison der Konfirmationskreise ist eröffnet

Die Moskauer evangelischen Gemeinden laden zur Konfirmationsvorbereitung. Im Oktober beginnt auch bei russischen Lutheranern der Konfirmandenunterricht – für Jung und Alt.

Um ein vollwertiges Gemeindemitglied zu werden und Verantwortung in der Gemeindearbeit übernehmen zu können, muss man nicht nur getauft, sondern auch konfirmiert sein. Jedes Jahr im Herbst werden in den protestantischen Kirchen in Russland neue Gruppen Konfirmanden eröffnet. Die Teilnehmer sollen bis zu ihrer Konfirmation nach Ostern besonderes Wissen und praktische Erfahrungen in Theologie, Gemeindewesen und Kirchenverwaltung erwer- ben. Auch in Moskau. Dabei ist der Konfirmandenunterricht in den russischen Gemeinden hier nicht an ein bestimmtes Alter gebunden. Wer für seine Kirche aktiv werden will, kann sich, unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft, von erfahrenen Pfarrern unterweisen lassen. Einzige Voraussetzung ist die Taufe.

Die größte evangelische Gemeinde Moskaus, die der Kathedrale St. Peter und Paul, gehört zum Verband der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland. Die Gemeinde bildet jährlich sogar zwei Konfirmandengruppen: Im vergangenen Jahr ließen sich 15 Jugendliche bis 18 Jahre und 20 Erwachsene unterschiedlichen Alters konfirmieren. Gegenwärtig werden Teilnehmer für das kommende Jahr gesammelt. „Die Tendenz ist steigend“, sagt Pfarrer Wiktor Weber, der im Wechsel mit einem Kollegen die Konfirmanden betreut. „Die Konfirmation – das ist eigentlich eine der wichtigsten Aufgaben einer Gemeinde“, meint er. Ob sich die Menschen dafür entscheiden, hänge zum einen vom Engagement des jeweiligen Pfarrers der Gemeinde ab, wenn es ihn denn überhaupt gibt. Weber ergänzt, dass es in den Regionen, zum Beispiel in Sibirien, auch eine Reihe pfarrerloser evangelischer Gemeinden gäbe. Ein weiterer Faktor ist laut Weber die Öffentlichkeitsarbeit: „Wir können heute viel mehr informieren, mit dem Internet gibt es viele neue Kanäle, um Menschen zu erreichen.“

Mit der Online-Darstellung der Gemeinde ist Artis Petersons betraut. Er ließ sich im vergangenen Jahr konfirmieren und engagiert sich jetzt mit Inbrunst für seine Gemeinde. Er betreut die Webseite sowie den Auftritt in den Sozialen Netzwerken, bearbeitet Video-Predigten und organisiert gemeinsam mit dem Absolventen der Jugendkonfirmandengruppe Wladislaw einen Jugendkreis zu theologischen Themen.

Artis stammt aus einer katholischen Familie aus Lettland. In der evangelischen Kirche suchte er den Dialog auf Augenhöhe. „Hier sind wir – Bischof, Pfarrer, Gläubige – alle gleich“, sagt der schüchterne, junge Mann und Kleinunternehmer. Die Gleichheit zwischen den Gemeindemitgliedern hat auch Artis jugendlichem Kollegen Wladislaw imponiert. Der 17-jährige Moskauer hat die Peter-und- Paul-Gemeinde als Kind zufällig bei einem Konzertbesuch für sich entdeckt. „Ich dachte, das sei eine katholische Kathedrale“, sagt der Jungprotestant. Seit dem Frühjahr ist der Student des Dokumentations- und Bibliothekswesens konfirmiert. „Mein Glaube ist ernsthafter geworden“, sagt er. Im Mai fuhren die frischgebackenen Konfirmanden zu ihren Glaubensbrüdern nach Dresden: „Der Austausch mit den deutschen Brüdern und Schwestern im Glauben war sehr inspirierend für mich!“ Um den religiösen Austausch für Jugendliche zu vertiefen, organisiert er jetzt mit Artis den Jugendkreis. Wie Wladislaw und Artis ist auch Julia Winogradowa Konfirmandin des vergangenen Jahres und fest im Gemeindeleben integriert: Gemeindeblatt, Sendung beim eigentlich orthodoxen „Radio Theos“. „Ich bin hier zuhause“, sagt Winogradowa, „dieses besondere Gefühl von Empathie habe ich nur hier erfahren.“

In der Emmaus-Gemeinde auf dem Wohngelände der Deutschen Botschaft ist ein solches Engagement noch Wunschtraum. „Wir sind eine Auslandsgemeinde“, sagt die Pfarrerin Aljona Hofmann, „nach drei Jahren fahren die meisten Familien wieder weg.“ Hofmann selbst ist gerade im September erst für ihre erste Amtszeit als Pfarrerin in Moskau mit ihrer Familie angekommen. Die von der Evangelischen Kirche Deutschland unterstützte Gemeinde zählt rund 100 Mitglieder. Und ein Konfirmandengrüppchen gibt es auch hier dabei: drei Jugendliche aus der Deutschen Schule.

Von Peggy Lohse

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