Russland. ,

Das Ende der Republik


Auch wenn die Russlanddeutschen kaum noch Hoffnungen auf eine eigene Republik in Russland hegten – bisher versprach ihnen das russische Gesetz genau das: die Wiederherstellung der Staatlichkeit, die ihnen im Zuge der Repressionen unter Stalin genommen worden war. Nun hat Präsident Wladimir Putin diesem Paradox ein Ende gesetzt, indem er den betreffenden Gesetzestext per Erlass korrigierte: Er strich aus ihm den Begriff der „Wiederherstellung der Staatlichkeit“.

Das neue Dokument verspricht den Russlanddeutschen nur noch Unterstützung bei der „Rehabilitierung, sozialen, wirtschaftlichen und ethnokulturellen Entwicklung“.

Boris Jelzin hatte den Russlanddeutschen 1992 mit einem Erlass die Staatlichkeit in Aussicht gestellt. Damit wollte er wohl ihre massenweise Abwanderung nach Deutschland bremsen. Die Formel der „Wiederherstellung der Staatlichkeit“ diente jahrelang als offizielle Arbeitsgrundlage für die deutschrussische Regierungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen, die jetzt ohne sie weiterarbeiten wird. Tatjana Ilarionowa, Historikerin an der Russischen Präsidentenakademie für den Staatsdienst, versteht Putins Erlass auch vor dem Hintergrund seiner Kritik an Lenin, die er vor kurzem bei einem Treffen mit Wissenschaftlern äußerte. Der rote Revolutionär und seine Mitstreiter hätten mit ihren Ideen – Putin nannte ausdrücklich die „Autonomisierung“ – „eine Atombombe unter Russland gelegt“. Der Präsident habe dabei an die Praxis der jungen Sowjetunion gedacht, an die verschiedenen Völker in Russland eigene Gebiete – sogenannte territoriale Autonomien – zu vergeben.

Die Deutschen bekamen ihre „Wolgarepublik“ im Jahr 1918. Putins Position sei nun klar, so Ilarionowa: Neue territoriale Autonomien wird es in Russland nicht geben. Russland werde stattdessen auf das Konzept der „nationalkulturellen Autonomie“ setzen.

Dieses Artikel erschien zuerst in der Moskauer Deutschen Zeitung

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