Russlanddeutsche im großen Sport: gestern und heute


In jeder Sportart gibt es heutzutage zahlreiche professionelle Sportler russlanddeutscher Herkunft, die für Deutschland oder Russland an den Start gehen. Es gab auch schon in der Vergangenheit aktive Sportler, die aus russlanddeutschen Familien kommen. Unter den bekanntesten ist Rudolf Pflugfelder, der ehemalige ausgezeichnete Gewichtheber der Sowjetunion, heute ist Olga Graf eine der bekanntesten Vertreterinnen des russlanddeutschen Profisports.

Rudolf Pflugfelder

Rudolf Pflugfelder ist einer der bekanntesten russlanddeutschen Sportler der Sowjetunion. Er wurde Olympiasieger im Gewichtheben und war ebenso Trainer von sechs weiteren Olympiagewinnern.

Der ehemalige Gewichtheber wurde am 6. September 1927 als Kind deutscher Migranten im Gebiet Donezk geboren und verbrachte seine Kindheit in seinem Geburtsort Nowo-Orlowka. Er wurde 1941 mit seiner Familie, wie alle Russlanddeutschen, nach Westsibirien in das Gebiet Kemerowo deportiert, wobei sein Vater starb. 1944 ging er nach Kiselewsk zu seinem Bruder, wo er bis 1962 in der Trudarmee in einem Bergwerk arbeitete. In seiner Freizeit fing er damals an, Sport zu treiben. In einem Interview sagte er, dass Sport für ihn kein Streben nach Rekorden sei, sondern nach einem gesunden Lebensstil und einem langen Leben, das dadurch ermöglicht wird. In seiner aktiven Laufbahn als Sportler stellte der Russlanddeutsche dennoch zwölf Weltrekorde und 22 Rekorde in der Sowjetunion auf. 1948 und 1949 wurde er Meister im Ringen in Sibirien und dem Fernen Osten. Später kam er aber zum Gewichtheben und wurde 1958 sowjetischer Meister im Gewichtheben. Im Jahre 1964 erreichte er dann die Königsdisziplin des Sports und wurde zum Olympiasieger bei den Olympischen Spielen in Tokio. Er gewann die Goldmedaille im Alter von 36 Jahren. Dies war der Höhepunkt in Pflugfelders aktiver Sportkarriere.

Nach dem Ende seiner aktiven Sportkarriere als Gewichtheber begann Pflugfelder seine ebenso erfolgreiche Trainerlaufbahn. Er ist für die sportlichen Erfolge von Gewichthebern wie David Rigert und Gennadi Bessonow, Nikolai Kolesnikow und Viktor Trebugow verantwortlich. Unter ihm wurden seine Schützlinge zu Olympiasiegern sowie Welt- und Europameister.

In seinem Buch „Metall und Menschen“, das er 1966 verfasste, schreibt der russlanddeutsche Sportler selbst, dass er und seine Familie sich als Deutsche fühlen, seine Heimat sei jedoch die Sowjetunion. Seit den 90er Jahren lebt der russlanddeutsche Sportler nun schon in Deutschland, in der Nähe von Kassel. Der ehemalige Sportler verfasste neben „Metall und Menschen“ noch zwei weitere Bücher, die 2008 und 2009 erschienen sind.

Rudolf Pflugfelder wurde auch eine weitere Ehre beim Internationalen Verband der deutschen Kultur zuteil. Den Preis des Wettbewerbs „Russlands herausragende Deutsche“ in der Kategorie „Sport“ benannte die Organisation nach Pflugfelder. Die Auszeichnung russlanddeutscher Sportler mit diesem Preis bezeichnet der ehemalige Olympiasieger selbst als Unterstützung der Russlanddeutschen, auch wenn die Nationalität selbst im Sport keine Rolle spielt.

Olga Graf

Olga Graf ist eine gegenwärtige erfolgreiche Vertreterin des russischen Profisports. Der bisherige Höhepunkt ihrer Karriere als Eisschnellläuferin waren die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014, wo Graf die Bronzemedaille über 3000 Meter und im Mehrkampf gewann.

Die Eisschnellläuferin wurde am 15. Juli 1983 in Omsk geboren. Olga Graf hat, wie auch schon ihr Nachname vermuten lässt, einen russlanddeutschen Hintergrund. Die Sportlerin hat deutsche Wurzeln und spricht daher neben Russisch auch Deutsch. In einem Interview sagte sie, dass ihre Familie darüber nachgedacht hatte, nach Deutschland überzusiedeln. Während viele Verwandte der russlanddeutschen Sportlerin in ihre „historische Heimat“ gezogen sind, lebt ihre Familie weiterhin in Omsk.

In ihrer Kindheit trieb Olga Graf auch bereits Sport, jedoch kein Eisschnelllaufen. Sie beschäftigte sich damals mit Karate und Wushu, ehe sie in der Saison 2007/08 ihr Weltcupdebüt im Eisschnelllaufen gab. Graf bevorzugt im Eisschnelllauf Langstrecken und den Mehrkampf.

Außerdem hat sie sich auf die Distanzen von 3000 und 5000 Metern spezialisiert. Ihre beste Platzierung bei den Weltmeisterschaften im Eisschnelllaufen war der dritte Platz auf 3000 Meter in der Saison 2013/2014. Desweiteren gewann Olga Graf die russischen Meisterschaften 2008 im Mehrkampf sowie 2011 auf 5000 Meter.

Die bisher mit Abstand größten Erfolge ihrer bisherigen aktiven Sportkarriere waren zwei Bronzemedaillen für die Distanz von 3000 Metern sowie im Mehrkampf bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi im Jahre 2014. Olga Graf holte bei den Olympischen Spielen im eigenen Land die erste Medaille für Russland.

Doch die Russlanddeutsche ist sich ihrer Nationalität und Herkunft durchaus bewusst. Sie stellte in einem Interview selbst „deutsche“ Eigenschaften bei sich fest. Sie mag es nicht zu spät kommen und bevorzugt die eigene Pünktlichkeit. Außerdem mag die Sportlerin kein Chaos in ihrem Leben. Alles soll geregelt sein und seine Ordnung haben. Das sei aber auch, wie Olga Graf betonte, ein Ergebnis ihrer Erziehung.

Die junge Russlanddeutsche bekam in ihrer sportlichen Laufbahn außerdem bereits einige Auszeichnungen. Sie ist Verdiente Meisterin des russischen Sports. Das ist eine Auszeichnung, die alle hochrangigen und erfolgreichen Sportler Russlands bekommen. Graf wurde außerdem mit dem Preis „Russlands herausragende Deutsche“ in der Kategorie „Sport“ nach Rudolf Pflugfelder ausgezeichnet. Mit diesem Preis würdigt der Internationale Verband der deutschen Kultur aufstrebende, erfolgreiche russlanddeutsche Sportler.

* Dieser Artikel erschien zuerst in der Jugendzeitschrift WarumDarum.

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