Ohne Kredite und Schulden arbeiten

„Ein Mensch soll für sich solche Sache wählen, die ihm sein ganzes Leben am Herzen liegen wird“, so Viktor Fischer, der Leiter der Wirtschaft „Merabilitskoje“. Wie sein Vater, der zeitlebens in der Landwirtschaft in der mit dem Leninorden ausgezeichneten Sowchose „Kulundinskij“ als Ingenieur und dann als Verwalter arbeitete, hat auch Viktor Fischer seinen Berufsweg noch in der Schulzeit gewählt.

Zwar ist es nicht leicht, zu ackern, zu säen und zu ernten, doch Viktor Viktorowitsch stellt sich es nicht anders vor. Er hat das Landwirtschaftsinstitut Barnaul mit dem Diplom Ingenieur-Mechaniker absolviert und kam in die Sowchose des Heimatdorfes als Hauptingenieur. Bevor er 2004 an die Spitze der Wirtschaft „Merabilitskoje“ trat, war noch die Arbeit in der Rayonverwaltung für Landwirtschaft und im staatlichen Zuchtbetrieb „Pobeda“. Unter seiner Leitung stieg „Merabilitskoje“ schnell auf die führende Position unter den anderen Wirtschaften des Rayons und in der Region auf.

Die Siedlung Mirabilit, zu der auch das in der Nähe gelegene Dorf Kirej gehört, ist die jüngste Dorfsiedlung im Rayon Kulunda. In zwei Dörfern wohnen insgesamt etwa 650 Einwohner. Das Dorf wurde 1975 um die Mastsowchose gegründet.

ALLER ANFANG IST SCHWER

Die Wirtschaft „Merabilitskoje“ erlebte sowohl Blütezeiten in den sowjetischen Jahren, als auch harte Jahre während der Perestrojka. Als Viktor Fischer 2004 an die Spitze des Landwirtschaftsunternehmens trat, stand es vor dem Verfall. Es gab in zwei Wirtschaftsabteilungen, eine befindet sich in Kirej, eine kleine Viehherde mit 176 Kühen, alte oder teilweise zerstörte Vieh- und Produktionsgebäude und ein vernachlässigtes Territorium. Die meisten Landmaschinen waren abgenutzt. Außerdem gab es beträchtliche Lohn- und Steuerschulden wie auch bedeutende rückständige Zahlungen für Elektrizität.

Erfolgreich wirtschaften kann man nur mit guten Spezialisten. So glaubte Viktor Fischer und begann deshalb mit der Bildung des Kollektivs. Er sprach mit jedem Menschen, der hier arbeitete, persönlich, und jedem erklärte er, dass er nicht kurzfristig hierher gekommen sei, dass er die Arbeit so zu organisieren plant, damit der Betrieb guten Gewinn einbringt. „In der Landwirtschaft kann man nur mit gemeinsamen Bemühungen erfolgreich arbeiten und eine gute Ernte bekommen. Einer ist hier im direkten Sinne Keiner“, so meint der Leiter auch heute. Gesagt - getan! Nicht alle unterstützen die strenge Disziplin und die hohen Anforderungen des neuen Leiters und verlassen die Wirtschaft. Aber die Gebliebenen, die echt arbeiten möchten, unterstützen jede neue Initiative mit Enthusiasmus. Jetzt arbeiten in zwei Abteilungen der Wirtschaft „Merabilitskoje“ 98 Menschen. „Es ist für uns genug“, erklärt der Generaldirektor Viktor Fischer. „Ich meine, es sei besser, wenn zwei Menschen fehlen, als wenn einer überflüssig ist.“

Weiter setzte Viktor Fischer sich zum Ziel, eine gute Rinderherde zu schaffen. So begann die Wirtschaft die Rasseviehzucht zu entwickeln. Man kaufte Jungbullen der Rasse Hereford-Rind und Melkkühe der Rasse rote Steppenkuh. Die Ergebnisse ließen nicht lange auf sich warten. Bald wurde die Wirtschaft als eine der besten im Rayon sowohl in der Viehzucht als auch in der Pflanzenzucht anerkannt.

EINER IST KEINER

„Ich habe gute Hauptspezialisten, die vieljährige Erfahrungen haben und Meister ihrer Sache sind. Zusammen mit ihnen ist es uns gelungen, die Vieh- und Pflanzenzucht auf die Beine zu bringen.“ Die Tierzucht leitet in der Wirtschaft „Merabilitskoje“ die Chefzootechnikerin Nina Motyljuk. Ihr hilft die Tierärztin Ludmila Podustowa, die sich auch um die Reproduktion der Herde kümmert. Zurzeit zählt die Viehherde in zwei Abteilungen mehr als 2000 Köpfe, darunter Melkkühe, Mastrinder und Kälber. Die Viehzucht in der Abteilung Karakuljskoje leiten Askar Dosumbekow und der Brigadier Asset Tyschkanow. Gute Ergebnisse erreichte man auch in der Rassezucht. Es gibt hier etwa 100 Kälber der Rasse Hereford-Rind, die man in der Wirtschaft selbst gezüchtet hat.

Wenn früher der Milchertrag in der Wirtschaft ein Liter pro Tag betrug, so melkt man jetzt täglich 13- 14 Liter. Im vorigen Jahr melkte man hier durchschnittlich etwa 5000 Liter Milch pro Kuh. „Unsere besten Melkerinnen sind neben den erfahrenen Jelena Girbo, Lubow Sikrat auch die noch jungen Anna Sikrat und Anna Isaak“, sagt Viktor Fischer mit Stolz.

Was die Pflanzenzucht betrifft, so verfügt die Wirtschaft über 12 000 Hektar Ackerboden. Und noch 2000 Hektar Weideland mietet die Wirtschaft in Ananjewka. 6500 Hektar Ackerfläche sind für Getreide und zwar für den Weizen und Hafer bestimmt. Auf 2000 Hektar baut man technische Kulturen und zwar Sonnenblumen an. Der Rest wird mit Futterkulturen bestellt. Im vorigen Jahr wurden mehr als 150 000 Zentner Grünfutter aufbereitet. Das ist die größte Kennziffer seit der ganzen Existenz der Wirtschaft. Die Pflanzenzucht leiten erfolgreich solche fachkundige Spezialisten wie der Chefagronom Viktor Fischer, der Sohn des Wirtschaftsleiters, und der Verwalter Aslan Ischmuchambetow.

„Mehrere Jahre konnten wir unsere Produktionsräume nur teilweise renovieren“, so Viktor Fischer. „Vor zwei Jahren begannen wir, neue zu bauen. Der erste Bau war in der Abteilung Karakuljskoje, wo wir einen neuen Kuhstall mit einem Viehhof errichteten. Im vorigen Jahr wurde ein neues Lagerhaus für Getreide gebaut.“ Daneben gibt es in der Wirtschaft fünf Kuhfarmen, zwei Melkhallen für 400 Kühe, die mit modernen automatischen Melkapparaten und Milchleitungen ausgestattet sind. Im vorigen Jahr brachte man einen neuen sommerlichen Melkplatz für 500 Tiere mit modernen Ausrüstungen in Betrieb. „Das gibt uns die Möglichkeit, im Sommer ruhig die Kuhställe und Melkhallen in Ordnung zu bringen“, setzte unser Gesprächspartner fort.

ALLES FÜR DIE MENSCHEN

„Damit die Leute gut arbeiten, sollen sie erstens regelmäßig und rechtzeitig den Lohn bekommen wie auch gute Arbeitsverhältnisse haben. Das sind zwei meiner goldenen Regeln. So auch mit den Steuern und kommunalen Kosten, die wir heute rechtzeitig bezahlen.“, berichtete Viktor Fischer.

Noch eine wichtige goldene Regel von Viktor Fischer lautet: Ohne Kredite arbeiten! „Wir bauen auf unsere eigene Kräfte und rechnen nur mit unserem eigenen Geld“, fügte der Wirtschaftsleiter hinzu.

Hier meint man: Bevor neue Technik gekauft wird, muss man die Vorhandene in Ordnung bringen. „Wenn die Landtechnik noch intakt ist, braucht man nicht teure und ausländische zu kaufen“, setzte Viktor Fischer fort. Aber trotzdem bemüht man sich hier den Park der Landtechnik allmählich zu erneuern. Um die Landmaschinen kümmern sich Bajmurat Tyschkanow, Leiter der Maschinen-Traktoren-Werkstatt, und der Mechaniker Wladimir Dinges.

Zurzeit steht der Wirtschaft genug Landtechnik zur Verfügung. Es gibt hier sechs Schwertraktoren K-700 „Kirowez“ und zwei Mähdrescher Marke „Polesje 812“. Im vorigen Jahr wurde noch ein Mähdrescher gekauft. Es gibt auch einen Mähhecksler „Don 680“ und anderes mehr. Kurz vor unserem Treffen erwarb die Wirtschaft noch einen neuen Traktor „Kirowez“, der mehr als sechs Millionen Rubel kostete. „Somit ist die Wirtschaft heute zur Aussaat technisch besser ausgestattet als im vorigen Jahr“, berichtete Viktor Fischer.

„Man muss auch in anderen Bereichen gute Verhältnisse für die Mitarbeiter schaffen, bevor man an sie höhere Forderungen stellt“, ist der Wirtschaftsleiter überzeugt. So gibt es in der Wirtschaft einen Speiseraum, wo die Mitarbeiter preisgünstig heißes Essen bekommen, und wo das Kollektiv oft gemeinsam mit den Familien verschiedene Feste feiert. Zurzeit wird die Speisehalle aber kapital renoviert. „Bald wird unser Speiseraum äußerlich und innerlich gemütlich und mit moderner Möbel und Ausstattung ausgerüstet sein.“

Alle Bemühungen des Leiters und der Spezialisten der Wirtschaft ernten gute Ergebnisse. Wie die Prinzipien von Viktor Fischer arbeiten, kann man in der Praxis beobachten. Im vorigen Jahr verkaufte die Wirtschaft „Merabilitskoje“ ihre eigene Produktion aus der Vieh- und Pfl anzenzucht für mehr als 100 Millionen Rubel. So arbeitet die Wirtschaft schon lange mit stabilem Gewinn.

Dabei kümmert sich der Betrieb auch um das Dorfleben und ist den Einwohnern in vielen Fragen behilflich. „Das Leben im Dorf muss sich auch verbessern. Das liegt in den Händen der Menschen selbst, auch unsere Wirtschaft möchte dazu ihr Scherflein beitragen“, sagte Viktor Fischer. „Merabilitskoje“ arbeitet eng mit dem Dorfrat zusammen. So half die Wirtschaft dem Dorfrat im vorigen Jahr einen regionalen Grant in Höhe von 300 000 Rubel zu bekommen, um einen Spielplatz für die Kinder in Kirej zu errichten. In diesem Jahr beteiligt sich die Wirtschaft zusammen mit dem Dorfrat an einem gemeinsamen sozialen Projekt, das auch regionale finanzielle Unterstützung bekam. Dank diesem Projekt soll im Dorf an Stelle der alten Allee eine gemütliche Erholungszone mit schöner Beleuchtung, Bänken und Gartenhäuschen entstehen.

MIT DER LIEBE ZUR ERDE

Viele Landwirte bedauern, dass es zurzeit einen Mangel an fachkundigen Spezialisten in der Landwirtschaft gibt. Die oben genannte Wirtschaft hat damit kein Problem. Hier arbeiten verschiedene Spezialisten, die ihre Funktionen mit Verantwortung und Gefühl erfüllen. So beispielsweise die Traktoristen-Maschinisten, Alexander Isaak und Jakow Ulrich. Beide tragen den Ehrentitel „Verdienter Mechanisator der Landwirtschaft der Russischen Föderation“ und sind Besitzer von anderen regionalen und föderalen Auszeichnungen.

Alexander Isaak und Jakow Ulrich sind seit der Kindheit Freunde und haben in ihrem Leben viel Gemeinsames. Die beiden Männer stammen aus deutschen Familien mit sechs Kindern und sind die vierten Kinder. Zurzeit wohnen sie mit ihren Familien in Nachbarschaft, arbeiten in einer Wirtschaft „Merabilitskoje“ und sind echte Meister in ihrem Bereich.

Alexander Isaak wurde 1960 im deutschen Dorf Ananjewka geboren. Die Liebe zur Erde erbte er von den Eltern. Sie arbeiteten ihr ganzes Leben lang in der Landwirtshaft. Nach Mirabilit übersiedelten sie in den 1970-er Jahren während der Vergrö- ßerung der Wirtschaften. Alexanders Vater Andrej war Mechanisator, die Mutter Klawdia - Kälberpflegerin. Noch in der Schulzeit jobbte Alexander während der Sommerferien in der hiesigen Wirtschaft.

Damals bekamen die Oberschüler üblicherweise auch eine professionelle Bildung. So bekam er schon in der Schule zwei Berufe, Autofahrer und Traktorist. Sofort nach dem Schulabschluss begann Alexander seinen Berufsweg in der Sowchose Mirabilit als Traktorist. Zuerst fuhr er Heu, dann kam er zum Fortbildungskurs, nach dem er den Schwertrecker K-700, den man noch „Kirowez“ nennt, fuhr. Nach noch einer Fortbildung wurde ihm ein neuer Traktor K-700A zur Verfügung gestellt, von dem er sich schon mehr als 30 Jahre nicht trennt. Kurz vor unserem Treffen vertraute man ihm den neuen modernen „Kirowez“ К-744 R3. „Er ist nicht schlechter als die ausländischen Landmaschinen und ist im Vergleich zu den älteren Modellen mehr mit Elektronik gefüllt“, berichtet der erfahrene Mechanisator.

Alexanders Meisterschaft bekam noch 1988 ihre Bestätigung, als er eine Medaille „Für den vorbildlichen Arbeitseinsatz“ bekam. 2010 wurde ihm die Medaille der Altairegion „Für Verdienste in der Arbeit“ ausgehändigt. Unter seinen Auszeichnungen gibt es auch den Ehrentitel „Verdienter Mechanisator“ und eine StolypinGeldprämie von 100 000 Rubeln vom Gouverneur der Altairegion namens. Im Jahr 2015 war er daneben im regionalen Wettbewerb unter den Mechanisatoren der Beste und wurde mit dem Auto „Lada Granta“ ausgezeichnet.

MIT DER TECHNIK AUF DU UND DU

Jakow Ulrich wurde im Jahre 1957 im Dorf Kaip geboren. Leider starb das Familienoberhaupt sehr früh. Jakows Mutter arbeitete in Kaip in einer Mastsowchose als Köchin, bis sie 1970 mit ihren sechs Kindern nach Mirabilit umsiedelte.

Jakow fand nicht gleich zu seinem gegenwärtigen Beruf. Nach der Schule kam der Junge in die Berufsschule in Blagoweschtschenka, wo er den Beruf Stuckarbeiter-Maler erwarb. Danach arbeitete er drei Jahre in der Kulundaer Bauorganisation PMK 6. Hier wurde ihm klar, dass dieser Beruf ihm nicht am Herzen liegt. Oft erinnerte er sich daran, wie es ihm noch in der Kindheit gefi el, sich mit der Technik zu beschäftigen. Mit zehn Jahren montierte er schon aus alten Ersatzteilen kleine Motoren für die Fahrräder und konnte diese selbst installieren. So beschloss Jakow seinen Beruf zu wechseln und bezog 1974 die Berufsschule Klutschi, wo er als TraktoristMaschinist ausgebildet wurde. 1975 kam er in die Wirtschaft „Merabilitskoje“ und ist seitdem mit schwerer Technik, und zwar mit Treckern und Mähdreschern auf Du und Du.

1980 bekam er seine erste Auszeichnung, und zwar das Ehrenzeichen „Bestarbeiter des Fünfjahrplans“. Weiter gab es noch den Ehrentitel „Verdienter Mechanisator der Landwirtschaft“, die Medaillen der Altairegion „Für Heldenmut in der Arbeit“ wie „Für Verdienste in der Arbeit“. Und das ist nicht alles! Im vorigen Jahr bekam Jakow Ulrich die Prämie namens Semjon Pjatniza und Warwara Bacholdina vom Gouverneur der Altairegion in Höhe von 125 000 Rubeln. Und kurz vorher bekam der Traktorist-Maschinist ein Gratulationstelegramm von Alexander Karlin, weil Jakow Ulrich für seinen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Landwirtschaft und die vieljährige gewissenhafte Arbeit auf Erlass des Präsidenten Wladimir Putin mit dem Orden „Freundschaft“ ausgezeichnet wird.

Eins haben Alexander Isaak und Jakow Ulrich noch gemeinsam: Beide bedauerten ihre Berufswahl nie. So darüber sie selbst: „Wir stellen uns in einem anderen Beruf oder an einem anderen Ort nicht vor, weil wir die Erde für immer ins Herz geschlossen haben.“

„In unserer Wirtschaft arbeiten noch viele andere Meisterbauer, deren vieljährige professionelle Arbeit auf regionaler wie föderaler Stufe mehrmals hoch bewertet wurde“, vollendet der Wirtschaftsleiter Viktor Fischer das Gespräch. „Hand in Hand mit solchen Spezialisten, die mit Gefühl arbeiten, kann man perspektivisch planen und optimistisch in die Zukunft blicken.“

Der Artikel erschien in der Zeitung für Dich.

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