Alles auf Katharina II.


Was die russische Zarin mit der deutschen Stadt Zerbst verbindet

Eine kleine Stadt in SachsenAnhalt schreibt sich die außergewöhnliche russische Zarin Katharina II. auf ihre Fahnen. Das hilft nicht nur den deutsch-russischen Beziehungen. Sondern kommt auch der Stadt zugute.

Obwohl die Stadt Zerbst in Sachsen-Anhalt auf eine mehr als tausendjährige Geschichte zurückblickt, wählte sie die junge Prinzessin von Anhalt–Zerbst als ihre repräsentative Figur aus. Dabei verbrachte diese gerade einmal zwei Jahre im Schloss, von 1742 bis 1744. Seit einigen Jahren nennt sich die Stadt selbstbewusst „Zerbst – Heimatstadt von Katharina II.“ Heute sind die Einwohner sehr stolz darauf, mit der russischen Zarin in Verbindung gebracht zu werden. Doch das war nicht immer so. 1992 wurde der Internationale Förderverein „Katharina II.“ von einigen engagierten Bürgern gegründet, die sich zum Ziel setzten, ihr ein Denkmal und ein Museum zu widmen. Zu dieser Zeit mussten die Vereinsgründer große Überzeugungsarbeit leisten. „Es war kurz nach der Wende. Jeder hatte seine persönlichen Probleme“, erinnert sich Annegret Mainzer, Vorstandsmitglied des Vereins. „Doch seitdem hat sich eine ganze Menge verändert, nicht nur in der Stadt, sondern auch im Bewusstsein der Zerbster.“ 2010 wurde feierlich das bronzene Katharina-Denkmal, ein Geschenk des russischen Bildhauers Michael Perejaslawez, im Schlossgarten eingeweiht. Seitdem ist die Begeisterung für die Prinzessin von Anhalt-Zerbst nicht mehr zu stoppen.

Das Interesse wächst sogar über die Stadtmauern und die Landesgrenzen hinaus. Annegret Mainzer stellt zufrieden fest: „An den Wochenenden kann man mehr Besucher im Schlosspark beobachten und auch mehr russischsprachige Gäste.“ Doch das Stadtmarketing geht weit über das Denkmal zu Ehren Katharinas hinaus. Eine Weinkönigin wird in vielen Städten Deutschlands ernannt. Zerbst dagegen zelebriert ein Prinzessinnenfest, bei dem alle zwei Jahre eine junge Repräsentantin gewählt wird. Die Stellvertreterin von Katharina II. soll bei Messen oder auf offiziellen Feierlichkeiten die Geschichte aufleben lassen. Um nicht aus der Rolle zu fallen, muss sie mit der historischen Persönlichkeit intensiv vertraut sein. Mittlerweile führt eine historische Route mit zehn Stationen aus dem Leben der jungen Katharina durch Zerbst. Ein Höhepunkt ist dabei das Schloss, welches Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde.

Seit 2003 bemüht sich der Förderverein um Erhalt und Wiederaufbau des Gebäudes. Dem Vorsitzenden Dirk Herrmann merkt man die Überzeugung und den Optimismus an. „Diese hautnah erlebbare Geschichte für die Bevölkerung wahrnehmbar zu machen, ist uns ganz wichtig“, sagt Herrmann. „Der russische Botschafter in Berlin Wladimir Grinin ist seit 2014 Schirmherr über die Wiederherstellung des Schlosses. Das begeistert uns in ganz besonderem Maße.“ Dass die Leitfigur Katharina die Große Zerbst mit Russland verbindet, ist offensichtlich. Nicht zu leugnen sind allerdings die anhaltenden Schwierigkeiten auf der internationalen politischen Bühne. Andreas Dittmann, Bürgermeister der Stadt Zerbst, sieht dies als Ansporn, „der Entfremdung und Distanz entgegenzuwirken“.

Ganz dem Motto der deutsch-dussischen Städtepartnerkonferenz im vergangenen Juli in Krasnodar „Kontakte knüpfen – Projekte anstoßen – Vertrauen stärken“ verpflichtet, beteiligt sich Zerbst aktiv im Rahmen des deutsch-russischen Kreuzjahres der kommunalen und regionalen Partnerschaften. Außenminister Sigmar Gabriel betonte damals: „Je schwieriger es ist, auf der politischen Ebene voran zukommen, desto wichtiger sind kommunale Beziehungen, Beziehungen zwischen Menschen auf beiden Seiten.“ Da sich die Stadt Zerbst aus historischen Gründen als Botschafter sieht, wird das „Katharina-Forum“, das sie im Mai kommenden Jahres organisiert, der wirtschaftlichen Zusammenarbeit widmen. Es strebt an, Unternehmen verschiedener Branchen in Zerbst direkt mit Russland in Verbindung zu bringen, um Vertrauen aufzubauen und Voraussetzungen für mögliche Kooperationen oder Markteintritte zu schaffen.

Im Rahmen des Forums wird auch der „Große Katharinenball“ nach Zerbst getragen, um dort die Moskauer Tradition aufleben zu lassen. Er soll eine entspannte Atmosphäre schaffen, um sachliche Diskussionen zu erleichtern, so Dittmann. „Uns liegt es außerdem am Herzen, den kulturellen Austausch der Städtepartnerschaft mit Puschkin/Stankt Petersburg weiterhin zu fördern. Besonders den internationalen Jugendaustausch betrachten wir als Dauerauftrag.“ Außerdem werden die Kulturfesttage von Februar bis März im kommenden Jahr mit Freude erwartet.

In diesem Zeitraum präsentiert das Zerbster Stadtmuseum die Dauerausstellung aus Puschkin über die Arbeit Dessauer Bauhausschüler. Das langfristige Ziel der Stadt ist und bleibt aber, das Zerbster Schloss vollständig zu restaurieren. Eines Tages soll es als ständige Adresse für deutsch-russische Projekte zur Verfügung stehen, denn Andreas Dittmann ist sich sicher: „Die Achse Berlin-Moskau führt über Zerbst.“

Quelle: Moskauer Deutsche Zeitung Nr. 18 (457).