Der alltägliche Spagat


Minderheitenzeitungen berichten über ihre Lage - ein Artikel der Moskauer Deutschen Zeitung.

Der Medienwandel betrifft auch Minderheitenmedien. Beim Media- Forum der FUEN in Berlin tauschten sich ihre Vertreter über Herausforderungen und Chancen aus.

Gwyn Nissen, Chefredakteur des Nordschleswiger, Dänemark

Über Jahrzehnte hat der Nordschleswiger versucht, bei den öffentlich-rechtlichen Sendern einen Platz zu finden. Es gab aber kein Durchkommen. Eigentlich haben wir laut der Sprachen-Charta ein Recht darauf. Auf der anderen Seite haben wir uns überlegt, ob wir überhaupt einen TV-Sender für unsere kleine Minderheit überhaupt brauchen. Deshalb haben wir vor vier Jahren umgesattelt.

Wir setzen nun auf einen professionellen Online-Auftritt. Wir hatten zwar eine Website, aber die haben wir mit links gemacht. Unsere Zeitung hat eine Auflage von 2000 Exemplaren und wir verlieren jedes Jahr um die Hundert Abonnenten. Das heißt wir können auf absehbare Zeit sagen, dass bei uns irgendwann Schluss ist. Vom dänischen Staat bekommt die Zeitung 400 000 Euro im Jahr. Für das digitale Projekt werden wir für die nächsten vier Jahre 300 000 Euro im Jahr erhalten. So können wir neben unserer zwanzigköpfigen Zeitungsredaktion eine fünfköpfige Online-Redaktion leisten. Davon können viele Minderheitenzeitungen nur träumen. Wenn wir uns beschweren, dann immer auf einem hohen Niveau. Doch unser Herzensprojekt ist die Zusammenarbeit mit anderen Zeitungen. Wir haben zwei Mehrheitsmedienhäuser und zwei Minderheitenmedienhäuser im deutsch-dänischen Grenzland. So können wir uns gegenseitig Geschichten leihen und publizieren.

Dr. Rudolf Urban, Chefredakteur des Wochenblatts, Polen

Das Wochenblatt erscheint seit 28 Jahren. Wir waren zunächst ein Teil einer polnischen Tageszeitung, bis unsere Minderheit ein eigenes Verlagshaus gegründet hat.

Die deutsche Minderheit in Polen ist groß, wir wollten aber zu einer Zeitung der Deutschen in Polen werden. Und hier liegt ein kleines Problem. Wir müssen einen Spagat schlagen, einerseits wird eine Minderheitsberichterstattung gefordert, die die Mitglieder der Minderheit haben wollen. Gleichzeitig sind sie nicht unsere Abonnenten, denn die Zeitung wird nicht gekauft. Wir werden als Zweckorgan angesehen. Seit einiger Zeit versuchen wir unseren Lesern klar zu machen, dass wir kein Verbandsorgan sind. Natürlich bleiben wir ein Regionalmedium in Schlesien. Nur ist es für uns schwierig mit zweieinhalb Stellen, die vom Staat mitgetragen werden, überall zu sein.

Michael Mundt, Lokalredakteur bei der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien

Die Allgemeine Deutsche Zeitung erscheint von Dienstag bis Samstag und ist unterteilt in Hauptredaktion in Bukarest sowie drei Lokalredaktionen in den Hauptsiedlungsgebieten der deutschen Minderheit. Sie wird herausgegeben vom demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien.

Unsere Lokalredaktion ist klein, sie besteht aus zwei bis drei Personen. Die Auflage liegt bei knapp 3000 Exemplaren. Obwohl wir 4000 Follower auf Facebook haben, kommen die meisten Leser über unsere Homepage. Das größte Problem ist, dass wir kein Gesamtkonzept haben, dass den Online-Auftritt einbezieht. Dafür haben wir leider keine Kapazitäten.

Der Artikel erschien erstmals in der Moskauer Deutschen Zeitung 03/2018.

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