Der Ball kann kommen


Der Ball kann kommen - ein Artikel der Moskauer Deutschen Zeitung.

Wenn im Juni und Juli in Russland der Ball über den Rasen rollt, bereitet sich der Verband der Deutschen Kultur auf den Großen Katharinenball vor. Beim Katharina-Forum in Zerbst wurden Pläne geschmiedet, den Ball Deutschland zuzuspielen.

Katharina die Große war allen erdenklichen Vergnügen nicht abgeneigt. Womöglich hätte sie neben den üppigen Bällen auch Fußball gemocht, der allerdings erst ein Jahrhundert nach ihrem Tod in Russland gespielt wurde. Heute bereitet sich das Land auf Hochtouren auf die WM vor. Für die Stadt Zerbst in Sachsen-Anhalt, der Heimatstadt von Katharina der Großen, ist das deutsch-russische Katharina-Forum ein großes Ereignis. Unter den 170 Gästen aus Sachsen-Anhalt und Russland waren auch hochrangige Gäste wie Sergej Nechaew, russischer Botschafter in Deutschland, und Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt.

Obwohl der Schwerpunkt auf der Wirtschaft lag, kam die Kultur nicht zu kurz. Denn zwischen den beiden Welten zeichnet sich ein neues Paradigma ab, sagt Olga Martens, erste Stellvertreterin des Internationalen Verbands der Deutschen Kultur. Kultur sei nicht so sehr ein Geisteszustand, die Notwendigkeit, „kulturell“ zu sein, als die Umwelt, in der Mensch und Unternehmen existieren. Gleichzeitig richte sich die Geschäftswelt zunehmend sozial aus und zielt nicht nur auf Profit ab. „Heute hält ein Geschäftsmann nicht nur ein MBA-Diplom in der Tasche, sondern ist darüber hinaus auch ein Repräsentant einer nationalen Kultur“, sagt Martens. Wirtschaft und Kultur können nicht nur voneinander lernen, sondern auch profitieren. Wie das geht, zeigt das Projekt des Großen Katharinenballs und das dazugehörige Festival der Ballsaaltraditionen von Katharina II. im Park Zarizyno in Moskau. Beide Veranstaltungen spielen eine wichtige Rolle bei der Bewahrung jener Traditionen, die die russische Zarin begründet hat.

Sie stärken auch den Dialog zwischen Russland und Deutschland, denn hier versammeln sich Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft, Sport, Wirtschaft und Politik. Letztes Jahr eröffneten die Ehrengäste Andreas Dittmann, Bürgermeister von Zerbst, und Esther Sophie Enke, amtierende Prinzessin von Anhalt-Zerbst, den Ball. Am 15. September findet der vierte Große Katharinenball in Moskau statt. Doch es gebe im nächsten Jahr eine wunderbare Möglichkeit, den Ball auch in der Heimatstadt der russischen Zarin zu organisieren, meint Martens. Das russische Kulturministerium habe 2019 zum Jahr der „Russischen Jahreszeiten in Deutschland“ erklärt.

Eine Filmvorführung entführte die Besucher des Forums in die rauschende Nacht des Großen Katharinenballs. Das hat bei Andrea Feber, Unternehmerin aus Sachsen-Anhalt, einen bleibenden Eindruck hinterlassen. „Wenn ich mir diese Bilder anschaue, wo wunderschöne Damen in üppigen Kleidern und galante Kavaliere in Militäruniformen einen Walzer schwingen, war mir, als ob ich in die Zeit der prächtigen Bälle versetzt würde“, so Feber.

Im Herbst kann die Unternehmerin selbst das Tanzbein schwingen. Als Dank für ihre aktive Teilnahme an der Diskussion hat sie ein Ticket gewonnen. Der Leiter des Berliner Architekturbüros, Matthias Köppel, bedauert, dass er nicht zur WM nach Russland reisen kann. „Ich werde die deutsche Mannschaft von zuhause anfeuern“, sagt er. Aber zum Großen Katharinenball nach Moskau will er definitiv kommen. Der Smoking sei schon bestellt. Noch besser wäre es aber, wenn der Große Katharinenball nach Deutschland kommt. Dafür gibt es keinen geeigneteren Platz als Zerbst, sagt der Geschäftsmann.

In den Händen hält er einen umfangreichen Katalog mit Schwarz-Weiß-Bildern von Schlössern, an deren Restaurierung seine Firma beteiligt ist und zeigt auf ein Bild eines großen Barockgebäudes. „Hier war die Sommerresidenz der Mutter von Katharina der Großen. Es ist lediglich fünfzehn Minuten von hier entfernt“, erklärt Köppel und fügt hinzu: „Innerhalb der Mauern dieses Schlosses verbrachte die junge Prinzessin die meiste Zeit, bevor sie nach Russland ging. Ich denke, sie würde sich freuen, die Bälle ihrer Ära hier wieder zu sehen.“

Auch andere Gäste des Katharina-Forums stimmten diesem Vorschlag zu. „Der Große Katharinenball verbindet Russland und Deutschland sehr gut. Meine Frau aus St. Petersburg und ich würden sehr gern daran teilnehmen“, sagt Alexander von Bismarck, ein Nachkomme des Kanzlers Otto von Bismarck. „Beim gemeinsamen Feiern lernen sich Russen und Deutsche am besten kennen. Das ist für Europa sehr wichtig.“

Der Artikel erschien erstmals in der Moskauer Deutschen Zeitung 11/2018.

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