Der Zarin den Hof gemacht: Beim Großen Katharinenball im Schloss Zarizyno tanzten die geladenen Gäste im Geiste des 18. Jahrhunderts

Wie kleidete man sich zu Zeiten von Katharina der Großen? Was und vor allem wie wurde getanzt? Der Große Katharinenball ließ ein sagenhafte Vergangenheit wiederauferstehen. Fünf Fakten zu dem kulturellen Highlight (Moskauer Deutsche Zeitung vom 21. September 2015). 

Wie kleidete man sich zu Zeiten von Katharina der Großen? Was und vor allem wie wurde getanzt? Der Große Katharinenball ließ ein sagenhafte Vergangenheit wiederauferstehen. Fünf Fakten zu dem kulturellen Highlight (Moskauer Deutsche Zeitung vom 21. September 2015).

1. Veranstalter des Balls war der Internationale Verband der Deutschen Kultur (IVDK), die führende Organisation der Russlanddeutschen in Russland, mit Unterstützung der Moskauer Stadtregierung.

2. 170 Gäste nahmen am Ball im Großen Schloss teil. Getanzt, gespeist und geplauscht wurde in drei Sälen. Der Ball soll zur Tradition werden.

3. Die Einnahmen aus einer Lotterie und aus SMS-Spenden kommen einem wohltätigen Zweck zugute. Sie gehen an die Stiftung „Vera“, die Hospize unterstützt. Sie darf sich über eine fünfstellige Summe freuen.

4. Vor dem Katharinenball wurden tradi­tionell die „Russlanddeutschen des Jahres“ in sechs Nominierungen ausgezeichnet.

5. Tagsüber hatten die Besucher des Parks Zarizyno ihren Spaß an einem Festival der Balltraditionen, das an acht Standorten im Freien stattfand. Sie konnten sich in historischen Kostümen fotografieren lassen, Fechten lernen, Vorträgen und einem Orchester lauschen oder auch an Führungen teilnehmen.

Und das sagten Gäste über den Ball:

Wladislaw Fljarkowskij
TV-Journalist („Kultura“)

Einen ersten Vorgeschmack auf den Großen Katharinenball bekam ich bereits beim Lesen der Zeilen, die an seine künftigen Gäste gerichtet waren: „Die Organisatoren des Balls – Russlanddeutsche –, in Würdigung ihrer großen Vorfahrin Katherina der Großen …“

Am Eingang zum Großen Schloss in Zarizyno wurde meine Einladung dann mit einem Stempel in Form einer Krone versehen. Aber es stellte sich heraus, dass das alles ein Spiel war, ausgefeilt bis ins Detail, eifrig und geschmackvoll umgesetzt. Mit großem Vergnügen habe ich mich daran beteiligt.

Aus der Tasche meines Jacketts lugte dabei eine Papierrolle von gelblicher Farbe – eine Kopie der Hochzeitsurkunde meines Urgroßvaters Christian und seiner Frau Sophia, Geburtsname Geffele. Getraut wurden sie 1897 in Tiflis vom Pastor der evangelisch-lutherischen Kirche. Der Sohn und die Tochter deutscher Siedler werden ihren Lebensbund damals kaum in prachtvoller Atmosphäre gefeiert haben, dachte ich mir. Und so habe ich sie mit zum Ball genommen, unter ihresgleichen. Dort waren sie dann von sympathischen, heiteren Gesichtern umgeben, die mir noch immer vor Augen stehen. Danke!

Irina Lindt
Theater- und Filmschauspielerin

In unserer Zeit wird selten etwas Neues von dieser Größenordnung auf die Beine gestellt, etwas Erlesenes, fürs Herz. Der Katharinenball ist eine tolle Idee. Die Zeit von Katherina der Großen birgt sehr viel interessanten Stoff. Da sind die Russen und die Deutschen und da ist diese seltsame Anziehungskraft, die zwischen ihnen besteht. Wo gibt es das sonst noch? Grenzen lösen sich auf, manches bleibt bis zum Schluss rätselhaft.

Ich finde, dass der Ball gelungen war. Ich habe die Veranstaltung moderiert und von der Bühne gesehen, wie viel Freude die Teilnehmer hatten. Mir hat die lockere, ungezwungene Atmosphäre gefallen. Aber ich bin auch Maximalist und denke, dass das Potenzial noch nicht zu 100 Prozent ausgeschöpft wird. Da sich das Geschehen über mehrere Säle verteilte, war die eine oder andere Aufführung nicht so gut besucht, wie ich mir das gewünscht hätte.

Aber ich bin mir sicher, dass die Veranstalter eine nüchterne Bilanz ziehen und entsprechende Korrekturen vornehmen. Dann wird der Große Katharinenball zu einem Kulturereignis werden, auf das die Besucher das ganze Jahr warten.

Ruslan Migranow
Mode-Historiker

Ich war zum ersten Mal auf einer solchen Veranstaltung und weiß schon jetzt, dass ich auf jeden Fall nächstes Jahr wieder dabei sein möchte. Ein hinreißendes Spektakel, ich kam mir wie im Märchen vor. Den Organisatoren ist es gelungen, dass man den grauen Alltag für einen Abend vergessen und bis über beide Ohren in die Atmosphäre einer vergangenen Zeit eintauchen konnte.

Den Gästen wurde ein Eindruck davon vermittelt, welchen Anteil die Deutschen an der Entwicklung Russlands hatten. Und wir durften uns selbst einmal als Adlige fühlen. Ich war als Offizier verkleidet, davon hatte ich lange geträumt. Mein Fachgebiet ist schließlich die Mode, ich habe vor den Besuchern auch eine Vorlesung zur Garderobe der Epoche von Katherina der Großen gehalten.

Das passende Kostüm habe ich mir ausgeliehen und die Perücke auch. Auf dem Weg vom Eingang zum Park Zarizyno bis zum Großen Schloss haben mich und meine Begleitung gefühlte 500 Menschen angesprochen, um sich mit uns fotografieren zu lassen. Die Leute meinten, wir würden sicher für Geld mit ihnen posieren.

Redakteur: Tino Künzel
Fotos: Denis Schabanow; Privat
Moskauer Deutsche Zeitung

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