Vom 21. bis 23. November fand in Omsk das jährliche regionale Projekt „Familientreffen der Russlanddeutschen: Drei Generationen“ statt. Organisiert vom Kultur- und Geschäftszentrum „Deutsch-Russisches Haus in Omsk“ und dem Jugendclub der Russlanddeutschen „Grenzlos“, brachte dieses einzigartige Format 14 Familien aus dem Gebiet Omsk zusammen. Ziel war es, das kulturelle Erbe der Russlanddeutschen zu bewahren und die Familientraditionen durch persönliche Begegnungen von der älteren an die jüngere Generation weiterzuvermitteln.
Das Projekt hat seine eigene Geschichte: Es wurde 2015 auf Initiative von Elisaweta Graf ins Leben gerufen, die damals als Sprachkoordinatorin im Gebiet Omsk tätig war. Heute, Direktorin des Kultur- und Geschäftszentrums „Deutsch-Russisches Haus in Omsk“, teilte sie mit:
„‚Familientreffen der Russlanddeutschen: Drei Generationen‘ ist für uns mehr als nur ein Projekt. Mit der Zeit wurde es für ein wahres Fest, das die Stärke der Familienbande und die Bedeutung der Bewahrung des kulturellen Gedächtnisses erneut bekräftigte. Wir erlebten, wie Traditionen wiederaufleben, wenn sie direkt weitergegeben werden – von den Großeltern an die Enkelkinder.
Das Wertvollste, was wir in diesen Tagen gewonnen haben, ist nicht nur neues Wissen über Weihnachtstraditionen oder Familiengeschichten, sondern auch die Schaffung starker Bindungen zwischen Generationen und Familien aus verschiedenen Teilen des Gebiets Omsk.
Die Teilnehmer kehren zurück nach Hause nicht nur mit Souvenirs, sondern auch mit einem klaren Verständnis ihrer kulturellen Identität. Was auch wichtig ist, sie haben konkrete Pläne, wie sie das erworbene Wissen in die Arbeit der regionalen Begegnungszentren der Russlanddeutschen einbringen werden. Wir sind überzeugt, dass solche Treffen die beste Investition in die Zukunft sind, da sie sicherstellen, dass Sprache, Bräuche und Geschichte der Russlanddeutschen in zukünftigen Generationen weiterleben und gedeihen werden.“
Der erste Projekttag begann mit einer Vorstellungsrunde der Familien, wodurch sofort eine herzliche und vertrauensvolle Atmosphäre entstand. Teilnehmer aus verschiedenen Ecken des Gebiets Omsk – von den Jüngsten bis zu den erfahrenen Großeltern – stellten ihre Familien vor, erzählten ihre Familiengeschichten und schilderten ihre Erwartungen an das Projekt.
Der Höhepunkt des ersten Tages war ein tiefer Einblick in die Geschichte der Weihnachtsbräuche der Russlanddeutschen. Es ist nicht nur ein Feiertag, sondern ein ganzes Spektrum an Traditionen, die selbst in schwierigsten Zeiten sorgsam mündlich weitergegeben wurden. Die Teilnehmenden erfuhren mehr über die Weihnachtssymbole und die Besonderheiten der Adventszeit, es wurde mitgeteilt, welche Gerichte an den Weihnachtstagen in den russlanddeutschen Familien zubereiteten wurden und welche Lieder sie am Fest sangen. Diese Erzählungen halfen allen, die Vorfreude auf das bevorstehende Fest zu spüren und die Bedeutung der Bewahrung der Familientraditionen zu erkennen. Der erste Tag des Projekts verdeutlichte die Stärke des generationsübergreifenden Zusammenhalts, wenn es um die Pflege der eigenen Wurzeln geht.
„Wir haben nicht nur viel über unsere Traditionen gelernt, sondern sind auch einander nähergekommen und haben uns wie ein Teil einer großen, herzlichen Familie gefühlt. Wir danken allen Teilnehmenden für ihre Offenheit, Aufrichtigkeit und Herzlichkeit.“
Tatiana Kersch, Spezialistin für ethnokulturelle Animationsprogramme für Kinder, kommentierte die Arbeit mit der jüngeren Generation so: „In unseren Kindergruppen konzentrierten wir uns auf spielerische und kreative Methoden, die es Kindern im Alter von 6 bis 9 Jahre und über 9 Jahren ermöglichen, sich durch Handeln mit dem Thema auseinanderzusetzen: Lieder und Reime auf Deutsch, ethnische Puppentheater, auf Geschichten basierende Spiele und Workshops zur Herstellung von Weihnachtssymbolen.
„Das Hauptziel besteht nicht nur darin, Elemente der Kultur der Russlanddeutschen vorzustellen, sondern den Kindern auch die Möglichkeit zu geben, die Sprache in einer angenehmen und unterstützenden Umgebung praktisch anzuwenden.“
Am zweiten Tag sah ich, wie schnell das generationsübergreifende Format funktioniert: Die Kinder, inspiriert von den Geschichten ihrer Eltern und Großeltern, probierten eifrig Dialoge auf Deutsch aus, wiederholten traditionelle Texte und nahmen an Rollenspielen teil. Das Ergebnis waren echte Emotionen, kreatives Schaffen und eine spürbare Steigerung des Selbstvertrauens bei der Kommunikation auf Deutsch – das sind auch die größten Leistungen der Animationsprogramme.“
Am zweiten Tag arbeiteten die Teilnehmenden in Gruppen, wobei jede Familie und jede Generation aktiv an praktischen Übungen teilnahm und Erfahrungen austauschte. Dieses Gruppenarbeitsformat ermöglichte es Eltern, Kindern und den Referenten, kompakte Teams für eine produktive Zusammenarbeit zu bilden.
Im Rahmen des Programms wurden parallel zwei Clubs der Freunde der deutschen Sprache „Deutsch+“ geleitet: „Weihnachten“ für Eltern und ein ethnokulturelles Animationsprogramm für Kinder. Am zweiten Tag fand eine Veranstaltung „Die Geschichte meiner russlanddeutschen Familie“ statt, während dessen die Teilnehmenden ihre Familiengeschichten erzählten und Familienerbstücke präsentierten. In der Kreativwerkstatt bastelte jede Familie einen Adventskranz, um ihr Haus für Weihnachten, eines der wichtigsten Feste für die Russlanddeutsche, zu schmücken.
„Das Projekt ‚Familientreffen‘ bietet eine einzigartige Gelegenheit zur intensiven und praktischen Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe der Russlanddeutschen“, erklärt Marina Fink, Referentin für ethnokulturelle Arbeit. „Wir haben uns auf ‚Die Geschichte meiner Familie‘ konzentriert, der zum emotionalen Kern des Projekts wurde.
„Durch die Arbeit mit Familienerbstücken, Fotografien und mündlichen Überlieferungen rekonstruierten wir nicht nur die Genealogie, sondern ließen auch Schlüsselmomente der Geschichte wieder aufleben. Dies ermöglichte es den Teilnehmern, sich nicht nur als Bewahrer von Traditionen, sondern als aktive Weiterhalter des kulturellen Erbes zu verstehen.“
Besonders wertvoll war das gemeinsame Basteln von Weihnachtssymbolen. Kreatives Gestalten durch praktisches Tun ist der beste Weg, ethnokulturelles Wissen zu festigen. Wenn drei Generationen gemeinsam einen Kranz oder eine Dekoration anfertigen, geben sie ihr Können weiter, diskutieren über Symbolik und stärken die Familienbande. Ich bin überzeugt, dass diese Erfahrung Familien dazu anregen wird, eigene ethnokulturelle Projekte zu Hause zu gestalten und so unsere einzigartige Identität in der modernen Welt zu bewahren.“
Der zweite Tag klang mit einem stimmungsvollen Abendkonzert aus – einer Präsentation kreativer Darbietungen von Familien. Die Aufführungen zeigten den Reichtum der Traditionen und den Zusammenhalt der Generationen; die Atmosphäre war herzlich und inspirierend.
„Es sind schöne Traditionen, die bewahrt und über die Jahre weitergetragen werden. Ein herzliches Dankeschön an das Projekt ‚Familientreffen der Russlanddeutschen: Drei Generationen‘. Es ist eine Zeit, dem Alltagstrubel zu entfliehen, innezuhalten und in die eigene Geschichte einzutauchen. Wir sind dankbar für die Möglichkeit, die Erinnerung an die eigenen Wurzeln in Worten, Bildern, Texten und Gedichten lebendig werden zu lassen.
„Das Projekt hilft den russlanddeutschen Familien, Kultur zu erleben, den Schmerz der Geschichte anzunehmen, die Freude an der Tradition zu erfahren und die Emotionen der Begegnung mit Menschen zu erleben, die ihnen in Erinnerung und im Geiste nahestehen.“
„Ein besonderer Dank gilt dem Programm, das es jedem Familienmitglied, unabhängig vom Alter, ermöglichte, diese Tage in einer Atmosphäre von Kultur, Tradition, Feierlichkeiten und neuen Eindrücken zu verbringen. Vielen Dank für die neuen Bekanntschaften und die unglaublich herzliche Atmosphäre der Familientreffen!“, so die Projektteilnehmer, die Familie Grigoriew-Leskow.
Das Projekt wurde mit Unterstützung des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur im Rahmen des Förderprogramms der Russlanddeutschen realisiert.




