2011 jährt sich zum siebzigsten Mal der Stalin-Erlass zur Deportation der Russlanddeutschen. Am 28. August 1941 gab das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR per Erlass bekannt, dass alle Deutschen der Wolgaregion unverzüglich und restlos umgesiedelt werden müssen. Der diesjährige Jahrestag wurde von dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Herrn Dr. Christoph Bergner zum Anlass genommen, im Rahmen einer Konferenz in Berlin an die Zwangsumsiedlungen und das damit verbundene leidvolle Schicksal der betroffenen Menschen zu erinnern.
2011 jährt sich zum siebzigsten Mal der Stalin-Erlass zur Deportation der Russlanddeutschen. Am 28. August 1941 gab das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR per Erlass bekannt, dass alle Deutschen der Wolgaregion unverzüglich und restlos umgesiedelt werden müssen. Ähnliche Dekrete, die persönlich auf Joseph Stalin zurückgehen, wurden bereits davor oder in Folge dessen für andere Siedlungsgebiete der Deutschen in der Sowjetunion erlassen. Als Begründung dieser Maßnahme diente vor dem Hintergrund der anrückenden Wehrmacht, die kollektive Anschuldigung aller Sowjetdeutschen mit Hitlerdeutschland zu kollaborieren. An der Unrechtmäßigkeit dieser Annahme gibt es keinen Zweifel.
Innerhalb weniger Wochen wurden alle sowjetischen Bürger deutscher Herkunft aus den europäischen Teilen der Sowjetunion nach Osten in sogenannte Sondersiedlungen deportiert und anschließend zur Zwangsarbeit im Lagersystem des GULAG verpflichtet. Dies betraf auch tausende an der Kriegsfront kämpfende sowjetische Soldaten deutscher Abstammung. Bis 1955 verblieben die Betroffenen in ihren Verbannungsgebieten unter Sonderaufsicht. Auch danach durften sie in ihre Heimatgebiete nicht mehr zurückkehren. 1964 wurden sie von der Kollektivschuld zwar freigesprochen, blieben aber im Osten der Sowjetunion zerstreut an den Orten der Verbannung leben.
Das Datum des 28. August 1941 markiert den Anfang einer systematischen und nachhaltigen repressiven Politik gegen Russlanddeutsche in der Sowjetunion. Ihr besonderes Kriegsfolgenschicksal begründet auch heute noch die deutsche Politik der Spätaussiedleraufnahme und die Hilfenpolitik für die deutschen Minderheiten in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion.
Schwerpunktthemen der Konferenz
Der diesjährige Jahrestag soll zum Anlass genommen werden, im Rahmen einer Konferenz in Berlin an die Zwangsumsiedlungen und das damit verbundene leidvolle Schicksal der betroffenen Menschen zu erinnern. Das Gedenken an dieses Schlüsselereignis in der Geschichte der Russlanddeutschen soll nicht nur dem Erhalt ihres kollektiven Gedächtnisses, sondern auch ihrer kulturellen Integration in Deutschland dienen.
Die besonderen Zusammenhänge und die Mechanismen der komplexen Identität der Angehörigen dieser Schicksalsgemeinschaft, die über Jahrzehnte im Widerspruch zwischen den inneren Bedürfnissen und repressiven Fremdbestimmungen stand, sind den meisten Menschen in Deutschland wenig bekannt.
Mit der Sensibilisierung der deutschen Öffentlichkeit für die Hintergründe der Aussiedlerzuwanderung aus humanitären und solidarischen Beweggründen kann zur erfolgreichen Integration der Aussiedler und Spätaussiedler beigetragen werden.
Eine entscheidende Fragestellung der Konferenz ist, inwieweit die Bundesrepublik Deutschland mit der Aufnahmepolitik und der Integration der russlanddeutschen Spätaussiedler seiner historisch-moralischen Verantwortung gerecht wird.
Außerdem werden zu folgenden Themen Vorträge gehalten:
- Die Deutschen in der Sowjetunion im 20. Jahrhundert
- Deportationen, Umsiedlungen und Verfolgungen von Nationalitäten unter Hitler und Stalin
- Traumatisierte Volksgruppe - Herausforderung für die Integration in Deutschland
- Verlust deutscher Sprachbindung - Herausforderung für kulturelle Rehabilitierung,
- Integration in Deutschland und die Hilfenpolitik in den Herkunftsgebieten
- deutsche Minderheit in Russland, Kasachstan und der Ukraine
In einer Andacht wird der Opfer der Deportation und Zwangsarbeit gedacht. Die künstlerische und kulturelle Aufarbeitung des Themas wird durch Beiträge anerkannter russlanddeutscher Künstler und Kulturschaffender ebenso im Rahmen der Konferenz zum Ausdruck gebracht.
Die Konferenz findet am 30. und 31. August 2011 in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin statt. Erwartet werden bis zu 200 Teilnehmer aus Deutschland, aber auch aus den Herkunftsgebieten der Aussiedler und die Botschafter der wichtigsten Herkunftsstaaten russlanddeutscher Aussiedler.
Quelle: bmi.bund.de