Am 9. April 2012 ist Johann Warkentin, einer der bedeutendsten russlanddeutschen Schriftsteller und Dichter der Gegenwart, im Alter von 91 Jahren aus dieser Welt gegangen. Den Familienangehörigen und Freunden des Meisters gilt unser tiefstes Mitgefühl und aufrichtige Anteilnahme für diesen unaussprechlich großen Verlust!
Am 09. April, im Alter von 91 Jahren, verstarb in Berlin der große russlanddeutsche Schriftsteller und Dichter Johann Warkentin.
Seine Verdienste um die Erhaltung und Entwicklung der russlanddeutschen Literatur kann man nicht hoch genug schätzen. Auch durch seinen persönlichen Einsatz hat er sehr viel dazu beigetragen, dass die Kultur und Sprache seines Volkes unter den schwierigsten Bedingungen erhalten blieb und bis heute fortbesteht.
In tiefer Dankbarkeit möchten wir seines Lebens und Schaffens gedenken und die Erinnerung für die Zukuft weitertragen!
Johann Warkentin wurde am 11. Mai 1920 in der Siedlung Spat auf der Krim geboren, absolvierte die Mittelschule, studierte an der Fakultät für Anglistik der Leningrader Universität. Während des zweiten Weltkrieges war er unter den freiwilligen Verteidigern von Leningrad. Im Jahr 1942 wurde er in ein Zwangsarbeitslager der sogenannten „Arbeitsarmee“ in der sibirischen Taiga eingewiesen, wo er bis 1946 „den Sieg mitschmieden" durfte. Nach dem Krieg kehrte er im Jahr 1946 illegal nach Leningrad zurück, um sein Studium an der Leningrader Universität fortzusetzen, doch schon zwei Jahre später, 1948, wurde er wieder zurück nach Sibirien, in die Altairegion, geschickt. Er arbeitete als Lehrer und Inspekteur in einer Rayon-Verwaltung für Volksbildung und danach als Hochschullehrer in der Altairegion. 1955-1957 gehörte er zur Redaktion der ersten deutschsprachigen Zeitung der Nachkriegszeit „Arbeit" in Barnaul. 1961-1968 arbeitete er an Hochschulen in Kasachstan (Alma-Ata) und Baschkirien (Ufa). In diese Zeit fiel auch seine ehrenamtliche Tätigkeit im Verlag „Kasachstan", in dem seine ersten literarischen Werke publiziert wurden. 1963 wurde er in den Schriftstellerverband der UdSSR aufgenommen. Im Jahr 1965 war J. Warkentin Mitglied der ersten Delegationen nach Moskau, die sich für eine vollständige Rehabilitierung der Russlanddeutschen einsetzten. Von 1968 bis 1981 leitete er die Literaturabteilung in der Zeitung „Neues Leben". Nachdem er erst mit 70 Jahren in Rente ging, siedelte er 1981 in die DDR, nach Ostberlin um. Als Rentner war er aber keineswegs im Ruhestand. In Deutschland angekommen, setzte er sich weiter und unermüdlich für die Belange der russlanddeutschen Literatur ein, - als Mitherausgeber von Literaturalmanachen und Literaturbriefen, als Teilnehmer an Arbeitskreisen und Konferenzen, als Verfasser von Rezensionen und Glossen. In seinem Buch Rußlanddeutsche – Woher? Wohin? (erschienen 1986 im Reclam Verlag), auf das er auch in seinem Beitrag „Notizen zur sowjetdeutschen Literatur“ (erschienen in der Anthologie Ins Gestern tauche ich ein. Schriftenreihe der Künstlergilde Esslingen, Bd. 29, Esslingen 1990) Bezug nimmt, umreißt er die Entwicklung der rußlanddeutschen Literatur von 1917 bis zur Perestrojka 1985-1990.
1990 erschienen in Berlin seine Russlanddeutschen Berlin-Sonette, die einen Höhepunkt in seiner späten Schaffensphase markieren.
1999 erschien in Stuttgart sein Buch Geschichte der russlanddeutschen Literatur aus persönlicher Sicht. Im selben Jahr schrieb er ein Vorwort unter dem Titel „Ein Lesebuch nicht jedes andere" zur Ausgabe von W. Mangold Russlanddeutsche Literatur. Ein Lesebuch.
Johann Warkentin übersetzte ins Deutsche Gedichte bedeutender klassischer und moderner russischer Dichter, solcher wie Puschkin, Lermontow, Tjutschew, Tswetajewa, Blok, Jesenin, Zabolotskij und Wosnesenskij. Diese Übersetzungen veröffentlichte er in einem Band unter dem Titel Nachdichtungen. Höhepunkte der russischen Lyrik, welcher im Jahr 2000 im Verlag Robert Burau erschien.
Hier wurde nur eine kleine Auswahl seiner Werke erwähnt. Einen interessanten, tiefgründigen Bericht über das künstlerische Schaffen von Johann Warkentin bietet beispielsweise Ingmar Brantsch, nachzulesen unter: http://www.ostdeutsche-biographie.de sowie in russischer Sprache die Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Jelena Seifert auf www.rusdeutsch.ru
Das Redaktionsteam RusDeutsch möchte den Angehörigen und Freunden von Johann Warkentin sein tiefstes Mitgefühl und aufrichtige Anteilnhame aussprechen und an dieser Stelle ein Gedicht von Johann Warkentin zitieren:
War es, dass der Allmächtige geruhte,
(aus Gründen, die uns unerfindlich bleiben),
die Hunderttausende so unbeschreiblich
gewaltsam zu ertränken in den Fluten?
War’s ein Erweis, wie brüchig alles Treiben
auf Erden ist - der Bösen und der Guten?
Wie ausgeliefert jener blinden Wut
sind wir allesamt, ob gottlos oder gläubig?
Da wuchs ein Wir Gefühl von Land zu Land...
Nicht am Euphrat!
Dort hatten Pseudo-Christen und Moslems
ineinander sich verbissen und metzeln,
würgen weiter unverdrossen...
Die Zahl der Bebens-Opfer hochgeschossen;
die Bombenopfer - täglich fast konstant.
Die Beerdigung von Johann Warkentin findet am 24. April, um 13 Uhr in Berlin, auf dem Biesdorfer Friedhof, Weg 10, statt.