Ideale Integration oder Anhänger der AfD?


Studienprojekt zeigt die Meinungsvielfalt von Russlanddeutschen auf

Wenn in Deutschland über gelungene Integration gesprochen wird, fiel bis vor Kurzem oft der Begriff der Russlanddeutschen. Die Spätaussiedler aus den ehemaligen Staaten der Sowjetunion galten als Paradebeispiele für eine erfolgreiche Eingliederung in die deutsche Gesellschaft – bis 2017 erstmals Schlagzeilen über die vermeintlich breite Unterstützung der Russlanddeutschen für die AfD erschienen.

In Ortsteilen, in denen viele Russlanddeutsche leben, erzielte die AfD bei den Bundestagswahlen hohe Ergebnisse. Die vermeintlich große russlanddeutsche AfD-Wählerschaft wurde für den Bundestagseinzug der Partei mitverantwortlich gemacht. Seit letztem Jahr sind Spätaussiedler Teil eines negativen öffentlichen Diskurses. Die German Election Study, eine Forschungsarbeit der Universitäten Köln und Duisburg-Essen, belegt jedoch, dass 15 Prozent aller Russlanddeutschen bei der letzten Bundestagswahl für die AfD stimmten. Deutschlandweit erzielte die Partei 12,6 Prozent.

Aus den 500 Befragten der Studie wählten mehr Russlanddeutsche bei der Bundestagswahl die Linkspartei – mit 21 Prozent. Die Studie zeigt ein breitgefächertes Wahlverhalten auf und spricht für die Heterogenität der Spätaussiedler: Von nichtintegrierten AfD-Wählern zu hochgebildeten Vorzeigebürgern, über liberal eingestellten Russlanddeutschen bis hin zu rechtsextremen Äußerungen.

Russlanddeutsche sind nicht nur Vorzeigemigranten oder AfD-Anhänger: Das zeigt der Blog #russlanddeutsch, der darauf abzielt, die Meinungsvielfalt Russlanddeutscher zu beleuchten. Durch Interviews und Podcasts erhalten Leser auf dem Blog einen Einblick in die vielschichtige Denkweise Russlanddeutscher. Die Spätaussiedler sprechen über ihre persönlichen Sichtweisen zu Politik, Migration, Medien und Herkunft. Der Blog #russlanddeutsch zeigt, wie abwechslungsreich und kontrovers diese Themen auch unter Russlanddeutschen diskutiert werden.

Der Blog entstand als Projektarbeit Masterstudiengangs Osteuropastudien an der Freien Universität Berlin. Die Studenten Anastasia Mokrousova (22), Polina Sivko (32), Heinrich Jakunin (25) und Simon Barthelmess (26) haben einen deutschen, russischen oder russlanddeutschen Hintergrund. Auch wenn die Gruppe bereits acht Interviews gesammelt haben, freut sie sich über weitere Spätaussiedler, die ihre Meinungen auf dem Blog teilen möchten. Wer mitmachen will, kann gerne eine kurze E-Mail an blog.gmpr@gmail.com schicken.

Zum Blog #russlanddeuts.ch

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