Faszinierende Einblicke in das Leben der Deutschen an der Wolga

Aus Anlass des 100. Jahrestags der Begründung der deutschen Autonomie an der Wolga am 19. Oktober 1918, ist derzeit im Wiesbadener Haus der Heimat noch bis zum 17. November die Wanderausstellung „Das deutsche Wolgagebiet. Eine unvollendete Fotogeschichte“ zu sehen.

Etwas mehr als 20.000 Siedler, von denen viele aus Hessen stammten, waren dem Aufruf der Zarin Katharina der Großen im Jahr 1763 gefolgt und in das bis dahin wenig besiedelte Gebiet an der Unteren Wolga ausgewandert. In mühevoller langwieriger Arbeit entstand dort eine blühende Kolonie, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Heimat war für rund 400.000 Menschen. Über Generationen hinweg gelang es den nach Russland ausgewanderten Deutschen, die mitgebrachte Sprache, die Religion und das eigene Brauchtum zu erhalten. Infolge der Russischen Revolution war ihnen schließlich ein eigenes Autonomiegebiet zugestanden worden, das bis zur Auflösung durch Josef Stalin im Jahr 1941 Bestand hatte. Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion im Sommer 1941 verfügte Stalin per Erlass die schicksalhafte Deportation und Verbannung der deutschen Bewohner der Wolgarepublik. Ein Traum wurde zum Trauma.

Anhand seltener bildlicher Zeugnisse dokumentiert die Ausstellung im Haus der Heimat wie das Leben in der deutschen Autonomieregion aussah. Gemeinsam konzipiert von der „Moskauer Deutschen Zeitung“ und dem in Moskau ansässigen Internationalen Verband der Deutschen Kultur (IVDK), war sie zunächst in der russischen Hauptstadt zu sehen, ehe sie an der Universität Bayreuth erstmals auch in der Bundesrepublik der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die Hessische Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, zeigte sich als Schirmherrin der Wiesbadener Ausstellung in ihrer Eröffnungsrede erfreut darüber, dass es gelungen ist, diese als weiteren Höhepunkt des Jubiläumsjahrs „100 Jahre Wolgaautonomie“ in der Hauptstadt des Patenlandes der Wolgadeutschen zu präsentieren. „Die Fotodokumente führen uns in eine längst vergange-ne Zeit und in ein fernes Land, das es heute nicht mehr gibt. Sie lassen den damaligen Alltag der Menschen für den Betrachter wiederaufleben und zeugen von der wechselhaften Geschichte des autonomen Gebietes der Wolgadeutschen“, fasste die Landesbeauftragte zusammen. Ihr Dank galt sowohl dem hessischen Landesverband des Bundes der Vertriebenen (BdV) für seine Bereitschaft, die Ausstellung im Haus der Heimat zu zeigen als auch den beiden Vorsitzenden des IVDK und Herausgebern der „Moskauer Deutschen Zeitung“, Heinrich und Olga Martens, die gemeinsam mit Kuratorin Dr. Valentina Smekalina aus Moskau angereist waren. In ihrem Grußwort wies Olga Martens auf das tragische Schicksal hin, welches alle zur deutschen Minderheit in Russland gehörenden Familien erlebt hätten. Jedoch möchte die Ausstellung nicht nur auf die Vergangenheit zurückblicken, sondern auch in die Zukunft weisen. Die Geschichte des deutschen Wolgagebietes sei eine bis heute „unvollendete“. Auch der Bundes- und hessische Landesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland (LMDR), Johann Thießen, unterstrich in seiner Grußansprache den hohen Stellenwert, welcher die Autonomie an der Wolga für die Russlanddeutschen daher bis in die Gegenwart besitze: „Zwar gibt es heute keine territoriale Autonomie mehr, doch leben in Russland noch immer viele Deutsche, deren Identität als Volksgruppe ihren Ursprung in der Geschichte ihrer Vorfahren im Wolgagebiet hat.“ Dies gelte auch für die in der Bundesrepublik lebenden Deutschen aus Russland. Die Ausstellung ermögliche es der jüngeren Generation in beiden Ländern, etwas über diese Geschichte zu erfahren. Gerade Bilddokumente seien hierzu sehr gut geeignet: „Ein Foto vermittelt Emotionen und Stimmungen, prägt sich ins Gedächtnis, bleibt in Erinnerung und wir nehmen diese Eindrücke mit nach Hause.“

Quelle: www.vertriebenenbeauftragte.hessen.de

* Sehen SIe auch das Video zum Thema: Die Fotoausstellung „Das deutsche Wolgagebiet. Eine unvollendete Fotogeschichte“

** Hören sie auch die Radiosendung „Die Wolgarepublik. Eine unvollendete Geschichte“. Folge 1

Rubriken: IVDKVeranstaltungen