Ein Ereignis, das Hoffnungen erweckte


Vor 25 Jahren fand die erste Sitzung der Regierungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen statt.

Kurz vor der 22. Sitzung der Deutsch-Russischen Regierungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen, die am 23. – 24. Mai in Bayreuth, im Norden Bayerns stattfindet, ist es mehr als angebracht an die aller erste Sitzung, die vor 25 Jahren in Bonn stattgefunden hat, zu denken.

Er war keine einfache Zeit in der die Regierungskommission, die als wichtiges Instrument für Koordination und Management der Bemühungen beider Länder in Sachen der Herstellung und Entwicklung der sozialwirtschaftlichen sowie kulturellen Basis der deutschen Volksgruppe in Russland gegründet wurde, zum ersten Mal tagte. An der Wender der 80er-90er war die Frage der staatlichen Wiederherstellung der Wolgarepubllik sehr aktuell. Radikale Führer der sozialen Bewegung forderten die Wiederherstellung der Deutschen Republik an der Wolga, ansonsten drohten sie damit, dass alle Deutschen das Land verlassen werden. Und es waren tatsächlich sehr viele Deutsche damals, die ihre Koffer schon gepackt hatten und bereits waren, nach Deutschland auszureisen. „Es war wichtig, sich rechtzeitig einzuschalten, um Maßnahmen zur ergreifen, damit nicht alle Deutschen Russland verlassen“,- erinnert sich der heutige Vorsitzende der Internationalen Verbandes der deutschen Kultur Heinrich Martens, der als Einziger an allen Sitzungen der Regierungskommission teilnahm.

Vom Treffen im Kreml bis zur Sitzung in Bonn

Zur ersten Sitzung der Regierungskommission führten zahlreichen Verhandlungen. Der Historiker Alfred Eisfeld, damals wissenschaftlicher Berater des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen Horst Waffenschmidt, berichtet über das Treffen des Deutschen Staatssekretärs mit dem Präsidenten Russlands Boris Jelzin in Moskau am 19. Oktober 1991. „Der Präsident sprach über die Herstellung einer Vertrauensatmosphäre sowie Zusammenarbeit, über die Verbesserung der Situation der Russlanddeutschen. Hielt es aber dabei nicht für wichtig, das Kongress, das zur selben Zeit in Moskau stattfand, zu besuchen. Das wurde von vielen als Ablehnung von der Idee der Wiederherstellung der autonomen Republik der Russlanddeutschen an der Wolga gedeutet“,- erinnert sich Herr Eisfeld, der bei dem Treffen in Kreml dabei war.Anfang Januar 1992 besuchte Boris Jelzin das Gebiet Saratov und machte dabei in der Sovchose Osinovskij historische Ankündigung: „ Da wo es keinen kompakten Wohnsitz der deutschen Bevölkerung gibt, der Wolgadeutschen, so dass sie die größte Mehrheit der Bevölkerung darstellen, wird es auch keine Autonomie geben. Das versichere ich Ihnen als Präsident. Anders sieht es zum Beispiel im Gebiet Volgograd aus, wo es um die 300 ha Freiland des ehemaligen Militärareals gibt, und Marschall Schaposchnikov das Land freigibt.. Vielleicht gibt es dort zukünftig mal irgendein Gebiet, oder eine nationale Siedlung oder Rayon für die Wolgadeutschen, aber erst, wenn dort 90 % der Bevölkerung Deutsche sind.“

„Der Zustand, in dem sich Jelzin damals befand, wurde in den Bonner Regierungskreisen als Entschuldigung für das Getanes gedeutet, - erzählt Alfred Eisfeld. Trotz alledem wurde die Reise der VDA Delegation nach Saratov zur Unterzeichnung der Vereinbarung über Leistung der humanitären Hilfe für die Gebiete Saratov und Wolgograd gestoppt. Daraufhin ist am 15. Januar der Außenminister Andrej Kozyrev zur Klärung der Situation eingereist. Horst Waffenschmidt bezeichnete bei dem Treffen mit dem Außenminister die steigende Zahl der Antragsteller zur Ausreise nach Deutschland als Tragödie. fEr wünschte sich, dass die meisten Deutschen in Russland blieben und als Friedenrücke dienten. Dazu wäre es notwendig, nach der Meinung des Bundesbeauftragten Horst, Waffenschmidt, die schrittweise Wiederherstellung der Autonomie in dem Wolgagebiet, sowie in den anderen Regionen Russlands, wo Deutsche kompakt wohnten. Zur Koordination dieses Prozesses wird die Russisch-Deutsche Kommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen gegründet. Horst Waffenschmidt erinnerte daran, dass das Staatliche Komitee für nationale Politik sowie die Administration des Präsidenten in dieser Frage bereits mit der Bundesregierung zur Vereinbarung gekommen war. Es ist jetzt notwendig, innerhalb von zwei Wochen diese Kommission zu gründen.“ Am 21. Februar unterzeichnete der Präsident den Erlass „Über erstrangige Maßnahmen zur Rehabilitierung der Russlanddeutschen“. Dieser Erlass hat die Gründung eines deutschen Bezirkes Bildung des deutschen nationalen Bezirks im Gebiet vorgesehen. „Dies gab für eine bestimmte Zeit die Hoffnung der deutschstämmigen Gesellschaft, dass die Absichten ernsthaft sind. Es folgte aber keine ernsthafte Umsetzung des Erlasses, “- erzählt Alfred Eisfeld. Einen Monat später traf sich eine Delegation unter Leitung von Herrn Waffenschmidt mit Vertretern des Ministeriums für Nationen, das von Valerij Tischkov damals geleitet wurde. Alfred Eisfeld schrieb damals in sein Tagebuch: „Der Minister meinte, dass man nicht nur eine Konzeption für die Russlanddeutsche braucht, da deren Interessen sehr unterschiedlich sind. Wenn die Russlanddeutschen über genug Willenskraft und Mittel verfügen, dann ist eine Wiederherstellung der Republik auf der Föderalen Ebene möglich, wie z. B. in den USA, oder in der Provinz in Kanada.“ Bei der ersten Sitzung wurde eine Unterzeichnung des Protokolls über die Zusammenarbeit der Regierungen Deutschlands und Russlands über eine schrittweise Wiederherstellung der Staatlichkeit der Russlanddeutschen geplant. Aber die Gegner in der Regierung haben die rechtzeitige Unterzeichnung nicht zugelassen. Das Protokoll wurde letztendlich am 10. Juli 1992 unterzeichnet.

Klar war, dass es nicht einfach wird

Die erste Sitzung der Regierungskommission fand vom 21. Bis 23. April in Bonn statt. „Das war ein Ereignis, das Hoffnungen erweckte“, - meinst Alfred Eisfeld, „Die Stimmung stieg“,- erinnert sich Heinrich Martens. Er, sowie Heinrich Grout von den Radikalen, habn auf der Sitzung die Interessen der russlanddeutschen Gesellschaft vertreten. „Klar war, dass es nicht einfach wird, -berichtet Heinrich Martens. Allen war klar, dass die Herstellung der Staatlichkeit langwierig sein wird. Wir haben gesehen, dass der russische Staat uns entgegen kommt und bietet überlegte und kluge Schritte: Zuerst die Gründung eines Bezirkes, dann eines Rayons. Die deutsche Regierung war nicht bereit, eine autonome Republik aus nicht aufzubauen, sonder hatte vorgeschlagen, dort anzufangen, wo Russlanddeutsche bereits kompakt wohnten. Die damaligen Leiter der gesellschaftlichen Bewegung der Russlanddeutschen zeigten politische Unreife.“ Ein kleines Beispiel: Heinrich Grout betonte bereits in seiner ersten Rede in Bonn, dass die Russlanddeutschen nur unter drei Bedingungen mitmachen: 1) Beide Seiten berücksichtigen die Beschlüsse des Kongresses der Deutschen im März 1992; 2) Die Pläne der russischen Seite bezüglich des Militärgeländes „Kapustin Jar“ werden nicht unterstützt. 3) Die Republik muss sofort Wiederhergestellt werden. Daraufhin bemerkte Horst Waffenschmidt höflich, dass die Teilnehmer der Vertreter der Russlanddeutschen an der Sitzung sehr löblich sein, die Entscheidungen werden jedoch von der Regierungen beider Staaten getroffen. Bereits bei der ersten Sitzung wurde festgelegt, dass die Kommission sich nicht nur mit der Frage der Wiederherstellung der Republik beschäftigt, sondern sich auch den aktuellen sozialwirtschaftlichen sowie national-kulturellen Problemen der Russlanddeutschen in allen Regionen Russlands widmet.