„Mit Hoffnung im Herzen“: Der Leidensweg der Russlanddeutschen wurde auf die Bühne gebracht Hoffnung ist das, was Millionen von Menschen vor Verzweiflung rettet und Kraft gibt, bis zum bitteren Ende zu kämpfen. Hoffnung begleitete auch viele Russlanddeutsche in den 40er-60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Während sie verfolgt und vertrieben wurden, haben sie nicht aufgehört, zu hoffen – irgendwann wieder als normale Menschen behandelt zu werden und wieder nach Hause zu kommen. Es gibt unzählige Schicksalsgeschichten, die von Leiden der Russlanddeutschen in den Jahren des Krieges und der Nachkriegszeit handeln… Einige davon wurden auf die Bühne gebracht – von Teilnehmern des Theaterlagers für Jugendliche „Jugenbühne“, welches vom 27. Juli bis 7. August 2010 in Odessa stattfand.

„Mit Hoffnung im Herzen“: Der Leidensweg der Russlanddeutschen wurde auf die Bühne gebracht

Hoffnung ist das, was Millionen von Menschen vor Verzweiflung rettet und Kraft gibt, bis zum bitteren Ende zu kämpfen. Hoffnung begleitete auch viele Russlanddeutsche in den 40er-60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Während sie verfolgt und vertrieben wurden, haben sie nicht aufgehört, zu hoffen – irgendwann wieder als normale Menschen behandelt zu werden und wieder nach Hause zu kommen. Es gibt unzählige Schicksalsgeschichten, die von Leiden der Russlanddeutschen in den Jahren des Krieges und der Nachkriegszeit handeln… Einige davon wurden auf die Bühne gebracht – von Teilnehmern des Theaterlagers für Jugendliche „Jugenbühne“, welches vom 27. Juli bis 7. August 2010 in Odessa stattfand.

In acht Tagen die entsetzlichen Leiden der repressierten Russlanddeutschen nachzuvollziehen, sich in diese Menschen hineinzuversetzen und den Zuschauern eine gute Theateraufführung zu bieten – keine leichte Aufgabe sogar für erfahrene Schauspieler. Aber der Wille zum Wissen, der Wunsch nach mehr Informationen über die Geschichte eigener Vorfahren und das Bedürfnis, darüber den anderen zu erzählen, haben die jungen Teilnehmer aus Russland, Deutschland und der Ukraine im Rahmen des Theaterlagers zueinander geführt. Das Theaterlager dür Jugendliche wurde von national-kultureller Gesellschaft der Deutschen im Gebiet Donezk „Wiedergeburt“ organisiert, mit finanzieller und organisatorischer Unterstützung von Tillmann Hess (Gesellschaft für Entwicklung), Oxana Orjol (Regionales Informationszentrum, Odessa) sowie Jurij Rjabokon und Ludmila Krawtschenko (Gesellschaft für Entwicklung).

Damit die Theateraufführung „Mit Hoffnung im Herzen“ gelingt, wurde bereits im Vorfeld fleißig gearbeitet: Das Drehbuch musste geschrieben werden, die Musik – ausgewählt. Als Vorlage für das Drehbuch dienten zahlreiche Archivdokumente: Bescheinigungen, Briefe, Erinnerungen der Deutschen aus dem Gebiet Donezk. Alle Dokumente stammen aus dem Archiv der „Wiedegeburt“, welches von Alexander Dynges, Historiker und Leiter der Organisation, mit viel Liebe zum Detail verwaltet wird.

„Als wir nach passenden Schriftstücken für die Theateraufführung gesucht und die alten Briefe gelesen haben, standen uns oft Tränen in den Augen“, erzählt Jelena Schawrukowa, Deutschlehrerin in der Organisation „Wiedergeburt“ und eine der Drehbuchautorinnen.

In diesem Drehbuch gibt es keine einzige ausgedachte Person, keine einzige fiktive Geschichte. Alexander Dynges hatte während der Proben immer ein wachsames Auge auf die jungen Schauspieler, damit sie sich bei wichtigen Daten nicht vertun. Der engagierte Historiker führte die Teilnehmer in die Geschichte der ukrainischen Deutschen und gab ihnen einen umfassenden Überblick über die Russlanddeutschen in der Zeit der Repressionen der 30er-50er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Unter der Leitung von Jelena Schawurkowa befassten sich die Teilnehmer jeden Tag mit deutschen Sitten und Bräuchen, mit historischen Dokumenten der ukrainischen Deutschen sowie mit dem deutschen Liedgut und lernten dabei viele neue deutsche Wörter.

„Mit diesem Projekt, wie auch mit vielen anderen, möchten wir zur Herausbildung bzw. Erhaltung der ethnischen Identität bei jungen Russlanddeutschen beitragen; wir möchten, dass sie stolz sind – auf ihr Volk, seine Geschichte und Kultur“, betont Ljubow Dynges, Projektleiterin und eine der Drehbuchautorinnen.

Tag für Tag arbeiteten die jungen Schauspieler an ihren Rollen und lernten russische und deutsche Texte auswendig. Bald war die inhaltliche Struktur der Aufführung erkennbar. Viel Mühe investierten in ihre Arbeit die beiden Regisseure Inna Kolousowa und Lewan Meschischwili aus dem Gebiet Lugansk. „Am Anfang glaubte ich nicht daran, dass es möglich sein könnte“, gibt nach der Premiere Inna Kolousowa zu. Sie erklärt: „Mit Studenten, angehenden Schauspieler, arbeiten wir an bestimmten Szenen bis zu drei Wochen lang, um überhaupt irgendwelche Ergebnisse zu bekommen. Jugendliche bei diesem Projekt haben mich total beeindruckt. Wenn man sich vor Augen führt, dass viele von ihnen Laien sind und manche sogar überhaupt zum ersten Mal auf der Bühne stehen, da bin ich sprachlos.“

Viele Gäste aus Odessa und dem Nachbarort Nowogradowka kamen nach Nowoalexandrowka, um die ungewöhnliche Theateraufführung zu sehen.

Es spielt Musik, junge Leute amüsieren sich in einem Dorfklub. Sie singen und tanzen und sprechen Deutsch. Und plötzlich kommt die Durchsage über den Kriegsbeginn, danach wird der Erlass Nr. 702 (mit dem Vermerk „streng geheim“) verlesen: über die Übersiedlung der 41.000 Deutschen aus dem Gebiet Stalin (heute Donezk) nach Kasachstan. Ihr Leben wird zugrunde gerichtet – sowohl als ethnische Deutsche als auch einfache sowjetische Arbeiter. Deportation, Krieg – Menschen verlieren einander, Familien werden auseinander gerissen – kalte Viehwaggons, Hungersnot, kasachische Steppen, mörderische Winterkälte… Von der Bühne hört man – mal Deutsch, mal Russisch, wie man damals eben sprach – Erzählungen, Erinnerungen von „Zeitzeugen“, Dorfbewohner im Gebiet Donezk. Das emotionsgeladene Schauspiel der jungen Darsteller wird durch Grafiken von Michail Disterheft, Maler, Zwangsarbeiter, durch Bilder und Fotos vom Leben der Russlanddeutschen in der Vorkriegszeit sowie durch Tanzeinlagen abgerundet.

„Mit Hoffnung im Herzen“ mussten die Russlanddeutschen noch weitere 30 Jahre nach dem Kriegsende leben. Denn auch nachdem der Krieg vorbei war, konnten sie nicht in ihre Heimat zurück und mussten weiterhin hoffen – darauf, dass das Leben allen Schwierigkeiten zum Trotz weitergeht.

Das Projekt wurde aus den Mitteln des Bundesministeriums des Innern finanziert.

Jelena Danilejko

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