Am 6. und 7. Juli fand in Omsk das bedeutendste sibirische Modeereignis des Sommers statt: der internationale Wettbewerb für Mode, Design und materielle Kultur „Omsk Fashion Weekend“. Über 40 junge Designer präsentierten mehr als 150 einzigartige Designs auf dem Laufsteg.
„Dieses große Fest für Mode, Design und Kunst ist zu einem herausragenden Symbol für den heißen Sommer geworden. Es ist bereits unser viertes Sommer-Kunstprojekt und hat sich zu einer erwarteten Tradition entwickelt“, sagte Waleri Luschtschikow, Direktor des 4. Kunstprojekts „Omsk Fashion Weekend“ und Leiter der Omsk Art Residence.
Die Zuschauer konnten auf dem Laufsteg die neuesten Trends und Designerstücke bewundern, wobei nur die interessantesten und besten Projekte zur Modenschau eingeladen wurden. Unter den Teilnehmenden waren auch die Projekte der Omsker Designerinnen mit deutschen Wurzeln Anastasia Sernowa und Irina Duschkina.
Die Geschichte von Anastasia Sernowa
Anastasia Sernowa nahm in diesem Jahr zum zweiten Mal am „Omsk Fashion Weekend“ teil. Bei dieser Gelegenheit präsentierte sie ihr Werk „token 7“, in dem sie eines der acht glücksverheißenden Symbole des Buddhismus interpretierte: zwei Fische, die Freiheit und Spontaneität symbolisieren. Die Modenschau fand in vollkommener Stille statt. Anastasia wurde mit dem Grand Prix des internationalen Wettbewerbs ausgezeichnet, was für sie eine echte Überraschung war.
Die Liebe zum Zeichnen
Anastasia Sernowa hat seit ihrer Kindheit eine Leidenschaft für das Zeichnen und war schon immer von kreativen Tätigkeiten fasziniert. Heute betrachtet sie ihre Stärke in der Fähigkeit zu zeichnen. In ihrer freien Zeit widmet sie sich gerne der Entwicklung von Illustrationen für einige Tage.
„Als ich mich nach einer Universität umsah, die ich besuchen wollte, sah ich, dass die Polytechnische Universität in Omsk einen kreativen Studiengang anbietet. Ursprünglich plante ich Grafikdesign zu studieren, aber nachdem ich die Programme und Erfolge der Studenten recherchiert hatte, entschied ich mich dafür, „Modedesign“ zu studieren. Das machte mir allerdings große Angst, da ich seit der Schule überhaupt nicht gerne nähte und diese Tätigkeit in meinem Leben nicht in Betracht zog. Dann dachte ich, dass es möglich wäre, in eine andere Richtung zu wechseln. Letztendlich habe ich das erste Studienjahr sehr genossen, da es viel Zeichnen und Grafikdesign gab, und so bin ich dabei geblieben“, sagte Anastasia.
Die Geburt der Kunst
In ihren Kleidungsstücken kombiniert Anastasia Sernowa verschiedene Details. In ihrer Abschlusskollektion „Emoji“ beispielsweise betrachtet sie das Kleidungsstück als Mittel zur Kommunikation und Interaktion der Persönlichkeit mit der Umwelt. Die Kollektion umfasst fünf verschiedene Persönlichkeitstypen, deren Charakter durch die Kleidungsstücke widergespiegelt wird. Die junge Designerin erforscht verschiedene Techniken zur Gestaltung von Form, Textur, Stoff und Kleidungsstücken. Sie verwendet dabei Techniken wie Teppichstickerei, selbst gestaltete Aufdrucke, Zeichnungen und Stilisierungen.
Bei der Entwicklung neuer Projekte achtet sie auf bestimmte Momente im Leben und Details, die sie in ihrem Kopf verarbeitet. So entsteht eine Idee, die Anastasia durch Zeichnungen oder Worte ausdrückt. Dann folgt die Phase der wilden Spontaneität.
„Ich schätze das Interesse der Menschen an meiner Kunst. Es erfüllt mich mit Freude, wenn jemand ein Stück meiner Projekte kaufen möchte und sich Kleidung aus meinen Kollektionen zulegt“, sagte Anastasia.
Auf der Suche zu sich selbst
Während ihres Studiums an der Universität begann Anastasia, sich neben ihrer Leidenschaft für das Zeichnen und die Illustration auch für die Erstellung visueller und konzeptioneller Inhalte für Aufnahmen zu interessieren. Die Gestaltung visueller Inhalte eröffnete der jungen Designerin eine neue Welt, in der sie gerade erst beginnt, den Prozess und die Facetten dieser Arbeit kennenzulernen.
„Obwohl ich weiß, dass wir deutsche Wurzeln in unserer Familie haben, bin ich bisher noch nicht tief in die Kultur und Traditionen eingetaucht. Dennoch war es mir immer wichtig, mehr über die Geschichte meiner Familie zu erfahren. Ich hoffe, dass ich mich irgendwann in meinem Leben intensiver damit beschäftigen werde. Vielleicht ist dies bereits der erste Schritt“, sagte Anastasia Sernowa.
Die Geschichte von Irina Duschkina
Irina Duschkina war bereits in der Vergangenheit Teilnehmerin des „Omsk Fashion Weekend“ und präsentierte damals einzelne Arbeiten. In diesem Jahr zeigte sie erstmals eine komplette Kollektion mit dem Namen „Pereljotnaja“ (dt.: wandernd).
Sich selbst durch die Kunst kennenlernen
Während ihrer Schulzeit besuchte Irina eine Kunstschule und nach Abschluss der 11. Klasse entschied sie sich für den Beruf der Modedesignerin. Irina hegt eine Leidenschaft für alles, was mit Kunst zu tun hat. Sie genießt es, sich für verschiedene Dinge zu interessieren, Ausstellungen zeitgenössischer Künstler sowie klassische Museen zu besuchen, um herauszufinden, was in ihrer Seele mitschwingt und was sie überhaupt nicht anspricht. „Sich selbst durch die Kunst kennenlernen“ – das ist es, was Irina Duschkina inspiriert.
„Ich muss zugeben, dass ich nie darauf abzielte, Modedesignerin zu werden. Nach der Schule wollte ich als persönliche Stylistin arbeiten. Ich glaube, damals war das ein neuer Modetrend, dem ich folgen wollte. Während meines Studiums an der Polytechnischen Universität in Omsk wurde mir klar, dass mich das Design faszinierte. Auch das Studium gefiel mir und die Spezialisierung auf Trikotage hat mich vollkommen zufriedengestellt“, sagte Irina.
Kreativer Höhenflug
Die Designerin folgt einem klassischen Arbeitsablauf bei der Entwicklung neuer Projekte. Zunächst studiert sie ihre Arbeit sorgfältig, verleiht ihr Bedeutung, skizziert das Konzept und wählt aus, was sie anspricht.
„Manchmal entdecke ich eine Technik, die mich wirklich fasziniert, und beginne, sie weiterzuentwickeln und zu überlegen, wie ich sie in mir und meiner Interpretation sehen möchte. Dann greift der konzeptionelle Teil ein und beide Aspekte verschmelzen miteinander. In dieser engen Verbindung bleibt das Konzept immer die Grundlage des Projekts. Ich lege großen Wert darauf, da es mir hilft, vom Konzept bis hin zu den Details des Kleidungsstücks zu gelangen. Neue Projekte werden von visuellen Eindrücken in meinem Leben inspiriert. Das kann alles sein, von interessanten Bildern bis hin zu Phänomenen, die ich auf der Straße beobachte. Auch Herausforderungen wie Wettbewerbe oder Shows dienen mir als Inspiration, um zum Nachdenken angeregt zu werden und logische Gedankengänge zu entwickeln“, sagte Irina Duschkina.
Besonders angetan ist sie von einem Pullover, der in der Technik der Flottung hergestellt wurde. „Er spricht mich optisch sehr an und ist in seiner Ausführung äußerst interessant. Ich hätte nie gedacht, dass er so gut gelingen würde. Diesen Pullover habe ich vor einem Jahr entworfen und er ist für mich immer noch sehr aktuell.
Eines Tages war ich mit einer Marschrutka (Kleinbus-Sammeltaxi) unterwegs und bemerkte einen Schatten in Form von sehr eigenartigen Schnörkeln. Ich erinnere mich daran, dass ich damals dachte: ‚Oh, das ist genau das, was ich brauche‘.
So kam ich auf die Idee für diesen Pullover“, sagte Irina Duschkina.
Eine Frage des Lebens
„Die deutschen Wurzeln in meiner Familie stammen von meinem Großvater, über welche ich jedoch nur sehr wenig weiß. Mein Großvater ist bereits seit langer Zeit verstorben, noch bevor ich geboren wurde. Er hatte viele Geschwister, die nach Deutschland ausgewandert sind. Der Vater meiner Großmutter wiederum stammte aus der Wolgaregion. Dort wurde er geboren und als der Krieg ausbrach, wurde die gesamte Familie von der Wolga nach Sibirien deportiert. Dort blieben sie schließlich“, sagte Irina.
Nach ihrem Abschluss plant Irina, in ihrem erlernten Beruf zu arbeiten, der sie inspiriert und ihr Energie verleiht.
Übersetzt aus dem Russischen von Evelyn Ruge