„Russlanddeutsche haben sich hier gefunden“: Interview mit Preisträger von „Russlands herausragende Deutsche – 2023“ Denis Kasper


Denis Kasper ist ein talentierter Tänzer, der bereits mehrere Wettbewerbe und Festivals gewonnen hat. Außerdem ist er Choreograph und wiederholter Teilnehmer der international renommierten Tanzshow „Tanzy so swjosdami“ (dt.: Tanzen mit den Stars). Heute arbeitet Denis Kasper als Trainer, erzieht gemeinsam mit seiner Frau drei Kinder, engagiert sich aktiv in der Gemeinschaft der Russlanddeutschen und wurde im vergangenen Jahr als Gewinner des Wettbewerbs „Russlands herausragende Deutsche“ im Bereich Sport im Rahmen der Rudolf-Pflugfelder-Nominierung ausgezeichnet.

Kurz vor dem Wettbewerb möchte ich gerne mit Ihnen über die persönliche Bedeutung des Gewinns sprechen. Was hat Sie inspiriert, sich für den Wettbewerb zu bewerben und wie kam Ihnen die Idee dazu? Welche Eindrücke hat dieses Ereignis bei Ihnen hinterlassen?

Meine direkte Verbindung zur Kultur der Russlanddeutschen war ausschlaggebend für meine Bewerbung. Als Russlanddeutscher wollte ich aktiv zur Entwicklung dieser Gemeinschaft beitragen. Mein Leben lang habe ich mich dem Sport und dem Gesellschaftstanz gewidmet, und nun engagiere ich mich als Trainer in diesem Bereich, um meine Erfahrungen und Erfolge weiterzugeben. Da es nicht viele Russlanddeutsche gibt, sehe ich es als eine gute Tat an, wenn Menschen zusammenkommen und ihre Fähigkeiten teilen, um ihre gemeinsamen Wurzeln und kulturelle Identität zu zeigen. Es war mir wichtig, diese Menschen und ihre Bemühungen zu unterstützen.

Welche Bedeutung hatte dieser Sieg für Sie und Ihre Familie? Hat er sich zu einem Meilenstein in Ihrer beruflichen Laufbahn entwickelt?

Nun, zunächst einmal hatte ich nicht erwartet, dass ich gewinnen würde. Es kam für mich sehr überraschend! Die Teilnahme allein war mir bereits wichtig, und mein Sieg war eine große Überraschung. Natürlich ist es bedeutend und erfreulich, und ich bin dankbar für die Unterstützung und Stimmen, die ich erhalten habe. Auch für meine Eltern war dieser Sieg von Bedeutung. Mein Vater, Leonid Kasper, ist Vorsitzender der deutschen Vereinigung in Baschkortostan (Anm. d. Red.: Vereinigung für Kultur und Bildung der Deutschen der Republik Baschkortostan „Wiedergeburt“). Er setzt sich stark für die ethnokulturelle Bewegung der Russlanddeutschen ein, daher war es für ihn besonders bedeutsam, meine Teilnahme und Anerkennung zu erleben. Ich habe meine Auszeichnung nun an einem sichtbaren Platz als großen Stolz platziert. Es ist eine Art Meilenstein für mich, an diesem kulturellen Ereignis teilgenommen und mitgewirkt zu haben, das die Entwicklung der gesamten Gemeinschaft beeinflusst. Mir liegt es am Herzen, die Kultur der Russlanddeutschen bestmöglich mitzugestalten und bekannt zu machen.

Wenn ich es richtig verstanden habe, konzentrieren Sie sich nun mehr auf Ihre Tätigkeit als Trainer. In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage: Es ist sicherlich schwierig, das Image und die Arbeit eines Trainers auf bestimmte Eigenschaften zu reduzieren, aber könnten Sie einige der wichtigsten Merkmale nennen? Ich habe den Eindruck, dass es sowohl herausfordernd als auch interessant sein muss, Schüler zu solchen Leistungen zu inspirieren und zu begeistern.

Das ist eine gute Frage! Zu Beginn meiner Karriere waren meine Aufgaben ganz anders. Die Hauptaufgabe bestand darin einfach das zu tun, was der Trainer sagte, hart zu trainieren und Ergebnisse zu erzielen. Damals war ein starker Wille ausreichend. Natürlich spielten auch physische und finanzielle Möglichkeiten eine Rolle, aber für einen aktiven Tänzer war der wichtigste Antrieb immer der Wunsch, motiviert zu handeln. Als Trainer reicht es jedoch nicht aus, nur die „Motivation“ zu haben, sein Wissen weiterzugeben und Schüler von Grund auf zu unterrichten, „vom Einfachen bis hin zum Komplexen“. Ich würde diese Frage so beantworten: Für mich ist die schwierigste und wichtigste Eigenschaft eines Trainers die Geduld. Ein Lehrer muss immer geduldig sein und einen individuellen Zugang zu jedem Schüler finden, einen speziellen „Schlüssel zum Schloss“. Manche Schüler erzielen schneller Erfolge als andere, daher ist es entscheidend, als Trainer geduldig nach diesen „Schlüsseln“ zu suchen. Geduld ist die wichtigste Eigenschaft, die ich für mich herausgearbeitet habe.

Ihre Frau ist auch Ihre Partnerin im Berufsleben. Gibt es Besonderheiten, Freuden und Herausforderungen in einer solchen Partnerschaft? Wie beeinflusst die Verflechtung von Berufs- und Privatleben Ihre Familie?

Das ist eine interessante Frage! Es gab verschiedene Phasen in unserer Beziehung: Wir haben als Tanzpartner zusammengearbeitet, uns auf Karriere, berufliche Entwicklung und das Streben nach bestimmten Zielen konzentriert. Natürlich gab es auch Zeiten, in denen wir auf Probleme gestoßen sind und nicht alles reibungslos lief. Unsere Trainings waren manchmal schwierig: Ich bin sehr anspruchsvoll und Mascha ist temperamentvoll, was zu Konflikten führte, als wir erkannten, dass wir nicht nur beruflich, sondern auch als Familie zusammen sein wollten. Wir standen vor der Entscheidung, entweder mit dem Tanzen aufzuhören und ein gemeinsames Familienleben zu beginnen oder als professionelle Partner weiterzumachen, wissend, dass dies zu Konflikten führen könnte. Letztendlich entschieden wir uns dafür, unsere Tanzkarrieren zu beenden. Diese Entscheidung bereue ich überhaupt nicht. Wir haben uns auf eine andere Ebene begeben, aber unsere Interessen sind dieselben geblieben. Wir verstehen uns, unterstützen uns gegenseitig und haben in dieser Hinsicht eine Art „Tandem“ gebildet. Heute sind wir eine große Familie mit vielen Kindern, unser Leben brodelt und boomt! Wir bemühen uns darum, Beruf und Familie in Einklang zu bringen – zum Glück mit Erfolg!

Sie haben erwähnt, dass Sie die deutschen Traditionen sehr schätzen. Halten Sie einige von ihnen in Ihrem Zuhause lebendig? Feiern Sie bestimmte Feiertage und pflegen Sie Bräuche?

Um ehrlich zu sein, muss ich zugeben, dass wir nicht alle deutschen Traditionen vollständig praktizieren. Es wäre wohl auch unmöglich, alles zu feiern! Ich denke, es ist wichtig zu erwähnen, dass wir, als wir im Jahr 1995 nach Moskau gezogen sind, versucht haben, an einigen kulturellen Veranstaltungen der Russlanddeutschen teilzunehmen, so gut es ging. Damals tanzten meine Schwester Ksenia Kasper und ich noch zusammen. Vor meiner Ehe haben wir lange Zeit gemeinsam getanzt, aber mittlerweile lebt sie in Deutschland. Sie hat geheiratet, ebenfalls einen Tänzer, und ist nun mit ihren Wurzeln verbunden. Wir gratulieren uns gegenseitig zu verschiedenen Feiertagen und halten sowohl katholische als auch orthodoxe Feiertage sowie unterschiedliche Traditionen zu Ostern und Weihnachten lebendig.

Also findet die Kommunikation in Ihrer Familie auf einer interkulturellen Ebene statt!

Ja, ja! Wir rufen uns alle gegenseitig an, tauschen uns aus und feiern gemeinsam. Wir haben sogar einen speziellen Kalender mit Hinweisen auf deutsche Feiertage, um sie bestmöglich zusammen feiern zu können. Meine Schwester hat mir selbstverständlich zu meinem Sieg gratuliert und war sehr erfreut und interessiert. Wir haben ihr Fotos von der Veranstaltung geschickt und ihr berichtet, was sich ereignet hat. Sie ist informiert und auch für sie war dieser Sieg von Bedeutung.

Wir haben bereits begonnen, Bewerbungen für den diesjährigen Wettbewerb zu sammeln. Möglicherweise können Sie denjenigen, die noch dabei sind, sich in diesem ethnokulturellen Umfeld zurechtzufinden, einen Rat geben, ob sie sich für den Wettbewerb bewerben sollen.

Nun, was soll ich sagen? Nicht schüchtern sein! Zögert nicht, euch zu bewerben, eure Stimme zu erheben und euch selbst und eure Leistungen zu präsentieren. Auch wenn sie euch unbedeutend erscheinen, sind es dennoch Leistungen. Bei dieser Veranstaltung habe ich viele interessante Menschen kennengelernt, mit denen ich mich austauschen und Kontakte knüpfen konnte. Es ist großartig, dass solche Veranstaltungen die Möglichkeit bieten, mehr über Menschen aus verschiedenen Bereichen zu erfahren, die durch eine gemeinsame Geschichte verbunden sind, und mit ihnen in Kontakt zu treten. Natürlich gibt es Menschen, von denen wir nichts wissen, die in ihren Berufen Großes erreicht haben, aber denen vielleicht der Mut fehlt oder die zögern, darüber zu sprechen. Auch ich war einmal schüchtern! Ich bin ein bescheidener Mensch und zeige ungern etwas zur Schau, aber ich weiß, dass ich es für eine bestimmte Sache getan habe. Es war eine Art Mission für mich. Daher ermutige ich alle: Nicht schüchtern sein und zeigt euch.

Wenn Sie sich für die Teilnahme am Wettbewerb „Russlands herausragende Deutsche“ interessieren, lesen Sie bitte die Richtlinien auf der offiziellen Website des Wettbewerbs. Die Bewerbungsformulare sind per E-Mail an folgende Adresse zu senden: av-manager@ivdk.ru.


Übersetzt aus dem Russischen von Evelyn Ruge

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