Sie sind nicht vergessen! Am 30. August vor dem Berliner Reichstag fand die Zentrale Gedenkfeier der Deutschen aus Russland statt. Dort hat die Landmannschaft der Deutschen aus Russland gemeinsam mit anderen Verbänden der Deutschen aus Russland an die schrecklichen Ereignisse erinnert, die durch den Erlass von 28.August 1941 in Gang gesetzt wurden und die ungezählten Opfer, die Russlanddeutschen zu beklagen haben. An der Gedenkfeier nahm Dr. Christoph Bergner, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten teil. Rede anlässlich der Gedenkfeier „67 Jahre Vertreibung der Russlanddeutschen“ am 30. August 2008 in Berlin

Sie sind nicht vergessen!

Am 30. August vor dem Berliner Reichstag fand die Zentrale Gedenkfeier der Deutschen aus Russland statt. Dort hat die Landmannschaft der Deutschen aus Russland gemeinsam mit anderen Verbänden der Deutschen aus Russland an die schrecklichen Ereignisse erinnert, die durch den Erlass von 28.August 1941 in Gang gesetzt wurden und die ungezählten Opfer, die Russlanddeutschen zu beklagen haben. An der Gedenkfeier nahm Dr. Christoph Bergner, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten teil.



Bei den Vorbereitung der Feier wurde folgende Resolution ausgearbeitet:

Resolution: Sie sind nicht vergessen!

Mit einer Gedenkfeier vor dem Berliner Reichstag erinnern die Deutschen aus Russland am 30. August 2008 an die Verfolgung und Vertreibung der Deutschen in der ehemaligen Sowjetunion, für die der 28. August 1941 als markantestes und zugleich schicksalsschwerstes Datum steht.

An diesem Tag wurde, zwei Monate nach Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges am 22. Juni 1941, der Erlass „Über die Umsiedlung der Deutschen, die in den Wolgarayons leben“ des Präsidiums des Obersten Sowjets der Sowjetunion herausgegeben, der die deutschen Bewohner des Wolgagebietes in willkürlicher Weise beschuldigte, Aktionen gegen die Sowjetunion zu planen und „Feinde des Sowjetvolkes und der Sowjetmacht“ zu verstecken. Die in dem Erlass erhobenen Vorwürfe wurden zum Anlass genommen, sämtliche Deutsche des Wolgagebietes nach Sibirien und Kasachstan zu deportieren.

In dem Erlass vom 28. August 1941 waren nur die Deutschen an der Wolga genannt, von der Vertreibung und den sowjetischen Gulags (im sowjetischen Sprachgebrauch als „Arbeitsarmee“ verbrämt) wurde jedoch kaum ein Deutscher in der Sowjetunion verschont, ganz gleich ob er am Schwarzen Meer, am Dnjepr, im Kaukasus, auf der Krim, in Wolhynien oder anderen Gebieten wohnte.

Spätestens mit der Vertreibung des Jahres 1941 wurden die Deutschen in der Sowjetunion für rechtlos erklärt. Sie erlagen als völlig Unschuldige zu Hunderttausenden den unmenschlichen Bedingungen der Lagerhaft und der Zwangsarbeit, sie verhungerten und erfroren. Sie mussten hilflos mit ansehen, wie ihre Verwandten, Freunde und Arbeitskollegen starben, und es wurden ihnen Wunden geschlagen, die bis zum heutigen Tage nicht verheilt sind.

Die Deutschen aus Russland haben das Leid, die Toten und Gequälten nicht vergessen. Sie fordern keine Vergeltung für erlittenes Unrecht von historischem Ausmaß, erklären aber in aller Deutlichkeit:


• Wir haben kein Verständnis dafür, dass es selbst 63 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges in keinem der Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu einer faktischen Rehabilitation der Deutschen aus Russland gekommen ist und diese damit nach wie vor mit den Vorwürfen des Erlasses vom 28. August 1941 leben müssen.

• Wir haben ebenfalls kein Verständnis dafür, dass es nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 zu einem dramatischen Rückgang der Spätaussiedlerzahlen gekommen ist, der mit der Anerkennung des kollektiven Kriegsfolgenschicksals der Deutschen aus Russland durch die politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublik nicht in Einklang zu bringen ist.

Und schließlich klagen wir an, dass sich gerade in den letzten Jahren bedenkliche Fehlentwicklungen bei der Aufnahme- und Eingliederungspolitik der Bundesrepublik Deutschland abzeichnen:

• Vor allem Deutsche aus Russland mit akademischer Ausbildung sehen sich aufgrund von Diskriminierungen im Ausbildungs- und Arbeitsbereich gezwungen, Arbeiten weit unterhalb ihrer Qualifikation anzunehmen.

• Deutsche aus Russland, die unter die Fremdrentengesetzgebung fallen, müssen Rentenkürzungen von bis zu 55 Prozent hinnehmen und sind daher von Altersarmut bedroht.

• Trotz Verbesserungen beim Nachzug der Familienangehörigen von Spätaussiedlern führen bürokratische Hindernisse immer wieder zu tragischen Fällen von Familientrennung.

• Die Beachtung, die den Deutschen aus Russland seitens der Parteien des Deutschen Bundestages geschenkt wird, entspricht in keiner Weise ihrem Bevölkerungsanteil von 3,5 Prozent.

• Insbesondere zeigt sich das daran, dass gegenwärtig kein einziger Deutscher aus Russland im Deutschen Bundestag oder einem der Landtage vertreten ist.

Anlässlich der Gedenkfeier vor dem Berliner Reichstag appellieren wir daher

• an die bundesdeutsche Bevölkerung, die Deutschen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, die erst jetzt als letzte Opfer des Zweiten Weltkrieges nach Deutschland kommen dürfen, im Land ihrer Vorfahren willkommen zu heißen und ihnen hier eine wirkliche Heimat zu geben,

• und an die Organisationen der Deutschen aus Russland und alle, die unseren Landsleuten nahe stehen, sich mit uns in solidarischer Gemeinsamkeit zusammenzuschließen — über alle Unterschiede hinweg, die an diesem Tag keine Bedeutung haben sollten!

Gemeinsam setzen wir uns für die Errichtung eines Mahnmales ein,
das an zentraler Stelle in Berlin
an die Verfolgung und Vertreibung
der Deutschen in der ehemaligen Sowjetunion
erinnert!

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