Am 6. November wurde im Deutsch-Russischen Haus in Moskau das kulturhistorische Seminar für Studierende, Doktoranden und Nachwuchswissenschaftler eröffnet, die sich mit dem kulturellen und historischen Erbe der Russlanddeutschen auseinandersetzt. In einem hybriden Format wird dieses Seminar durchgeführt, dessen diesjähriges Thema „Russlanddeutsche in in- und ausländischen Modernisierungsprojekten: Familie, Ethnie und Wohnraum“ lautet.
Der Abend begann mit Begrüßungsworten der Leiter, gefolgt von einer Kennenlernrunde unter den Teilnehmenden, die ihre Eindrücke austauschten. Die Moderatoren leiteten die erste Veranstaltung ein – die Präsentation der Ausstellung „Deutsche der Wolgaregion. Facetten des alltäglichen Lebens: Zum 100. Jahrestag der Gründung der Wolgadeutschen Republik“.
In diesem Jahr feiert die Gemeinschaft der Russlanddeutschen mehrere bedeutende Jubiläen: 105 Jahre seit der Proklamation des ersten Museums für Heimatkunde der Russlanddeutschen in Marx (Wolgaregion), 100 Jahre seit der Gründung der Wolgadeutschen Republik, 35 Jahre seit der Errichtung des Museumsreservats „Staraja Sarepta“ in Wolgograd sowie 30 Jahre seit der Gründung der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen.
Die Besonderheiten und die Einzigartigkeit des Projekts wurden von Wladimir Hasin, dem Moderator des Seminars, Kandidaten der historischen Wissenschaften und Dozenten an der nach Tschernyschewski benannten Staatlichen Universität Saratow, hervorgehoben. Das diesjährige Seminar vereinte Menschen unterschiedlichster Generationen und Hintergründe – von Experten auf dem Gebiet der russischen Geschichte bis hin zu Studierenden und Doktoranden aus dem gesamten Land.
Es ist von großer Bedeutung, sich bewusst zu machen, dass trotz des Begriffs „Seminar“ in unserem Projektnamen keine klassischen Rollen von Lehrer und Schüler existieren. Alle Teilnehmenden sind gleichwertige Kollegen, die sich gegenseitig bereichern und neue Perspektiven auf verschiedene Themen entdecken.
Elisaweta Graf, die Vorsitzende des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur, hielt eine Begrüßungsrede: „Es freut mich sehr, dass heute zahlreiche junge Menschen – Doktoranden, Studierende und Interessierte aus verschiedenen Städten – an diesem Projekt teilnehmen. Ich hoffe, dass wir im Rahmen dieses kulturhistorischen Seminars nicht nur neue Fakten und Ideen kennenlernen, sondern auch neue Namen hören werden“.
„Wie bereits erwähnt, vereint dieses Seminar tatsächlich alle Generationen. Neben den bedeutenden Jubiläen für die Russlanddeutschen sollten wir einen weiteren Aspekt hervorheben: Das Jahr 2024 wird in Russland als Jahr der Familie gefeiert. Das Thema Familie ist nicht nur im Titel unseres diesjährigen kulturhistorischen Seminars präsent, sondern fand auch seinen Ausdruck im Forum-Festival der Russlanddeutschen, das kürzlich in Barnaul stattfand“, sagte Pjotr Schiffelbaen, stellvertretender Exekutivdirektor für föderale Projekte des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur.
In diesem Jahr haben wir über 100 Anmeldungen für das kulturhistorische Seminar erhalten. Dies zeigt deutlich, dass das Interesse an der Kultur und Geschichte der Russlanddeutschen ungebrochen ist und sogar von Jahr zu Jahr wächst. Unsere Aufgabe besteht darin, diesen Dialog lebendig zu halten und stets nach neuen Projekten, Formaten und Formen zu suchen.
Andrej Leimann, Direktor des Instituts für ethnokulturelle Bildung „BiZ“, und Irina Tscherkasjanowa, Vorsitzende der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen, teilten ihre Einblicke in die Entstehungsgeschichte, die Idee und die Umsetzung des Projekts. Sie beleuchteten die Vielschichtigkeit des Projekts sowie den langen Weg von der Konzeption bis zur Realisierung und gaben einen Ausblick auf zukünftige Veranstaltungen – das nächste kulturhistorische Seminar ist bereits in Wolgograd angekündigt.
Der erste Abend fand seinen Höhepunkt in einer fesselnden Präsentation der Ausstellung „Deutsche der Wolgaregion. Facetten des alltäglichen Lebens: Zum 100. Jahrestag der Gründung der Wolgadeutschen Republik“. Diese wurde von Igor Plewe, einem herausragenden Wissenschaftler, anerkannten Klassiker der Geschichte der Russlanddeutschen, Doktor der historischen Wissenschaften und Professor, moderiert.
Die Teilnehmenden hatten die Gelegenheit, eine weniger offensichtliche Seite der Geschichte der Russlanddeutschen und der Wolgaregion zu entdecken, direkt mit Forschern zu kommunizieren und Fragen zu stellen, auf die sie lange Zeit keine Antworten finden konnten.
Am nächsten Morgen waren alle Teilnehmenden bereit für einen Tag voller Präsentationen und Vorträge. Das Seminar begann früh mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Russlanddeutsche in Forschungsprojekten und Bildungsbereich: Ergebnisse und Perspektiven“. Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen wurde bereits um neun Uhr morgens im Saal „Berlin“ mit dieser Diskussion gestartet. Zu den Rednern gehörten Irina Tscherkajanowa, Igor Plewe sowie Tatjana Ilarionowa, Doktorin der philosophischen Wissenschaften, Professorin am Lehrstuhl für staatliche und kommunale Verwaltung an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Öffentlichen Dienst beim Präsidenten der Russischen Föderation.
Der Tag setzte sich mit einer Vielzahl interessanter Vorträge und Präsentationen fort, die von Ethnografie und Soziologie über Geschichte bis hin zu Philosophie reichten. Und es erwarten uns noch drei weitere Tage voller spannender Veranstaltungen.
Das kulturhistorische Seminar wird bis zum 10. November fortgeführt. Bleiben Sie dran und lesen Sie in unseren kommenden Artikeln mehr über die verbleibenden Seminartage.
Übersetzt aus dem Russischen von Evelyn Ruge