Theater aus dem Koffer Wie das Kasperle sibirischen Schülern beibrachte, die deutsche Sprache zu lieben. In Nowosibirsk fand am Wochenende das erste Festival des Schulpuppentheaters in Russland statt. Begonnen hat das umfangreiche Projekt im Februar 2008 auf Initiative des Goethe-Instituts Russland. Die Idee des für Sibirien so ungewöhnlichen Projekts „Unterstützung des Deutschunterrichts an sibirischen Schulen“ geht auf die Multiplikatorin des Goethe-Instituts Walentina Schurygina zurück. Teilgenommen haben daran Schüler, Schülerinnen und Lehrerinnen aus 21 Schulen des Kemerower, Nowosibirsker und Tomsker Gebiets.
Theater aus dem Koffer
Wie das Kasperle sibirischen Schülern beibrachte, die deutsche Sprache zu lieben.
In Nowosibirsk fand am Wochenende das erste Festival des Schulpuppentheaters in Russland statt. Begonnen hat das umfangreiche Projekt im Februar 2008 auf Initiative des Goethe-Instituts Russland. Die Idee des für Sibirien so ungewöhnlichen Projekts „Unterstützung des Deutschunterrichts an sibirischen Schulen“ geht auf die Multiplikatorin des Goethe-Instituts Walentina Schurygina zurück. Teilgenommen haben daran Schüler, Schülerinnen und Lehrerinnen aus 21 Schulen des Kemerower, Nowosibirsker und Tomsker Gebiets.
Zu Beginn des Jahres 2008 hatten zunächst die Deutschlehrerinnen die Schulbank zu drücken. In Seminaren erlernten sie neue Methoden des Sprachunterrichts durch Theaterspielen. Sieben der Lehrer hatten gleich zweifaches Glück – sie erhielten ein Stipendium des Goethe-Instituts und reisten zur Fortbildung nach Deutschland. Außerdem erhielten die Schulen vom Goethe-Institut interessante Geschenke – Pakete mit modernen lehrmethodischen Materialien, landeskundlichen und Entwicklungsspielen sowie geografischen Karten.
Das traditionelle Theater beginnt mit dem Kleiderbügel, unseres dagegen mit dem Koffer…
Im Jahr 2009 lief die zweite Etappe des Projekts mit dem Titel „Gründung schulischer Puppentheater“ auf Hochtouren. Die Lehrerinnen nahmen an aufschlussreichen Seminaren teil und besuchten Puppentheater, wo sie nicht einfach nur die Vorstellungen anschauten, sondern mit den Puppenspielern und Regisseuren sprachen. Im Sommer erhielt jede Schule einen „deutschen Koffer“, in dem eine Auswahl von Puppen und eine Broschüre mit verschiedenen Theaterstücken zu finden waren.
Im November 2009 reiste dann der Puppenspieler Olaf Möller aus Deutschland nach Nowosibirsk und führte mit den Lehrerinnen Workshops durch. Dabei lernten sie, wie man eine große Puppe handhabt und auch wie man sie selbst herstellen kann.
Dieses unterhaltsame Theaterspielen setzte sich bis Mai dieses Jahres fort. Bis schließlich der lang erwartete Tag anrückte, an dem die drei Schweinchen, das Kasperle, die goldene Gans und viele andere Märchenfiguren nach Nowosibirsk „reisten“, um an dem abschließenden interregionalen Festival der Schulpuppentheater teilzunehmen.
Nach Nowosibirsk kamen 15 Gruppen – Jungen und Mädchen aus den Gebieten von Tomsk, Kemerowo und Nowosibirsk. Den 28. und 29. Mai verbrachten sie im Kinderferienlager Saslonow. Die Reise nach Nowosibirsk wird ihnen noch lange in Erinnerung bleiben, denn hier nahmen sie an Workshops unter der Leitung von Künstlern des Nowosibirsker Gebietspuppentheaters teil und machten eine Reise mit der Kindereisenbahn.
Die Kinder brachten Theaterstücke nach den Motiven deutscher und russischer Märchen und Trickfilme mit zum Festival, aber auch selbst geschriebene. In ihren Inszenierungen benutzten sie nicht nur fertige Puppen, sondern auch von den Lehrerinnen und Kindern gemeinsam angefertigte Exemplare. Die strenge Jury kürte die sechs besten Gruppen, die ihr Können am nächsten Tag auf der Bühne des Nowosibirsker Puppentheaters vor einem an deutscher Sprache und Kultur interessierten Publikum zeigen durften.
„Das Leben ist ein Puppenspiel“
In dem mit Zuschauern gefüllten Puppentheater gaben die Märchenhelden den Ton an – „Die drei Schweinchen“ wurden abgelöst von einem Stück über die Abenteuer von drei wunderbaren Freunden, die versuchen einen störrischen Hasen aufzuheitern. Und der deutsche Junge, Kaspar, der an seinem ersten Schultag einem Dieb hinterher jagte, wurde von der goldenen Gans begleitet, an der alle, die sie zu streicheln versuchten, festklebten und die so die Prinzessin zum Lachen brachte.
Oder hier ist zum Beispiel die Beschreibung des Stücks „Frühlingsgefühle“, das die Kinder selbst zusammen mit ihrer Lehrerin geschrieben haben: „Stadt, Abend, Frühling. Niemand kann sich der Frühlingsgefühle erwehren. In allen Herzen herrscht Romantik und Liebe. Der Teenager Kurt ist da keine Ausnahme. Der gut aussehende, stilvolle Besitzer eines coolen Handys Kurt wartet auf sein Date mit der hübschen Monika. Der Junge ist nicht mit leeren Händen erschienen. Er hat eine Blume mitgebracht, die die Schönheit seiner Geliebten repräsentieren soll. Doch wie alle Mädchen verspätet sich Monika, denn für ein Date muss man schließlich gut ausgerüstet sein. Kurt ist in seiner Erwartung nicht allein. In der Krone eines Baumes hält sich ein seltener Gast in der Stadt versteckt – die Nachtigall, und deswegen wird der gewohnte Lärm durch das zauberhafte Trillern des zunächst unscheinbaren Vogels gestört. Kurt kann einiges von dem Vertreter der Natur lernen und schließlich erweist sich das Warten der beiden Verliebten als nicht vergebens: beide können ihre Geliebten begrüßen.“
Bei der Eröffnung des Festivals waren herausragende Gäste anwesend – die Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Nowosibirsk Gudrun Steinacker, die Leiterin des Goethe-Instituts in Nowosibirsk Julia Hanske, der stellvertretende Leiter der Bildungsabteilung im Nowosibirsker Gebiet Wladimir Schtschukin.
„Puppentheater ist eine uralte Kunst. Fast in allen Kulturen gibt es Traditionen und Geschichten, die mit Puppen erzählt werden. Ich bin überzeugt, dass die Zuschauer dieses Festivals die Geschichten der Teilnehmer mit ihnen zusammen erleben werden“, so Gudrun Steinacker.
„In der deutschen Sprache gibt es einen Ausdruck, der sich auf das Puppentheater bezieht: ‚Das Leben ist ein Puppenspiel.’ Das bedeutet, dass man das Leben nicht immer allzu ernst nehmen sollte. Außerdem sagt man noch, ‚man soll die Puppen tanzen lassen’ oder ‚bis in die Puppen feiern’. Das bedeutet, dass man mit Schwung und bis zum Umfallen feiern sollte“, fügt Generalkonsulin Steinacker hinzu.
Diese Redensart könnte man zur Devise des ganzen Festivals machen, das, wie die Veranstalter hoffen, den Grundstein für eine Tradition jährlich stattfindender Puppentheaterfestivals in Sibirien gelegt hat.
Die Sieger des Festivals sind:
- Kategorie „Beste Puppen und Dekorationen“ – Theaterstück „Die goldene Gans“ (MOU SOSch Nr. 4 in Topki, Kemerower Gebiet, Theatergruppe „Raduga“, Deutschlehrerin Swetlana Michajlowna Sapozhnikowa)
- Kategorie „Beste Inszenierung“ – Theaterstück „Die drei Schweinchen“ (MOU SOSch Nr. 10 in Jurga, Theatergruppe „Kasperle“, Deutschlehrerin Elena Fjodorowna Beschlebnowa
- Kategorie „Beste Aussprache im Deutschen“ – Theaterstück „Kaspers erster Schultag“, Deutschlehrerin Irina Gennadjewna Mordwinzewa)
- Kategorie „Beste Schaupieler“ – Theaterstück „Frühlingsgefühle“ (MOU OOSch Nr. 26 in Belowo, Theatergruppe www.puppentheater.de, Deutschlehrerin Marina Nikolajewna Berdnikowa)
- Kategorie „Bester Regisseur“ – Theaterstück „Ende gut, alles gut“ (MOU Nowomichajlowskaja SOSch in, Theatergruppe „Lutschschie druzja“, Deutschlehrerin Nadezhda Wiktorowna Antipowna
- Kategorie „Beste Musik“ – Theaterstück „Weihnachtsgeschichte“ (MOU Majskaja SOSch, Theatergruppe „Schrumdirum“, Deutschlehrerin Wera Gennadjewna Afonina)
Verfasst von Irina Posrednikowa und Anna Andrijewskaja.
Aus dem Russischen von Kathrin König.