Das Bildungs- und Informationszentrum (BiZ) für die Russlanddeutschen, das einst in Mamontowka bei Moskau war und 2004 in das Deutsch-Russische Haus Moskau einzog, feiert in diesem Jahr sein 20jähriges Bestehen. Aber das BiZ selbst ändert sich wieder: Seit Beginn des Jahres befindet es sich in der Zuständigkeit der Gremien der Selbstorganisation der Russlanddeutschen. In der Zukunft wird das Zentrum zu einer autonomen, nichtkommerziellen Organisation, dem „Institut für ethno-kulturelle Bildung BIZ“.
Das Bildungs- und Informationszentrum (BiZ) für die Russlanddeutschen, das einst in Mamontowka bei Moskau war und 2004 in das Deutsch-Russische Haus Moskau einzog, feiert in diesem Jahr sein 20jähriges Bestehen. Aber das BiZ selbst ändert sich wieder: Seit Beginn des Jahres befindet es sich in der Zuständigkeit der Gremien der Selbstorganisation der Russlanddeutschen. In der Zukunft wird das Zentrum zu einer autonomen, nichtkommerziellen Organisation, dem „Institut für ethno-kulturelle Bildung BIZ“.
Das schöne Landhaus im altrussischen Stil in der ländlichen Siedlung Mamontowka wurde zu Beginn der 90er Jahre des XX. Jahrhunderts zu dem Ort, den die Russlanddeutschen, die ihrer Staatlichkeit beraubt worden waren, als ihr gemeinsames Haus ansahen, in dem sie sich treffen, offen über ihre Probleme sprechen, die Sprache und die Traditionen und Sitten der Vorfahren neu kennenlernen oder weiter ausbauen konnten. Und eben dort wurde das Bildungs- und Informationszentrum der Russlanddeutschen angesiedelt, das zuvor schon eine gewisse Zeit in der Bildungsstätte in Ljuberzy untergebracht gewesen war. Dieses Zentrum führte das ganze Jahr über Seminare durch, an denen in den 10 Jahren, in denen sich das BIZ in Mamontowka befunden hat, insgesamt über 10.000 RD teilgenommen haben.
Dem deutschen Steuerzahler wurden die Kosten für den Unterhalt des Gebäudes und all seiner Gäste zu teuer und so wurde Anfang 2000 entschieden, das BIZ zu reformieren. Im Jahre 2004 zog das BIZ in die Hauptstadt, ins DRHM, wo nicht mehr Seminare für tausende Aktive aus den BZ, sondern nur noch Seminare für einen kleinen Kreis von Multiplikatoren zu 12 thematischen Schwerpunkten durchgeführt wurden. Durch eine regelmäßige Fortbildung in Moskau oder in Form von dezentral organisierten Seminaren sollten diese die erhaltenen Informationen dann vor Ort weitergeben. Nach ein paar Jahren, als sich das System der Selbstorganisation der Russlanddeutschen herausgebildet hatte, wurden Doppelungen in der Arbeit des Systems der Selbstorganisation der RD und der Organisationen, die unmittelbar aus Deutschland angeleitet worden waren (dazu zählt auch das BIZ), festgestellt. „Manchmal handelte es sich dabei nicht nur um eine Doppelung, sondern auch um unterschiedliche konzeptionelle Grundlagen", meint der Historiker Professor German. Ein anderes Problem, so Oleg Strahler, Knotenpunktkoordinator des BIZ mit langjähriger Erfahrung sei die Tatsache gewesen, dass die Multiplikatoren de facto nicht über die finanziellen Mittel verfügten, um das Wissen weitergeben zu können. „Es entstand eine Diskrepanz zwischen dem BIZ und den Organisationen der Russlanddeutschen." Stein des Anstoßes wurde die Tatsache, dass das Zentrum nicht über eine Lizenz für öffentliche Bildungsarbeit verfügte und deshalb in der Konsequenz Schwierigkeiten mit der Vergabe von offiziellen Dokumenten über die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen entstanden. Ungeachtet dessen vermochte es die Netz-Struktur des BIZ innerhalb der 7 Jahre ihrer Tätigkeit die Qualifikation von hunderten Menschen zu erhöhen. „Allerdings sind von diesen nur ein paar Dutzend in den Strukturen der Russlanddeutschen verblieben", verweist Heinrich Martens, der Vorsitzende des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur, auf eine weitere paradoxe Situation. Er bewertet die Tätigkeit des BIZ in den unterschiedlichen Etappen, die es durchlaufen hat, als positiv. „In jeder einzelnen Etappe hat das BIZ Aufgaben gelöst, die in der jeweiligen Zeit wichtig gewesen sind. In der 1. Etappe bereitete es Funktionsträger für die entstehenden Begegnungsstätten vor und – warum soll man das verheimlichen – auch Tausende Deutsche auf die Aussiedlung nach Deutschland. In der 2. Etappe wurde das System auf der Ausbildung der Multiplikatoren, die Stabilisierung der Situation der Begegnungsstätten und die Professionalisierung der verbliebenen Personen ausgerichtet". Nun ist die Zeit gekommen weiter voranzugehen.
„Die Erneuerung des BIZ“, davon ist der Leiter der Deutschen der Ukraine, Wladimir Leisle, überzeugt, „muss dazu führen, dass man sich nicht weiter mit Volksbildung oder einfacher gesagt mit Belustigung der Teilnehmer befasst, sondern sich auf echte Bildung konzentriert, das heißt tatsächliche Fachleute für die tatsächliche Arbeit mit konkreten Fertigkeiten ausbildet". Dem stimmte auch die Multiplikatorin für Geschichte und Landeskunde Natalja Markdorf aus Nowokusnezk zu: „Die letzten Seminare zeigten die Notwendigkeit, in die Programme erhebliche Korrekturen einzuarbeiten, eine Konzeption zu erstellen und ein einheitliches, komplexes und langfristiges Programm aufzulegen, d.h. also genau das, was man üblicherweise unter Bildung versteht".
Ein einheitliches, bestätigtes Programm, liegt jedoch nicht vor. "Wir reparieren das Flugzeug während des Fluges", kommentiert Wladimir Leisle diese Veränderungen, die von den Gremien der Selbstorganisation der Russlanddeutschen initiiert worden waren. Es gibt allerdings eine Idee: aus dem Bildungs- und Informationszentrum für Russlanddeutsche soll ein Institut für ethno-kulturelle Bildung werden, das Fortbildung und Umschulung nicht nur für Russlanddeutsche, sondern in der Perspektive auch für andere Völker in der Russischen Föderation anbieten soll, darunter auch kostenpflichtige Programme. Für den Anfang ist daran gedacht, ein oder 2 Programme lizenzieren zu lassen und in 2 Jahren aus dem BIZ eine Fortbildungseinrichtung zu schaffen, die das Recht hat, staatliche anerkannte Diplome zu verleihen.
Oleg Strahler, der Vorstandsvorsitzende des neuen BIZ ist überzeugt, dass dieser Weg das Niveau der Organisation des Studienprozesses qualitativ erhöhen und in Zukunft aufgrund der kostenpflichtigen Programme eine weitere finanzielle Basis für die Entwicklung der Organisation der Deutschen bilden werde.
Auf diesem Weg könnten Schwierigkeiten inhaltlicher Art auftreten, hebt Professor German hervor, der als Vorsitzender der Internationalen Assoziation der Historiker und Kulturwissenschaftler der Russlanddeutschen dem Vorstand des neuen BIZ angehört: "Jedes Volk verfügt über eine Spezifik seiner national-kulturellen Entwicklung, deshalb scheint mir die Ausarbeitung von irgendwelchen universellen Programmen ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Wenn es jedoch gelingt, in das BIZ Spezialisten der jeweiligen nationalen Minderheiten einzuladen, dann scheint mir dieser Weg schon eher realistisch. Für den Anfang könnte man das ja mit 2-3 Volksgruppen versuchen und diese Programme starten. Wenn es klappt, kann man in dieser Richtung weitergehen".
Das neue BIZ wird eine internationale Plattform bleiben: Quoten für die Teilnahme an den Seminaren werden wie bisher auf die GUS-Staaten verteilt werden. Die Initiative der Deutschen Russlands zur Reorganisation der übernationale Strukturen des BIZ fand in der Ukraine und in Usbekistan Unterstützung. Direktorin des Zentrums wurde Olga Gilz, eine ehemalige Mitarbeiterin des IVDK. Den Weg, welchen das BIZ beschreiten wird, wird der Vorstand bestimmen, in dem sich Vertreter des IVDK, der FNKA, des deutschen Jugendrings, der Assoziation der russlanddeutschen Wissenschaftler und der Künstlerverband der Russlanddeutschen befinden.
von Olga Silantjewa