Jekaterina Glagolewa: „Schon seit 30 Jahren vereinen wir die Deutschen in Tjumen zu einer großen Familie“

Der Internationale Verband der deutschen Kultur feiert dieses Jahr sein Jubiläum. Seit 30 Jahren wird mit Begegnungszentren, Zentren der deutschen Kultur, Deutsch-Russischen Häusern, Kultur- und Geschäftszentren, regionalen und lokalen National-kulturellen Autonomien der Deutschen in Russland und anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion zusammengearbeitet.

Zusammen mit dem Internationalen Verband der deutschen Kultur, der mehr als 500 öffentliche Organisationen der Russlanddeutschen vereint, werden 20 Organisationen ihre Jubiläen feiern. Darunter auch das Zentrum der deutschen Kultur in Tjumen.

Kurz vor dem 30-jährigen Jubiläum der ältesten öffentlichen Organisation der Russlanddeutschen in Tjumen sprachen wir mit Jekaterina Glagolewa, der Direktorin des Zentrums der deutschen Kultur in Tjumen.

RD: Jekaterina, wie begann die Geschichte Ihrer Organisation?

J.G.: Im Dezember 1989 versammelten sich auf Initiative von Frieda und David Schulz, Mitarbeiter der Kammgarnfabrik in Tjumen, zum ersten Mal die Deutschen in Tjumen in dem Gemeinschaftsraum der Fabrik, um Weihnachten zu feiern. Das folgende Jahr 1990, stand im Zeichen der Gründung der Gesellschaft der Russlanddeutschen „Wiedergeburt“. Wladimir Bernhardt wurde zum Vorsitzenden der Gesellschaft gewählt, und David und Frieda wurden Mitglieder des Rates. Im Jahr 1991 wurden auf Initiative des Regionalen Rates der Volksabgeordneten mehrere nationale Kulturzentren gegründet, darunter im April das Regionale Zentrum der deutschen Kultur. Bis 1995 wurde das Zentrum der deutschen Kultur von Erna Gwosdarjowa geleitet, die heute in Deutschland lebt. Ihre erste und zuverlässigste Helferin war Elsa Malzewa, die Methodikerin des Zentrums.

Irma Frolowa, die seit 20 Jahren zu den aktivsten Helfern des Zentrums gehört, war zusammen mit ihrer Cousine Lidija Gerdt am Ursprung der Entstehung des Zentrums der deutschen Kultur. Irma ist auch Vorsitzende der deutschen National-kulturellen Autonomie in Tjumen und beschäftigt sich mit sozialen Fragen.

Seit 1995 wurde die Gesellschaft „Wiedergeburt“ von Fjodor Maier geleitet, der bis 2003 der Vorsitzende war. Von 1995 bis 1997 war Jurij Bedel der Direktor des Zentrums der deutschen Kultur, der zeitgleich auch nach Wirina Maier, die mit ihrer Familie nach Deutschland zog, der Leiter des Folkloreensembles „Sonnenschein“ war.

Im Jahr 1997 wurde Rosa Schirjajewa zur Direktorin des Zentrums. Das Zentrum leitete sie bis zum Ende des Jahres 1999. Nach ihrer Abreise nach Deutschland übernahm Alla Gorjanina ihren Posten, die einige Jahre als Methodikerin im Zentrum arbeitete. Nach einigen Monaten zog auch Alla nach Deutschland. Im Jahr 2000 übernahm Natalja Matschuga, die lange als Methodikern arbeitete, die Leitung des Zentrums. Sie leitete das Zentrum zehn Jahre lang, gefolgt von Natalja Ramich und dann von Alexandra Nesterowa. Seit 2014 leite ich, Absolventin des Lehrstuhls der Deutschen Philologie, das Zentrum.

RD: Welche waren die interessantesten Jahre in der Entwicklung der Organisation?

J.G.: Ich glaube, das waren die Jahre, in denen wir unser eigenes Gebäude in der Komsomolskaja Straße 18 hatten. Es wurde für das Zentrum mit Unterstützung von Alexander Gerber, dem Vorsitzenden des Regionalen Kulturkommitees und Vorsitzenden der Gesellschaft „Wiedergeburt“, restauriert. Dieses Gebäude ist seit fast 15 Jahren ein Zuhause für alle Deutschen des Gebietes Tjumen. In dieser Zeit ging es in der Arbeit des Zentrums hoch her: Workshops, Kurse, Ferienlager für Kinder zusammen mit Seniorenklubs sowie internationale Austausche und Seminare.

RD: Welche Tätigkeitsbereiche und Projekte haben sich in den 30 Jahren produktiver Arbeit als besonders wichtig erwiesen?

J.G.: Das Wesentliche für uns war und ist die Spracharbeit. Solche Projekte wie ethnokulturelle Sprachtreffen, die Organisation von Klubaktivitäten, heimatkundliche Jugendkonferenzen, die Gründung von Museen der Russlanddeutschen in verschiedenen Stadtkreisen des Gebietes sowie die Errichtung eines Denkmals für Wolgadeutsche im Dorf Suerka des Kreises Uporowsk, wo bis heute noch deutsche Familien leben, sind für uns von besonderer Wichtigkeit.

Wir widmen den sozialen Projekten viel Aufmerksamkeit, leisten Pakethilfen für Rentner und organisieren Ausflüge in die historische Heimat. Wir arbeiten in allen Organisationen der Seniorenklubs und führen gesundheitsfördernde Projekte mit einer ethnokulturellen Komponente durch.

Seit mehr als zehn Jahren pflegen wir eine aktive Partnerschaft mit der Gemeinschaft der Deutschen aus Russland in Niedersachsen.

RD: Wie viele Deutsche aus Tjumen und dem Gebiet sind heute in ihrer Organisation vereint?

J.G.: Unsere Projekte sind immer von großem Interesse für viele Menschen, wobei auch Menschen anderer Nationalitäten aktiv an jeder Veranstaltung teilnehmen.

Die Leute kommen mit ihren Familien zu unseren Veranstaltungen. Zurzeit arbeiten in unserem regionalen Zentrum die lokalen National-kulturellen Autonomien von Tjumen sowie die Gesellschaften der Deutschen der Stadtkreise Tjumen, Uporowsk, Omutinsk, Wikulowsk und Jarkowsk, sowie der Städte Njagan, Chanty-Mansijsk und Sawodoukowsk.

Jede Organisation besteht aus mindestens 50 Personen. Dies sind die Beiräte der Gesellschaften und aktive Teilnehmer der Sprach- und ethnokulturellen Klubs. So kann gesagt werden, dass die Gesamtzahl bei mindestens 500 Personen liegt, und wenn wir auch ihre Familienangehörigen mit einbeziehen, macht das etwa 1500 Personen.

RD: Was haben Sie zum 30-jährigen Bestehen der Organisation erreicht?

J.G.: Wir setzen uns aktiv für den Erhalt der Kultur und Traditionen der Russlanddeutschen und ihrer nationalen Identität ein.

Zum heutigen Zeitpunkt führen wir 15 Klubs. In unseren Begegnungszentren sind sechs deutsche Vokalensembles organisiert und im regionalen Zentrum gibt es den Jugendclub „Jugendland“.

Sie sind unsere Helfer bei der Organisation von Projekten sowie aktive Teilnehmer an regionalen und interregionalen Projekten. Die Jugend ist unsere Zukunft, deshalb versuchen wir, sie in alle Bereiche unserer Arbeit einzubeziehen.

RD: Welche Ziele haben Sie sich für die nahe Zukunft gesetzt?

J.G.: Wir planen, unsere Projektarbeit fortzusetzen, um die Kultur und Traditionen unseres Volkes zu bewahren sowie die Russlanddeutschen unserer Region zu einer großen Familie zu vereinen.

RD: Wie planen Sie das 30-jährige Jubiläum zu feiern?

J.G.: Wir planen, das Jubiläum mit einer Sitzung des Interregionalen Koordinationsrates der Deutschen des Urals zu verbinden und alle Leiter zu einem festlichen Konzert unserer kreativen Gruppen der Deutschen des Gebietes Tjumen einzuladen.

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