Das Jahr 2023 ist in Russland zum Jahr des Lehrers und Mentors erklärt worden. Am 8. Oktober jährte sich der 103. Geburtstag von Viktor Mader, einem Wissenschaftler, Mathematiker, Mitglied der Öffentlichen Akademie der Wissenschaften der Russlanddeutschen, Autor zahlreicher Lehrbücher und populärwissenschaftlicher Bücher sowie einem Mann, der sein Leben der Mathematik gewidmet hat. Kurz vor dem Tag des Lehrers, der in diesem Jahr am 5. Oktober begangen wurde, sprachen wir mit seinem Sohn Artur über Viktor, sein Werk und seine Familie.
Viktor Mader wurde am 8. Oktober 1920 in Tiflis als Sohn eines Geschäftsmannes geboren, der die einzige Werkstatt zur Herstellung von Schriften in Georgien besaß. Nach dem Einzug der Sowjetmacht im Südkaukasus wurde das Unternehmen verstaatlicht, und sein Besitzer, der Vater des späteren Wissenschaftlers, musste als einfacher Arbeiter weiterarbeiten. Dennoch wurde er in den 1930er-Jahren in die Kommission für die Vereinheitlichung der orientalischen Schriften an der Georgischen Akademie der Wissenschaften berufen und war als einziger Spezialist auf diesem Gebiet an der Schaffung einheitlicher georgischer und abchasischer Schriften beteiligt.
Von 1926 bis 1936 ging Viktor Mader an die von seinem Großvater Georg Adam Brim gegründeten Deutschen Schule. Viktor Mader schloss diese Schule mit Auszeichnung ab. Außerdem beschäftigte er sich mit der Malerei an der Staatlichen Akademie der Künste in Georgien und mit der Musik im Privatunterricht. Im Jahr 1936 trat er in die Fakultät für Mechanik und Mathematik der Universität Tiflis ein. Nach seinem Abschluss machte er auf Einladung des georgischen Wissenschaftlers N. Mushelischwili, der an der Universität Mathematik lehrte, eine Aspirantur an der Georgischen Akademie der Wissenschaften.
Seit Oktober 1941 erlebte die Familie Mader schwere Schicksalsschläge. Als Sowjetdeutsche wurden sie aus der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik nach Kasachstan deportiert. Im Jahr 1942 wurde Viktor Mader zur Arbeitsarmee mobilisiert und in den Ural geschickt. Bis 1956 lebte er in einer Sondersiedlung. Erst 1950 gelang es ihm, sich der Pädagogik und der Mathematik zu widmen, als er eine Arbeitserlaubnis für die Schule der arbeitenden Jugend erhielt und begann, dort Mathematik zu unterrichten.
Im Jahr 1957, nach der Aufhebung der politischen Restriktionen und der Ausgangssperren, wurde Viktor Mader an das Pädagogische Institut von Nischni Tagil eingeladen. Dort war er 38 Jahre lang als Dozent und Leiter des Lehrstuhls tätig.
Seit den 1960er-Jahren werden Viktor Maders wissenschaftliche und methodische Arbeiten veröffentlicht. Er schrieb populärwissenschaftliche Bücher und Lehrmittel wie „Mathematischer Detektiv“, „Algebra der Logik für Schüler“, „Geheimnisse der Reihe N“, „Mathematik von außen betrachtet“, „Polyphonie der Beweise“ und viele andere. Viktor Mader bekanntestes wissenschaftliches Werk war das Buch „Einführung in die Methodologie der Mathematik“, das als Lehrbuch für Universitäten empfohlen wurde. Er hat etwa 40 wissenschaftliche Arbeiten und acht Bücher über Mathematik veröffentlicht, darunter die erste russische Studie über die arithmetisch-logische Einheit von Gottlob Frege.
Im Familienleben ehrte Viktor Mader die Traditionen seiner Vorfahren, liebte und schätzte seine Eltern und bewahrte das Andenken an sie. Anfang der 1990er-Jahre erstellte er einen Stammbaum der Familie Mader, und sein Sohn Artur hat alles, was in der Familie mündlich überliefert wurde, schriftlich festgehalten und veröffentlicht. Viktor lebte 58 Jahre lang in einer glücklichen Ehe mit Raisa und zusammen reisten sie viel. Im Jahr 1995 zogen Raisa und Viktor nach Deutschland in die Stadt Kottbus. Viktor Mader verstarb am 18. Mai 2012.
Für seine erfolgreiche Arbeit bei der Ausbildung des pädagogischen Personals und seine gewissenhafte erzieherische, pädagogische, wissenschaftliche und soziale Tätigkeit wurde Viktor Mader mit Ehrenurkunden und Belobigungen des Bildungsministeriums der RSFSR ausgezeichnet. Außerdem wurde er mit folgenden Medaillen und Abzeichen ausgezeichnet: „Ausgezeichneter Arbeiter des öffentlichen Bildungswesens“ (1967), „Sieger des sozialistischen Wettbewerbs 1977“ (1978), „Veteran der Arbeit“ (1981), „Für hervorragende Arbeitsleistungen“ (1991), „Für heldenmütige Arbeit im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945" (1992) und „50. Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945" (1995).
Wir sprachen mit Artur, dem Sohn von Viktor Mader, Arzt, Religionslehrer, Dichter und Mitglied der Künstlervereinigung der Russlanddeutschen, über seine Lehrtätigkeit, die Lehren seines Vaters und die Rolle der Familie im Leben anderer.
Artur, dein Vater war ein unnachahmlicher Pädagoge und Wissenschaftler, einer jener erstaunlichen Menschen, die schwierige Dinge ganz einfach erklären können. Ist der pädagogische Beruf in Ihrer Familie erblich?
In unserer Familie gibt es eine Dynastie von Lehrern. Georg Adam Brim, mein Urgroßvater mit schwedischen und schwäbischen Wurzeln, gründete zusammen mit seinem Kollegen Herrn Schwarz die deutsche Schule Nummer 107 in Tiflis. Er selbst unterrichtete dort Botanik. Sein Enkel Viktor Mader war Mathematiklehrer, Wissenschaftler und hat viele Werke über Mathematik auf Russisch und Deutsch geschrieben. Ich, sein Urenkel, bin Religionslehrer in Strafanstalten. Von meinen 600 Schülern sind vier nach ihrer Entlassung Priester geworden und nur zwei sind ins Gefängnis zurückgekehrt. Die übrigen sind gute Bürger, die mit mir in Kontakt bleiben.
Was hat Ihnen Ihr Vater persönlich beigebracht? An was erinnern Sie sich besonders?
Mein Vater hat mich durch seine Lebensweise gelehrt, Gott, die Menschen und meinen gewählten Beruf zu lieben sowie meine Familie zu ehren. Kurz gesagt, in allem und überall ein Christ zu sein.
Als was arbeiten Sie jetzt? Wie hat Ihr Vater diese Entscheidung beeinflusst?
Ich habe mein ganzes Leben lang als Arzt gearbeitet, und in den letzten zwölf Jahren habe ich Tuberkulosepatienten in einer Sonntagsschule in Haftanstalten im Ural Religion gelehrt. Ich bin Arzt geworden, weil meine Großmutter Jelisaweta Mader (geb. Brim) wollte, dass eines ihrer Enkelkinder Arzt wird. Keines von ihnen wurde es. Also fiel die Wahl auf mich. Der Wunsch meiner Großmutter ist mir heilig.
Außerdem war ich auch als Lehrer tätig. Ich war der Einzige der Mitarbeiter, der über eine entsprechende Ausbildung verfügte: 2006 absolvierte ich Missions- und Katechetische Kurse, 2013 machte ich ein Lehrerseminar und erhielt die diözesane Zulassung. Ich habe bereits etwa 600 Schüler unterrichtet.
In welcher Sprache haben Sie sich in Ihrer Familie hauptsächlich unterhalten?
Mit meiner Großmutter nur auf Deutsch. Ich habe mir nie Gedanken über den Dialekt gemacht. Offensichtlich war es schwäbisch, denn wir sind ja schließlich Schwaben.
Und wie kam das Russische in die Familie?
Meine Mutter ist Russin. Aber ich bin auf jeden Fall Schwabe. Das ist an meiner Lebensweise zu erkennen. Der Glaube, das Blut, die Gedanken, das Herz. Einfach alles. Ich bin überzeugt, dass meine wahre Heimat die Gemeinde Pleidelsheim ist, aus der unsere Familie stammt, obwohl ich im Ural geboren wurde.
Übersetzt aus dem Russischen von Evelyn Ruge