„Beeilen wir uns die Menschen zu lieben – sie gehen so schnell wieder“: Ein Abend im Gedenken an Anna German im DRH Moskau


Am 28. November fand in gemütlicher Atmosphäre des Saals „Berlin“ des Deutsch-Russischen Hauses in Moskau ein musikalisch-literarischer Abend zum Gedenken an Anna German statt. Die Gäste, begleitet von der Moderatorin Tatiana Perkowskaja (Weitz), ließen die schicksalhaften Ereignisse im Leben der Sängerin Revue passieren und stützten sich dabei auf Tagebucheinträge, die Anna im letzten Jahr ihres Lebens verfasst hatte.

„Ein singender Engel“ – so nannten die Journalisten, das Publikum und die Hörer Anna German. „Echo der Liebe“, „Als die Gärten blühten“, „Stadt der Liebenden“, „Hoffnung“ – Annas stimmungsvolle Texte und ihre reine, makellose Stimme schenken den Zuhörern bis heute Freude und Trost. Vertreter verschiedener Generationen nahmen am Anna-German-Gedenkabend im Deutsch-Russischen Haus in Moskau teil. Sie alle einte jedoch die Tatsache, dass sie mit denselben Liedern aufgewachsen waren.

Das literarisch-musikalische Treffen wurde von Tatjana Perkowskaja (Weitz) als ein Abend der Offenbarung bezeichnet. Die Moderatorin gab dem Publikum Einblick in das Tagebuch der Sängerin, das sie im letzten Lebensjahr verfasst hatte. Die darin beschriebenen Lebensereignisse – ihre Kindheit, der Beginn ihrer Tourneen und die Begegnung mit ihrem zukünftigen Ehemann, der Autounfall und die darauffolgende lange Genesung, die Geburt ihres Kindes und die glücklichen Jahre ihres Familienlebens sowie die schwere Zeit ihrer Krankheit – wurden in Liedern des Volksensembles, des Coverchors „Pripewotschki“ und in ausgewählten Auszügen, die die Gäste des DRH Moskau einander vorlasen, lebendig.

„Stellt euch für einen Moment vor, ihr wärt Schauspieler, die zum ersten Mal ein Drehbuch vor sich aufschlagen und es nun lesen und verinnerlichen müssen“, gab Tatjana dem Publikum einen kleinen Hinweis. So konnte das Publikum gemeinsam den dornigen, aber auch freudvollen Weg beschreiten, den Anna gegangen war.

„Tatjana hat wahre Schätze aus dem Tagebuch ausgewählt – die wichtigsten Episoden aus dem Leben von Anna. Dazu gehören schwierige Wendepunkte, aber auch Momente, in denen sie einfach ihr Glück teilte“, so Julia Staсh, Leiterin des Volksensembles, über die Arbeit ihrer Kollegin. „Und Tatjana ist es gelungen, das Wichtigste zu vermitteln: Anna war ein strahlender Mensch, völlig frei von Stolz und im Bewusstsein, dass sie auf diese Erde gekommen war, um den Menschen Gutes zu tun und sie innerlich zu bereichern.“

Anna German war sich sicher:

„Ein Mensch ist nur so glücklich, wie er anderen Glück schenken kann. Und das stimmt. Es gibt kein isoliertes, persönliches Glück!“

Ihre Auftritte waren immer mehr als nur Konzerte. Das Publikum spürte unverkennbar, dass nur jemand, der von Liebe, Licht und Wärme erfüllt ist, so singen kann. In einem Gespräch nach dem Abend gab Tatjana zu:

„Für mich ist Anna German das eindrucksvollste Beispiel dafür, wie man lieben kann.“

Der Glaube der Sängerin und ihre Fähigkeit, den Menschen reine Liebe zu schenken, bildeten das Leitmotiv des Gedenkabends. Dieses zentrale Motiv spiegelte sich in der Programmgestaltung wider: Es begann mit demHohelied der Liebe“ des Apostels Paulus aus dem ersten Korintherbrief und endete mit einem Psalm von König David, gesungen von Anna German.

Die engelsgleiche Stimme der Sängerin hat selbst die anspruchsvollsten Musiker verblüfft. Wenn man Anna singen hörte, wirkte es, als führte sie ein ganz normales Gespräch, doch die Lieder, die sie interpretiert hat, waren gesanglich extrem herausfordernd. „Die Stimme muss kristallklar sein, wie Quellwasser. Die Sängerin des Coverchors haben heute etwas Erhabenes erreicht, und meiner Meinung nach ist so etwas immer nicht nur aufregend, sondern auch beängstigend. Ich habe immer noch Respekt davor, Lieder von Anna German aufzuführen“, bemerkte Tatjana und lobte damit die Feinheit der Darbietung des Vokalensembles „Pripewotschki“.

Am Ende des Treffens bemerkte die Moderatorin, dass das Programm des Gedenkabends an Anna German eine wunderbare Eigenschaft besitze: Sie ziehe stets genau die richtige Anzahl an Gästen an, um einen friedvollen und herzlichen Abend zu gewährleisten. Warme Lächeln und sinnliche Blicke erfüllten den Raum wie ein elektrischer Schlag.

„Diese Frau ist einzigartig: Jedes Mal, wenn eine Veranstaltung zu ihren Ehren stattfindet, geschieht alles ganz natürlich, alles fügt sich wie von selbst“, erinnerte sich bewundernd Tatjana an dem Abend.

„Im Leben geschieht meist alles ohne Probe“, sagte Anna und wünschte sich daher von Herzen, dass die Menschen „die wichtigsten Dinge lange vor dem Ende verstehen“.


Das Projekt wurde mit Unterstützung des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur im Rahmen des Förderprogramms der Russlanddeutschen realisiert.