Am 11. Dezember fand im Deutsch-Russischen Haus in Moskau im Rahmen des Projekts „Offene Treffen“ ein kreativer Abend mit Filmvorführungen der Dokumentarfilme des Verdienten Künstlers und Dokumentarfilmers Wladimir Eisner. Die Gäste machten sich mit dem Künstler im Saal „Berlin“ bekannt, sahen zwei seiner wichtigsten Filme und beteiligten sich an einer anschließenden offenen Diskussion. Der Abend wurde vom Dramatiker und Regisseur Sergej Golowetskij moderiert.
Schon in den ersten Minuten des Abends wurde deutlich, dass das Publikum mehr als nur formelle Filmvorführungen erwartete, sondern eine herzliche und sehr persönliche Begegnung mit einem Regisseur, der sich seit über einem halben Jahrhundert dem Dokumentarfilm widmet.
Der Abend wurde mit der Rede von Sergej Golowetskij eröffnet. Er berichtete über die langjährige Freundschaft mit Wladimir Eisner, erinnerte sich an die gemeinsame Jugend und hob die Einzigartigkeit des Künstlers hervor. Er merkte an, dass Wladimir Preisträger zahlreicher russischer und internationaler Festivals, Mitglied des Verbandes der Kinematografen und der Akademie der Künste „Nika“ sei und dennoch ein Mann von bemerkenswerter Bescheidenheit und Tiefe bleibe:
„Wladimir bietet den Gästen des heutigen Abends die Möglichkeit, nicht nur einen Film anzusehen, sondern auch wichtige persönliche Angelegenheiten zu besprechen. Eine solche Gelegenheit ist selten.“

Moderator des Kreativabends Sergej Golowetskii und Dokumentarfilmer Wladimir Eisner
Фото: Tatiana Rosentswist
Der Moderator hob ein wichtiges Detail hervor: Obwohl Wladimirs berufliche Laufbahn eng mit dem großen Kino verbunden ist, bleibt er Sibirien treu. Dort schuf er den Großteil seines Werks, und dort formte sich seine unverwechselbare künstlerische Vision – ehrlich, aufmerksam und feinfühlend. Das Gespräch über die Geschichte des Dokumentarfilms und die Filmproduktion in der Sowjetzeit ging nahtlos in eine Diskussion über den aktuellen Stand des Genres über und half dem Publikum, die Entwicklung der künstlerischen Sprache des Regisseurs besser zu verstehen.
Der erste Film, der den Zuschauern vorgeführt wurde, war „Die Russlanddeutsche“, der 2014 gedreht worden war. Dies ist ein tiefgründiges und emotionales Werk, das auf der persönlichen Geschichte der Familie von Wladimir Eisner basiert, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach Altai deportiert wurde. Der Regisseur verwebt gekonnt zeitgenössisches Dokumentarmaterial mit seltenem Archivmaterial und schafft so eine wahre Chronik der Deutschen in Russland.
Der Film behandelt folgende Themen: Deportation der Russlanddeutschen nach Sibirien und Kasachstan, die Arbeit in Kolchosen und Kohlebergwerken, den Erhalt der kulturellen und sprachlichen Identität der Russlanddeutschen, die innere Stärke der Menschen, die wegen ihrer Nationalität viel Leid ertragen mussten, und die über Generationen weitergegebenen Familienerinnerungen. Viele Gäste des Abends bemerkten, dass der Film Türen zu einer Vergangenheit öffnete – nicht zu einer abstrakten, sondern zu einer lebendigen, erfüllt von Stimmen, Liedern, alltäglichen Sorgen, Schmerz und Hoffnung.
Der nächste Film, der gezeigt wurde, war „Sommerregen“, gedreht im Jahr 2003. Dieser Schnitt entführt die Zuschauer in die Atmosphäre einer unbeschwerten Kindheit, in Freundschaften und in die ersten Lektionen des Lebens. Der Regisseur zeigt, wie der Alltag eines Kindes voller Entdeckungen, Freuden und Enttäuschungen sein kann – und wie diese einfachen Momente den Charakter eines Menschen prägen.
Nach den Filmvorführungen begann ein angeregtes Gespräch mit dem Publikum – herzlich, emotional und sehr persönlich. Die Zuschauer stellten dem Regisseur nicht nur Fragen, sondern teilten auch ihre eigenen Geschichten – Erinnerungen an das Leben der Russlanddeutschen in der UdSSR, an eigenen Familien, Entbehrungen und den Erhalt von Traditionen. Einer der Gäste des Abends schilderte seine Eindrücke:
„Die Filme von Wladimir Eisner sind wie Fotografien, die verzerrt in die Zeit wahrgenommen werden. Sie ermöglichen es uns, das zu sehen, was uns im Alltag entgeht.“
Während der Diskussion kam immer wieder das Thema der Identität der Russlanddeutschen zur Sprache. Die vorgeführten Filme – insbesondere „Die Russlanddeutsche“ – regten das Publikum zu offenen Gesprächen an – über die Deportation ihrer Eltern und Großeltern, über das Leben in neuen Orten, über Versuche, Sprache und Kultur zu bewahren, und über Selbstbestimmung in verschiedenen historischen Epochen.
Der Kreativabend klang in einer herzlichen, vertrauensvollen Atmosphäre aus. Die Gäste dankten dem Regisseur für seine ehrenhaften Filme, seine Fähigkeit, komplexe Themen in einfacher Sprache anzusprechen, und die in jeder einzelnen Einstellung spürbare Aufrichtigkeit. Sergej Golowetskij fasste das Treffen so zusammen:
„Die Filmvorführungen zeichneten sich durch eine ruhige, bilderreiche filmische Energie aus. Vor allem aber regte sie die Zuschauer zum Gespräch, zum Austausch und zum Nachdenken an – genau darum geht es im wahren Kino.“
Der hervorragende Dokumentarfilmer teilte ebenfalls seine Eindrücke von der Diskussion mit den Gästen des Deutsch-Russischen Hauses mit:
„Für mich ist es wichtig, dass der Zuschauer das Gefühl hat, von dem Film betroffen zu sein. Dass der Film ihn berührt, ihm etwas bedeutet und ihn zum Nachdenken anregt.“
Das Projekt wurde mit Unterstützung des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur im Rahmen des Förderprogramms der Russlanddeutschen realisiert



