JSDR-Forum 2012: „Zukunft mit Namen. Namen mit Zukunft.“


  Vom 23.11.12. bis 25.11.12 fand in Stuttgart das vierte Forum des Jugend- und Studentenrings der Deutschen aus Russland (JSDR) statt. Das schöne Wetter und das Wiedersehen mit Freunden unterstützten die gute Stimmung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus zahlreichen JSDR-Gruppen. Am JSDR-Forum 2012 nahmen auch Vertreter des Jugendrings der Russlanddeutschen (JdR, Russland), des Internationalen Verbandes der Deutschen Kultur (IVDK, Russland) und dem Verband der Deutschen Jugend Kasachstans teil.  

Vom 23.11.12. bis 25.11.12 fand in Stuttgart das vierte Forum des Jugend- und Studentenrings der Deutschen aus Russland (JSDR) statt. Das schöne Wetter und das Wiedersehen mit Freunden unterstützten die gute Stimmung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus zahlreichen JSDR-Gruppen. Am JSDR-Forum 2012 nahmen auch Vertreter des Jugendrings der Russlanddeutschen (JdR, Russland), des Internationalen Verbandes der Deutschen Kultur (IVDK, Russland) und dem Verband der Deutschen Jugend Kasachstans teil.



Das Motto des JSDR-Forums 2012 lautete „Zukunft mit Namen. Namen mit Zukunft.“ Zum Forum hat der JSDR junge Russlanddeutsche eingeladen, die hier in Deutschland in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen viel erreicht haben, damit sie andere junge Menschen – Teilnehmerinnen und Teilnehmer des JSDR-Forums – mit ihren Erfolgsgeschichten ermutigen, sich höhere Ziele für die Zukunft zu setzen.

Die Highlights des JSDR-Forums 2012:

Diskussionscafe „Zukunft mit Namen. Namen mit Zukunft.“

Ein wichtiger Bestandteil des JSDR-Forums 2012 war das Diskussionscafe mit unseren Gästen - erfolgreichen jungen Russlanddeutschen: Stanislav Güntner (Filmemacher), Mark Filatov (Schauspieler), Monika Gossmann (Schauspielerin) und Dmitri Steiz (Journalist, Kulturwissenschaftler, Historiker). Die Diskussion moderierte die JSDR-Bundesvorsitzende Elena Bechtold. Es wurden folgende Themen/Fragen besprochen: Wie halfen bzw. störten die Namen in der alten Heimat und helfen bzw. stören sie jetzt in Deutschland? Was ist die Identität von unseren Gästen? Wie sind unsere Gäste in ihrer Arbeit auf die russlanddeutsche Thematik gekommen?

Monika Gossmann erzählte, dass ihr deutscher Vorname in Kasachstan, wo sie geboren wurde, fast schon eine politische Aufforderung ihrer russlanddeutschen Eltern war. Hier in Deutschland wird ihr Name als ganz normal empfunden. So geht es auch dem jungen Schauspieler Mark Filatov mit seinem Vornamen – er spricht akzentfrei Deutsch und es wird von anderen nicht vermutet, dass er nicht in Deutschland geboren wurde. Wenn er aber seinen Nachnamen sagt, dann meinen einige plötzlich einen leichten Akzent rauszuhören. Mark ist gut integriert, auch wenn er das Wort „Integration“ nicht mag. Um die Integration russlanddeutscher Aussiedler geht es in der Arbeit von Dmitri Steiz „Vertraute Fremdheit – fremde Heimat: Deutsche Sprache und soziale Integration russlanddeutscher Spätaussiedler in Geschichte und Gegenwart“. Auf die Frage der Moderatorin, ob er nach seiner Analyse unterschiedlicher Studien zu diesem Thema eine eindeutige Antwort geben kann, wie gut russlanddeutsche Spätaussiedler integriert sind, erwiderte Dmitri Steiz, dass es solche und solche Gruppen gäbe und die Antwort auf diese Frage gar nicht so einfach sei. Dabei spiele die deutsche Sprache eine bedeutende Rolle bei der sozialen Integration. Der Regisseur Stanislav Güntner wurde in Tscheljabinsk geboren und wuchs nach der Aussiedlung in Dresden auf. Ähnlich wie bei vielen jungen russlanddeutschen Spätaussiedlern verläuft sein Leben an der Grenze zwischen zwei Kulturen – der Kultur des Herkunftslandes und der neuen Heimat Deutschland. In seinem Film „Nemez“ verarbeitet er diese kollektiven Erfahrungen unserer Volksgruppe – in Russland ein Deutscher und in Deutschland ein Russe – wie der Protagoniat des Films Dima das formuliert. Auf die Frage eines Teilnehmers des Forums – wo für unsere Gäste ihre Heimat sei – kam eine eindeutige Antwort, sie sei in Deutschland.

Das Diskussionscafe stieß auf ein großes Interesse der Teilnehmer des JSDR-Forums. Die Jugendlichen fanden es nur schade, dass die Zeit zu knapp war und nicht alle Fragen während der Diskussion gestellt werden konnten. Unsere Gäste blieben aber bis Samstagabend bei dem Forum und konnten weiter mit den Teilnehmern ungezwungen sprechen.


Briefe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des JSDR-Forums an deutsche Politiker


,,Sehr geehrter Herr Gauck... Frau Merkel... Herr Bergner..."

Mit diesen Worten begann jedes der an insegsamt sieben deutsche Politiker addressierten Briefe der Forum-Teilnehmer. Zu den Ausgesuchten zählen die Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Bundespräsident Joachim Gauck, der parlamentarische Staatssekretär Christoph Bergner, die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Maria Böhmer, der Ministerpräsident von Baden-Württemberg Winfried Kretschmann, die Landesministerin für Integration in Baden-Württemberg Bilkay Öney und der Oberbürgermeister von Stuttgart Fritz Kuhn.

Jeder Teilnehmer erhielt im Rahmen des Programms des vierten Forums des JSDR ein Portfolio eines zufällig gezogenen deutschen Politikers oder Politikerin. Das Portfolio umfasste den Lebenslauf sowie die politische Karriere und die politischen Ziele des Politikers. Zunächst wurden Ideen, Vorschläge und erste Stichpunkte gesammelt und notiert, um sie dann während der Gruppenarbeit in die Form eines offiziellen Briefes zu bringen. Das Endergebnis lässt sich sehen: Die Briefe beschreiben kurz und knapp den Jugendverband und die Arbeit und Ziele des Verbandes. Weiterhin wird auf die Herkunft der Deutschen aus Russland eingegangen. Hoffnungen und Wünsche der Jugend an die Politiker runden die Briefe ab.

Die Aktion wurde mit großem Interesse und positivem Feedback aufgenommen und wurde als eine willkommene Abwechslung angesehen. Den Teilnehmern gefiel die Möglichkeit, gemeinsam einen persönlichen und dennoch auf alle Deutschen aus Russland zutreffenden Brief verfassen zu können.

HIer einpaar Auszüge aus den Briefen. Diese werden in Kürze an die Politiker versendet. Etwaige Antworten werden in den kommenden Ausgaben in „Volk auf dem Weg“ abgedruckt.

,,Guten Tag, Herr Dr. Christoph Bergner, herzlichen Glückwunsch nachträglich zu Ihrem Geburtstag! [...] Es war wieder ein abwechslungsreiches Wochenende voller wunderbarer Begegnungen, Veranstaltungen und Diskussionen. [...] Wir hoffen, dass Sie das nächste Mal dabei sind beim Forum, damit wir diese Denkanstöße mit Ihnen teilen können – Sie sind sehr herzlich eingeladen! Denn seit Jahren sind Sie unser treuer Begleiter!"
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des JSDR – Forums 2012

,,Sehr geehrte Frau Dr. Angela Merkel wir [...] wünschen uns vom Staat bessere Förderung des großen Jugend- und Studentenrings der Deutschen aus Russland, um unsere Ziele, wie Integration, Jugendarbeit, Stärkung der Familien, Erhaltung der russlanddeutschen Kultur und Pflege der Tradition unserer Vorfahren zu fördern und zu realisieren. Durch sportliche Aktivitäten können Jugendliche ihr Potenziall besser entfalten und sich dadurch perfekt in die Gesellschaft einbinden. Nicht zu vergessen ist die Weitergabe der Werte der älteren Generation an die heutige moderne Jugend. […]"
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des JSDR–Forums

,,Sehr geehrter Herr Dr. Gauck, wir, im Namen des Jugend- und Studentenrings der Deutschen aus Russland, grüßen Sie ganz herzlich von dem JSDR-Jugendforum in Stuttgart. Unser Jugendverband unterstützt und fördert Jugendliche und junge Erwachsene, die vor kurzem nach Deutschland aus der ehemaligen Sowjetunion gekommen sind, aber auch diejenigen, die länger in der neuen Heimat leben, ihre Talente, den Gedankenaustausch über ihre Identität unter Gleichaltrigen. Die Spätaussiedler bekommen damit eine Stimme in Politik und Gesellschaft. [...] Da wir über 2,5 Mio. Russlanddeutsche in Deutschland sind, bitten wir Sie für mehr Unterstützung der Vereine und Verbände, damit ihre wichtige Arbeit auch weiterhin auf einem hohen Niveau geleistet werden kann. […]"
Viktoria Wolzenin, JSDR-NRW und weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer des JSDR-Forums


Besichtigung der Ausstellung „Jahre des Terrors“ im Haus der Deutschen aus Russland

Ein weiterer Programmpunkt des Forums war die Besichtigung des Hauses der Deutschen aus Russland in Stuttgart. Hier wurde den Teilnehmern des Forums die Möglichkeit geboten, den Sitz der Bundesgeschäftsstelle der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland (LmDR) kennen zu lernen und mehr über die Aktivitäten des Vereins zu erfahren. So lernten sie beispielsweise während der Hausführung, dass bei der Gründung der Landsmannschaft im Oktober 1950 als „Taufname" vorsichtshalber die sehr unpolitische Bezeichnung „Arbeitsgemeinschaft der Ostumsiedler" gewählt wurde. Aber von Anfang an waren sich die Initiatoren – „ein Häuflein der in der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone ansässig gewordenen Deutschen aus Russland in Stuttgart“ (Johann Kampen, GESCHICHTE der LANDSMANNSCHAFT) – einig, dass es sich um die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland handelte.

Dennoch, der Hauptgrund für diesen Besuch war die Ausstellung „Jahre des Terrors", die am 24. Oktober dieses Jahres in Räumen der Landsmannschaft eröffnet wurde. Diese Ausstellung widmet sich zwei Jahrestagen der tragischen Geschichte der Deutschen in der ehemaligen Sowjetunion:

- Zum 75. Mal jährt sich der „Große Terror" der Jahre 1937 und 1938, dem etwa 55.000 Deutsche der Sowjetunion zum Opfer fielen.
- Vor 70 Jahren fanden die ersten Mobilisierungen von deutschen Frauen, Männern und Jugendlichen für die stalinistischen Zwangsarbeitslager statt.

Die Gemälde und Grafiken von Michael Disterheft und Viktor Hurr erinnerten die Forum-Teilnehmer daran, was die Deutschen in der Sowjetunion in den Jahren 1937/38 und 1941-1946 erleben mussten und zeigten ihnen das Leid und die katastrophalen Umstände, gegen die diese Menschen um ihr Leben kämpften.

Neben visuellen Eindrücken durch die Werke der Künstler wurden den Besuchern wichtige Überlegungen über die Rolle der oben genannten Jahrestage vermittelt. In seinem Vortrag hat Dr. Viktor Krieger, der Lehrbeauftragte am Seminar für Osteuropäische Geschichte an der Universität Heidelberg, tiefere Einblicke in das Gedenken von zwei wichtigsten Daten für die Russlanddeutsche in den letzten 100 Jahren gewährt. So betonte er, dass der Gründung von der Autonomie der Wolgadeutschen früher eine größere Bedeutung beigemessen wurde. Dies hat sich aber nach dem zweiten Weltkrieg geändert. So wird heute der Jahrestag des Einwanderungsmanifestes der Zarin Katharina II. aus dem Jahr 1963 stärker geehrt.

Herr Dr. Krieger hat in seinen Überlegungen zu diesem Thema unterstrichen, dass das gemeinsame Erinnern an diese drei Jahrestage für das Verständnis und Selbstbewusstsein der betroffenen Volksgruppe sehr wichtig ist.


Vorführung des Films „NEMEZ“ mit anschließender Diskussion mit dem Filmemacher Stanislav Güntner und dem Hauptdarsteller Mark Filatov

In der letzten Ausgabe von „Volk auf dem Weg“ haben wir bereits über den Film berichtet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des JSDR-Forums hatten eine einmalige Gelegenheit nun ihr eigenes Urteil über den Film zu fällen. „Der beste Film ever…“ war die Rückmeldung von einer 14-jähriger Teilnehmerin des Forums. Aber auch „ältere“ Teilnehmer waren begeistert von dem Film und freuen sich, ihn gemeinsam mit ihren Freunden 2013 in Kinos zu sehen. Einige Zuschauer waren zu Tränen gerührt, weil dieser Film zum Teil auch ihre persönlichen Emotionen und „Integrationserfahrungen“ wiederspiegelt. Die Filmvorführung besuchte auch die Länderreferentin für GUS-Staaten vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg, Frau Dalia Marthaler, deren Vater selbst lange Jahre Mitglied der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. war. Frau Marthaler begrüßte die Teilnehmer des Forums und schaute sich den Film zusammen mit den jungen Russlanddeutschen an. Besonders toll fanden die Teilnehmer des Forums die Möglichkeit nach dem Film mit dem Regisseur und dem Schauspieler über den Film zu diskutieren, aber auch Autogramme zu nehmen und Fotos zu machen. Der JSDR wünscht dem Film „NEMEZ“ einen guten Start in die deutschen Kinos und ein zahlreiches Publikum!


„Erfolgsrezept Integration“
Multiplikatorenschulung für Migrantenselbstorganisationen und Jugendgruppen der Zuwanderer aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion

Die Teilnehmer der Multiplikatorenschulung befassten sich mit folgenden Themen: Erfolgsgeschichten der Zuwanderer aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion; Verbandsmanagement: verbandliches Miteinander; Kultur als Thema in der Jugendarbeit; Integration als Thema der Jugendarbeit in den MO; Grundlagen und Erfolgskriterien der Projektarbeit; Fördermöglichkeiten, Strukturen und Kooperationspartner in Bereichen „Kultur, Identität und Integration“; MO als Stätten der Identitätsbildung und der interkulturellen Kompetenz; Best-Practice-Beispiele; Partnerbörse für die Projektentwicklung.

Die Teilnehmer der Multiplikatorenschulung konnten außerdem bei dem JSDR-Forum hospitieren und sich auch aktiv mit ihren theoretisch erworbenen Kenntnissen an den praktischen Teilen des Forums beteiligen. Am Sonntag fand eine Zukunftswerkstatt statt, wo die Teilnehmer in Interessensgruppen eine Zusammenarbeit in konkreten praktischen Maßnahmen erarbeitet und mögliche Kooperationen besprochen haben.


Rahmenprogramm

Für ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm sorgten die JSDR-Disko und der Stadtrundgang durch die Landeshauptstadt. Die Disko wurde wie auch letztes Jahr von Siegfried Dinges vorbereitet und mit schönen Aufritten von Matthias Scheidewig (Jazzperformance) und Michael Schell (Gemeinschaftstanz) geschmückt.

Auf dem JSDR-Forum versammelte sich der Unternehmerverband der Deutschen aus Russland zu seinem Jahrestreffen. Ausführlich berichten wir darüber in der nächsten JSDR-Beilage.

Der JSDR-Bundesvorstand bedankt sich ganz herzlich bei dem OrgaTeam (Natalia Ort, Erika Becht, Nikolai Magal, Igor Christ und Ksenia Tokareva) für den reibungslosen Verlauf der Veranstaltung und bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Forums für ihr Engagement.


Wir freuen uns auf das nächste Jahr!!!

JSDR

Rubriken: Deutsche Partner