Von Kaliningrad bis Kemerowo: Gedenkveranstaltungen zum 80. Jahrestag der Deportation der Sowjetdeutschen


Am 28. August jährt sich zum 80. Mal die Deportation der Sowjetdeutschen. In allen Regionen veranstalten die öffentlichen Organisationen der Russlanddeutschen Gedenkveranstaltungen, um an die Tragödie und die Heldentaten der Menschen zu erinnern. Die Hauptveranstaltungen finden im August statt und einige wurden über das Jahr verteilt durchgeführt.

Es gibt Projekte, die nicht nur die Regionen Russlands verbunden haben, sondern auch verschiedene Länder. So hat zum Beispiel der Internationale Verband der deutschen Kultur einen Film über die Nachfahren der deportierten Russlanddeutschen aus dem Wolgagebiet gedreht. Der Film zeigt, wie sich die Ereignisse der Deportation auf die Russlanddeutschen auswirkten und wie sie heute leben. Das Leben mancher Helden ist mit den öffentlichen Organisationen der Russlanddeutschen verbunden. Die Drehorte: Die Gebiete Krasnojarsk, Altai und Omsk, Moskau und Hamburg.

DAS GEBIET KALININGRAD

Im Kultur- und Geschäftszentrum der Russlanddeutschen findet ein großes Gedenkkonzert statt, das zusammen mit dem Sinfonieorchester organisiert wurde. Außerdem wird es während der Veranstaltung eine Liveschaltung zu Lübeck geben, wo zur gleichen Zeit ein Orgelkonzert stattfindet, das ebenfalls anlässlich des 80. Jahrestages der Deportation ist.

DAS GEBIET ARCHANGELSK

In Kotlas findet am 28. August die Premiere des Dokumentarfilms „Unerwünschte Zeit, unvorhergesehenes Schicksal...“ statt. Die Dreharbeit erfolgte in Kotlas und den nahe liegenden Siedlungen, wo in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Sondersiedlungen der unterdrückten Russlanddeutschen waren. An der Präsentation des Filmes nehmen die Leiter und Aktivisten der Begegnungszentren der Russlanddeutschen in den Zentral- und Nordwestregionen Russlands, die Regisseure des Dokumentarfilmes, die Mitglieder von russlanddeutschen Gesellschaften des Gebietes Archangelsk, Historiker und Heimatforscher der Stadt Kotlas, Vertreter der Stadtverwaltung, Abgeordnete der städtischen Duma sowie Vertreter der nationalen Diaspora der Stadt teil. Nach dem Dokumentarfilm wird ein Runder Tisch organisiert, an dem die Leiter, Gründer und Helden des Filmes teilnehmen werden.

Nach der Premiere wird der Film auch in Sergijew Possad, Kostroma und Bogorodizk präsentiert.

Am 27. August werden am Denkmal für die Trudarmisten in Kotlas Blumen niedergelegt und das nationale Musiktheater der Republik Komi wird das Stück „Für immer mit Privilegien leben“ aufführen.

Außerdem nehmen die Leiter der öffentlichen Organisationen der Russlanddeutschen in der Uralregion an den Gedenkveranstaltungen teil.

Die Region unterstütze die Aktion „Unsere Erinnerung“, die vom Sozialrat der Selbstorganisation der Russlanddeutschen initiiert wurde. Diejenigen, die ihrer Heimat beraubt wurden und den harten Weg der Unterdrückung gegangen sind, erhalten Teesets und warme Decken. Zum 80. Jahrestag der Deportation wird auch jeweils ein Hilfspaket überreicht, das traditionell an ältere Russlanddeutsche verteilt wird.

DAS GEBIET SARATOW

Im August findet in der Stadt Marx anlässlich des 80. Jahrestages der Deportation der Russlanddeutschen die Kreativakademie für Jugendliche „Staatjugend“ statt.

Im Rahmen der internationalen ethnokulturellen Plattform für Jugendliche „Erinnerungen aus dem Wolgagebiet“ wird geplant, die Premiere der Theaterinszenierung „Geschichte im Wandel der Zeit“ zu veranstalten. An der Inszenierung nehmen 34 Aktivisten der Jugendklubs aus der Wolgaregion und dem Südwesten Russlands teil.

Darüber hinaus werden Runde Tische mit jungen Wissenschaftlern und Studenten in Marx und Saratow stattfinden. Das Thema der Runden Tische wird der Große Vaterländische Krieg in den Schicksalen der Sowjetdeutschen sein. Die Teilnehmer werden die Vorkriegsgeschichte der Deutschen in Russland und im Wolgagebiet, die Geschichte der Sowjetdeutschen in den ersten Kriegsmonaten, der Deportation, den Sondersiedlungen und die daraus resultierenden Folgen, den Beitrag der Sowjetdeutschen zur Abwehr des NS-Regimes während des Großen Vaterländischen Krieges und die Probleme der Sowjetdeutschen nach der Stalin-Ära diskutieren.

In Engels findet das soziale Projekt „Erinnerung des Herzens“ für die Leiter und Aktivisten des Seniorenklubs statt. Die Teilnehmer werden sich mit Historikern, Heimatforschern und Vertretern der jungen Generation der Russlanddeutschen treffen. Im Rahmen des Projekts werden Blumen am Denkmal „Russlanddeutsche Opfer der Repression“ niedergelegt. Darüber hinaus wird in Zusammenarbeit mit dem JdR die musikalische und literarische Komposition „Erinnerung an die Vergangenheit, Blick in die Zukunft“, das Geschichts-Workshop „Berühmte russlanddeutsche Menschen“ und das kreative Programm „Erinnerung des Herzens“ organisiert.

In Saratow ist ein Treffen der Leiter öffentlicher Organisationen der Russlanddeutschen in der Wolgaregion und dem Südwesten Russlands geplant, die auch an den Runden Tischen, am abendlichen Treffen mit der älteren Generation der Russlanddeutschen, am Meeting und an der Niederlegung von Blumen am Denkmal für die Opfer der Deportation in Engels teilnehmen werden.

An den Veranstaltungen in dem Gebiet Saratow werden Bewohner von Ufa, Krasnodar, Kasan, Uljanowsk, Stawropol, Wladikawkas, Rostow, Wolgograd, Orenburg, Samara und Saratow teilnehmen.

DIE REPUBLIK KOMI

Traditionell findet am 28. August in den öffentlichen Organisationen der russlanddeutschen eine Gedenkfeier statt, bei der Blumen an Denkmälern niedergelegt werden, gefolgt von einem Treffen von Veteranen und jungen Menschen. In den Städten Nischni Tagil, Krasnokamsk und Workuta gibt es Gedenkstätten für Trudarmisten und dort gedenkt man derer, die in jenen Jahren leiden mussten. Es sind nicht nur Deutsche, die solche Stätten besuchen, sondern auch Vertreter anderer nationaler Verbände, Kommunen und Behörden.

„In der Uralregion gibt es viele Orte, die einst Sondersiedlungen waren, wo Gedenkstätten, -kreuze und -steine aufgestellt wurden und auf Initiative der deutschen Autonomie gibt es allein in Komi mehr als zehn davon. Seit 2004 führt die Autonomie ethnografische Expeditionen für Jugendliche durch die Sondersiedlungen durch. Diesmal gab es eine Expedition durch Njalta im Stadtkreis Ussinsk. Die Teilnehmer haben auf dem Friedhof aufgeräumt und brachten Gedenktafeln an. Die Expedition wurde dem 80. Jahrestag der Deportation der Wolgadeutschen gewidmet“, so Oleg Strahler, Vorsitzender des Interregionalen Koordinierungsrates im Ural.

Das deutsche Kultur- und Geschäftszentrum der Republik Komi erstellt eine Fotoausstellung mit Bildern von ehrenvollen Deutschen in Komi: Alle, die mit einem Orden oder einer Medaille ausgezeichnet wurden und die den Titel eines verdienten Arbeiters, Arztes, Lehrers oder Kulturschaffenden erhalten haben. Ihre Fotos werden auf der Website des Online-Museums zu sehen sein sowie auf der Wanderausstellung in Syktywkar und anderen Städten der Republik.

DAS GEBIET TSCHELJABINSK

Maria Reising, die seit mehr als 30 Jahren an der Spitze der lokalen Organisation „Wiedergeburt“ und jetzt an der lokalen Autonomie der Stadt Miass steht, teilte ihre Pläne mit: „Am 28. August versammeln wir uns traditionell in unserem Zentrum. Wir haben beschlossen, größtenteils mit unseren eigenen Mitteln auszukommen. Jeder trägt seinen Teil bei. Dieses Jahr half uns der Geschäftsmann Viktor Kormann. Traditionell werden Blumen an das Denkmal der Opfer der politischen Verfolgung niedergelegt. Auch die Vertreter der lokalen Verwaltung nehmen daran teil. Damit auch die Bewohner von Miass mehr über diesen Tag erfahren, luden wir Reporter ein. Danach treffen wir uns im Zentrum. Wir haben auch schon das Programm des Treffens besprochen. Es werden Erinnerungen hochkommen sowie Videopräsentationen und ein kulturelles Programm geben. Solche Treffen vereinen die Mitglieder der Autonomie“.

DAS GEBIET OMSK

Die Fotoausstellung „Das deutsche Wolgagebiet. Unvollendete Fotochronik“ wird in Omsk und in Asowo gezeigt. Die Ausstellung zeigt einzigartiges historisches Bildmaterial über das Leben in der deutschen Wolgaregion aus russischen und deutschen Staatsarchiven, von denen viele noch nie zuvor veröffentlicht wurden und die während der Vorbereitung der Ausstellung zum ersten Mal digitalisiert wurden. Zu sehen sind archivierte Aufnahmen über das traditionelle deutsche Alltagsleben, die schreckliche Hungersnot von 1921 bis 1922, den Wiederaufbau und die Entwicklung der Landwirtschaft und der Industrie der Republik, den Dienst in der Roten Armee und viele andere Aspekte des Lebens der deutschen Autonomie.

In den Stadtkreisen des Gebietes Omsk findet eine Promotionstour für das Album „Deportation und Trudarmisten in der Kunst von A. Wormsbecher“ statt. Das Album ist eine anschauliche Erzählung der Familiengeschichte des Künstlers, die dem Schicksal der meisten Sowjetdeutschen ähnelt.

Alle Gedenkveranstaltungen, die dem Gedenk- und Trauertag gewidmet sind, finden in allen Zentren der deutschen Kultur des Gebietes Omsk statt.

DAS GEBIET NOWOSIBIRSK

Im Deutsch-Russischen Haus des Gebietes Nowosibirsk wird das ganze Jahr über eine Ausstellung mit grafischen Werken unter dem Titel „Ich sehe, ich höre, ich fühle euch“ gezeigt. Im August wird die Bücherreihe „Erinnerung des Volkes“ veröffentlicht und es werden vier literarische Serien gedreht. Am Vortag des Gedenk- und Trauertages beginnt in dem Gebiet Nowosibirsk die Gedenkveranstaltung „Licht des Lebens“, bei der Kerzen entzündet werden. Am 28. August findet in der römisch-katholischen Kathedrale von Nowosibirsk ein geistliches Konzert, eine Andacht mit Niederlegung von Blumen an der symbolischen Tafel „Unschuldige Opfer der Repression“ und die Aktion „Echo“ statt, bei der Teilnehmer die Gedenkglocke in der Kathedrale läuten können. Außerdem finden am 28. August Gedenkveranstaltungen im Deutsch-Russischen Haus statt: das Requiem „Stimme des Lebens“ und die Niederlegung von Blumen am Gedenkzeichen für Russlanddeutsche.

In dem Gebiet Nowosibirsk und in 25 Zentren der deutschen Kultur werden Gedenkkonzerte, Diskussionen mit Schülern, eine Niederlegung von Blumen, Gebete und informierende Veranstaltungen stattfinden.

Wie in vielen anderen Regionen werden auch im Gebiet Nowosibirsk mehr als 600 ältere Russlanddeutsche Lebensmittelpakete erhalten. Im Rahmen der Aktion „Unsere Erinnerung“ erhalten 426 Opfer der Deportation eine erinnerungswürdige Auszeichnung, ein Teeset und eine warme Decke.

DIE REGION ALTAI

In der Region Altai wird es eine Präsentation des Albums „Erinnerung des Volkes“ von Iwan Friesen geben. Die Grafiken zeigen die tragischen Ereignisse in der Geschichte der Russlanddeutschen im 20. Jahrhundert. Die Werke des Künstlers basieren auf den Erinnerungen von Alteingesessenen und ehemaligen Sonderumsiedlern der Kirchendörfer Podsosnowo und Grischkowka im Deutschen Nationalrajon im Altai und von dem Künstler Iwan Friesen selbst. Dieses Projekt gewann beim gesamtrussischen Wettbewerb „Russlanddeutsche in der Avantgarde der Zukunft – 2021“.

Außerdem wird der Film „Zeit“ (Regisseur: Maxim Goldberg) gezeigt. Der Film erzählt vom Schicksal der Russlanddeutschen, die sich im Altai wiederfanden. Die Dreharbeiten erfolgten im Deutschen Nationalrajon, in den Stadtkreisen Mihajlowski und Kosihinski sowie in Barnaul.

Die Mitarbeiter der Zentren der deutschen Kultur der Region Altai werden die deportierten Dorfgenossen besuchen, Blumen am Denkmal niederlegen und Buchausstellungen sowie literarische und musikalische Treffen organisieren.

DAS GEBIET TOMSK

Im Park des Russisch-Deutschen Hauses Tomsk findet ein Freilichtmalerei-Wettbewerb für Kinder statt. Die Ausstellung der Werke kann man sich in der Eingangshalle des Hauses angucken.

Am 27. August findet ein ethnokulturelles Programm und die Niederlegung von Blumen am Trauerstein statt, bei dem sich Russlanddeutsche zu einer Schweigeminute für diejenigen versammeln, die bis zum heutigen Tag nicht überlebt haben. Nicht nur ältere Russlanddeutsche, sondern auch Vertreter der jüngeren Generation werden an den Veranstaltungen teilnehmen. Nach der Niederlegung am Trauerstein begeben sich die Teilnehmer zum Russisch-Deutschen Haus, wo ein literarischer und musikalischer Abend stattfinden wird. Aktivisten des Jugendklubs „Immer Jung“ und Mitglieder von Künstlergruppen werden kreative Darbietungen vorbereiten.

Gedenkkonzerte und Niederlegungen von Blumen werden auch in den Kirchendörfern Koschewnikowo, Urtam, Woronowo, Moltschanowo, Kriwoscheino, Syrjanskoje und Podgornoje stattfinden.

DAS GEBIET KEMEROWO

In der Region Kemerowo wird die literarisch-musikalische Komposition „Auf den Hügeln der Mandschurei“ nach dem gleichnamigen Werk von Gerold Belger aufgeführt. An der Aufführung werden Aktivisten des regionalen Jugendverbandes und Studenten des Staatlichen Kulturinstituts Kemerowo teilnehmen. „Auf den Hügeln der Mandschurei“ wird für die Bewohner von Taschtagol, Prokopjewsk und Kemerowo persönlich zu sehen sein, und alle anderen können sich ein Video der Inszenierung ansehen.

Außerdem wird der zweiteilige Film „Leben“ über die Deportation der Deutschen, die Arbeitsarmee und die Sondersiedlung im Gebiet Kemerowo gezeigt. Die Idee des Films ist es, der jüngeren Generation ein anständiges Beispiel für menschliche und familiäre Beziehungen zu zeigen, die trotz der Entbehrungen und schweren Situationen des Lebens die Liebe zu Kindern, Familie und der neuen Heimat Sibirien durch das Leben getragen haben. Der Film ist für ein breites Publikum bestimmt. Der erste Teil des Films heißt „Heimat“ und die Helden erzählen von den deutschen Siedlungen, in denen sie geboren wurden, und von den Ereignissen der Deportation. Der zweite Teil heißt „Kusbass“ und es handelt davon, wie die Protagonisten in diese Region kamen, wie sie während des Krieges in der Arbeitsarmee arbeiteten und wie sie in den Sondersiedlungen lebten. Die Filmvorführung findet an den Orten statt, an denen die Dreharbeiten stattgefunden haben: Kemerowo, Taschtagol, Prokopjewsk, Kisseljowsk, das Gebiet Jaschkinski und die Siedlung Ust-Kabyrsa.

Zusammen mit der Filmvorführung findet eine Präsentation der Zeitschrift „Westnik Koordinazionnowo soweta“ statt, die dem 80. Jahrestag der Deportation, dem 300. Jahrestag des Kusbass und dem Deutschlandjahr in Russland gewidmet ist.

In Kemerowo wird es den ganzen August über die persönliche Fotoausstellung „Die Trudarmisten von Kusbass“ von Dmitrij Werfel geben, und in Ust-Kabyrsa kann man im Gulag-Museum eine den Russlanddeutschen gewidmete Ausstellung „Zeit der Strapazen und Jahre der Hoffnung“ sehen.

Außerdem werden im Gebiet Kemerowo deutsche Jugendbegegnungen stattfinden, bei denen es eine literarische Lesung der Erinnerungen an die Trudarmisten in russischer und deutscher Sprache geben wird.

In der Stadt Jurga findet am 28. August die Gedenkveranstaltung „Den Opfern des Krieges“ statt. An der Gedenkstätte, die sich auf der Grabstätte der deutschen Sondersiedler befindet, wird ein Gedenkgottesdienst von katholischen und lutherischen Priestern durchgeführt. Im August wird im Museum für Heimatkunde eine Ausstellung über die Geschichte der Russlanddeutschen gezeigt.

Die Deportation der Sowjetdeutschen vor 80 Jahren ist ein Ereignis, das heute mehr als 500 öffentliche Organisationen der Deutschen in Russland verbindet. Die Erinnerung an diese Tragödie ist bis heute noch gegenwärtig.

Übersetzt aus dem Russischen von Evelyn Ruge

Rubriken: 80. Jahrestag der Deportation