In den 1930er Jahren hat die deutsche Sprache in der Wissenschaft die Rolle einer speziellen Weltsprache neben Englisch und Französisch gespielt. Eine Menge von Forschungsergebnissen und Lehrbüchern wurden auf Deutsch publiziert. Nach dem Zweiten Weltkrieg war ein großer Niedergang des Deutschen als Wissenschaftssprache zu beobachten. Bemerkenswert ist aber, dass die Erosion der deutschen Sprache weitergeht (Moskauer Deutsche Zeitung, Ausgabe Nr. 7 (398), April 2015).
In den 1930er Jahren hat die deutsche Sprache in der Wissenschaft die Rolle einer speziellen Weltsprache neben Englisch und Französisch gespielt. Eine Menge von Forschungsergebnissen und Lehrbüchern wurden auf Deutsch publiziert. Nach dem Zweiten Weltkrieg war ein großer Niedergang des Deutschen als Wissenschaftssprache zu beobachten. Bemerkenswert ist aber, dass die Erosion der deutschen Sprache weitergeht (Moskauer Deutsche Zeitung, Ausgabe Nr. 7 (398), April 2015).
Das Problem ist in der heutigen wissenschaftlichen Entwicklung sehr aktuell. Welche Folgen wird diese Veränderung haben? Wird das Verschwinden des Deutschen aus der Wissenschaft den Forschungsprozess beeinflussen? Soll und kann man etwas unternehmen, um Deutsch als Sprache im Wissenschaftsbereich zu schützen?
Der Erfolg von Wissenschaftlern wird danach bemessen, wie oft man von Kollegen zitiert wird. Aus der Gesamtzahl der Publikationen, die weltweit zitiert werden, kann man die internationale Stellung einer Sprache in der Wissenschaft bestimmen. Solche Datenbanken zeigen, dass Englisch im Wissenschaftsbereich heutzutage weltweit die am meisten benutzte Sprache ist. Wegen der Globalisierung und Internationalisierung existiert heute ein ganz besonderer wissenschaftlicher Bereich über Grenzen hinweg und damit die Notwendigkeit, eine gemeinsame Sprache zu haben, schnell und präzise zu kommunizieren sowie einheitliche Definitionen auszutauschen. Mit Hilfe einer gemeinsamen Sprache und auch durch das Internet bekommen wir die Chance, z.B. an großen Diskussionen teilzunehmen. Es ist sehr interessant, dass die Globalisierung die Entstehung des Internets fördert. Und Internet ist ja eine Art gemeinsames Denken. Diese „gemeinsame“ Linie lässt sich in vielen Aspekten unseres Lebens zurückverfolgen.
Der Werdegang des Englischen als gemeinsame Sprache ist ein natürlicher Prozess. Diese Sprache stellt man manchmal in eine Reihe mit Latein. Früher haben alle gebildeten Menschen Latein gelernt, und dies passiert auch heute mit Englisch. Es gibt trotzdem einen sehr wichtigen Unterschied. Latein zählt zu den sogenannten toten Sprachen, Englisch dagegen wird von etwa 500 Millionen Menschen als Muttersprache gesprochen.
Um heute international wirklich akzeptiert zu werden, sollten deutsche Wissenschaftler ihre Arbeiten auf Englisch veröffentlichen. Man sagt in wissenschaftlichen Kreisen: „Publiziere auf Englisch oder verrecke auf Deutsch.“ Ist das gerecht? Oder sollen wir eine Kunstsprache einführen, um allen Sprachen gleiche Positionen zu gewähren? Bevor wir diese Frage beantworten, sollten einige Punkte erklärt werden.
Das System der Sprache in der Wissenschaft kann man sich leicht mit Hilfe von zwei Ebenen vorstellen. Die erste Ebene ist die der Länder: Jedes Land benutzt seine eigene Sprache als Alltags- und Wissenschaftssprache. Die zweite Ebene steht höher und bildet eine besondere Ebene, wo alle Menschen mit Hilfe einer gemeinsamen Sprache kommunizieren. Die Wissenschaftssprachen der Länder spielen dabei die Rolle der Verkehrssprache zwischen den zwei Ebenen, damit sie einander wegen der Übersetzung beeinflussen können. Es ist sehr wichtig, zu verstehen, dass das Problem darin besteht, den Einfluss des Englischen auf die Verkehrsspache und so auch auf die Sprache des Landes nicht zuzulassen. Holgen Burckhard, Rektor der Universität Siegen, hat in einem Interview mal gesagt, Deutsch werde als Verkehrssprache vom Englischen verdrängt, und eben das führe – provokativ gesagt – zu einer geistigen Verarmung der deutschen Sprache. Jetzt können wir verstehen, was Holgen Burckhard gemeint hat.
Die Sprache jedes Landes – Alltags- oder Wissenschaftssprache – hat ein kulturelles Gedächtnis und eine eigene Weltanschauung. Das bedeutet, dass die Sprache nicht nur kommunikative, sondern auch eine kognitive Funktion hat. Das Finden von Hypothesen und Argumentationsketten gehört zu unserem Denken, und unser Denken beruht auf unserer Muttersprache. Das bedeutet, dass die Wissenschaftssprache des Landes immer eine Muttersprache sein sollte. Um eine eigene Sprache zu schützen, muss man den Verfahrensprozess gut regulieren. Dehalb können mehr Investitionen in Übersetzungen eine Lösung sein. Die englische Wissenschaftssprache hat heutzutage Fachbegriffe, die im Deutschen einfach nicht existieren. Außerdem gibt es schon unterschiedliche Studien aus den Niederlanden, Norwegen und Schweden, die beweisen, dass das Verständnis deutlich eingeschränkt ist, wenn man die Daten in einer anderen Sprache aufnimmt. Auf diese Weise verliert man etwa 25 Prozent der Informationen aus dem Text. Wenn deutsche Wissenschaftler alle englischen Fachbegriffe verstehen und sicher sein würden, dass alle in der Welt ihre Meinung verstehen können, dann gäbe es keine Gefahr für die inländische Sprache.
Noch eine Lösung dafür, wie man englische Publikationen besser verstehen könnte, hat Alexander Kekulé, Direktor am Institut für Medizinische Mikrobiologie an der Universität Halle-Wittenberg, vorgeschlagen. „Der beste Schutz vor englischen Kontaminationen der Alltagssprache ist, wenn möglichst viele Deutsche sehr gut Englisch sprechen“, so Kekulé.
Arina Prawdina