Am 22. und 23. Juli findet eine Online-Fachtagung „Lebenswelten von Russlanddeutschen in der Sowjetunion nach 1953 und bis heute“ statt. Die Veranstaltung findet kurz vor dem 80. Jahrestag der Deportation der Russlanddeutschen statt.
Deutschland und Russland blicken auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück. Im Laufe der Jahrhunderte bewegten sich ihre Beziehungen zwischen Faszination und Verachtung, Bewunderung und Ablehnung, Nähe und Fremdheit, Freundschaft und Feindschaft mittendrin die Russlanddeutschen, die das Russische Reich, die Sowjetunion und ihre Nachfolgestaaten vom Baltikum bis Zentralasien mitprägten und immer wieder auch in die Fänge der Zeit gerieten.
Anlässlich des 80. Jahrestages ihrer Deportation unter Josef Stalin stellen die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und der Internationale Verband der deutschen Kultur die Russlanddeutschen in den Fokus ihrer gemeinsamen historischen Online-Fachtagung „Lebenswelten von Russlanddeutschen in der Sowjetunion nach 1953 und bis heute“.
„Die Bedeutung der Veranstaltung sehe ich vor allem darin, dass sie eine der wichtigsten Informationsquellen für die deutsche Bevölkerung sein wird, um mehr über die Deutschen aus Russland als solche, aber auch über ihre komplexe Nachkriegsgeschichte und die Gründe für ihre massenhafte Umsiedlung nach Deutschland zu erfahren und damit ihre Integration in die deutsche Gesellschaft positiv beeinflussen kann“, sagt Arkadij German, Konferenzteilnehmer, Doktor der Geschichtswissenschaften und Professor an der Nationalen Staatlichen Forschungsuniversität Saratow.
„Alle Themen sind interessant und für die heutige Zeit aktuell. Die Diskussion kann mit jedem Thema des Seminars beginnen. Die Frage ist nur, wie interessiert das Publikum bei dem Seminar sein wird.
Es scheint mir, dass die am ehesten zu erwartende und recht scharfe Diskussion über „Die politische und rechtliche Situation der Russlanddeutschen in der Sowjetunion nach 1953“ sein könnte. Die Frage selbst ist aber meines Erachtens nicht ganz richtig formuliert. Wenn wir über die Sowjetunion sprechen, ist es richtiger, über die Sowjetdeutschen zu sprechen, es sei denn, es wird über ein bestimmtes Gebiet der RSFSR gesprochen.
In den historischen Perioden vor der Gründung der UdSSR und nach ihrer Auflösung ist die Verwendung des Begriffs ‚Russlanddeutsche‘ korrekt, weil er sich im ersten Fall auf alle Deutschen des Russischen Reiches und im zweiten Fall auf alle Deutschen im modernen Russland bezieht“, folgert der Historiker.
Folgend nun die Meinung von Professor Tatjana Ilarionowa, Doktorin der Philosophie: „Das Problem der Russlanddeutschen ist schon seit etwas mehr als 30 Jahre nicht mehr erforscht worden. Das ist nicht viel Zeit, um alle Prozesse erfassen.
Was den historischen Teil betrifft, die für die Diskussion auf der Fachtagung gewählt wurde, so ist dies ein sehr wichtiges Thema, da viele Prozesse in der sowjetischen Gesellschaft nach Stalins Tod begannen.
Es schien möglich, in vielen verschiedenen Bereichen Durchbrüche zu erzielen, aber das Beispiel der Russlanddeutschen zeigt, dass Gewalt, wenn sie einmal geschehen ist, ihre Wirkung haben kann. Auch wenn viele verdrängte Völker in ihre Heimat zurückkehren konnten, bleiben sie Opfer. Bisher sind alle Gebiete, aus denen Menschen gewaltsam vertrieben wurden, äußerst bedrückende Orte. Meiner Meinung nach hat die Verdrängung einen sehr bedeutenden, völlig unerforschten inneren Sinn.“
Am 22. Juli (14:30 Uhr Moskauer Zeit) und am 23. Juli (10:00 Uhr Moskauer Zeit) können Sie auf dem YouTube-Kanal der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen live an der Online-Fachtagung teilnehmen. Das Programm ist auch auf der Website der Stiftung zu finden.