Robert Ekke, ein Stand-up-Comedian und Drehbuchautor für Comedy-Shows, TV-Serien und Filme, traf sich kürzlich mit Elena, der Autorin des Portals RusDeutsch, im Diskussionsklub „Avantgarde“ in Barnaul. Anstatt an einem Vortrag teilzunehmen, entschieden sie sich für ein Interview über Humor, Kino, herzliche Familienbeziehungen und natürlich ethnische Identität.
In dem Gespräch reflektiert Robert Ekke darüber, wie es ist, als einziger Robert Ekke an einer Dorfschule zu sein und wie sein deutscher Nachname ihm heute beruflich zugutekommt. All dies erfahren Sie in diesem Artikel.
Der Komiker teilt zudem humorvoll und liebevoll Einblicke in seine Familie und erläutert, warum die „Avantgarde“ der Russlanddeutschen für ihn genau zur richtigen Zeit kam.
Lass mich mit einer kurzen Frage beginnen: Stell Dir vor, ich zünde ein Streichholz an und solange es brennt, hast Du Zeit, folgende Frage zu beantworten: „Wer ist Robert Ekke?“
Ein Showrunner.
Puh! Und das Streichholz ist erloschen.
Großartig!
Ja, ich bin ein Showrunner, was bedeutet, dass ich gleichzeitig Drehbuchautor, Komiker und Regisseur bin. Als Showrunner leite ich einen Film von der Idee bis zur Veröffentlichung. Ich schreibe entweder das Drehbuch selbst oder stelle ein Autorenteam zusammen und engagiere Regisseure für die Umsetzung des Films. Ich überwache den gesamten Prozess, um sicherzustellen, dass die Idee optimal umgesetzt wird.
Es ist kein Job nach Schema F; wir haben keine 5-Tage-Woche. Bei uns herrscht immer Trubel, aber es ist ein fantastischer Job, den ich liebe.
Hast Du die Handlungen für die Shows selbst ausgedacht?
Nun ja, alles, was im Fernsehen läuft, hat sich jemand erdacht. Meine Mutter ist immer noch enttäuscht, wenn sie erfährt, dass Schauspieler nicht immer ihre eigenen Witze machen.
Im Jahr 2022 wurden mein Freund und ich von einer Filmproduktionsgesellschaft engagiert, um eine TV-Serie für sie zu entwickeln. Unser Drehbuch hat ihnen gefallen und nach langem Warten auf die Dokumente haben wir schließlich den Vertrag unterzeichnet. Zwei Wochen später rief mein Agent an und sagte, dass wir zu einer Lesung bei einem berühmten Regisseur gehen sollten, der auf der Suche nach einer TV-Serie war. Wir trafen ihn und er fragte: „Haben sie so etwas schon einmal gemacht?“. Wir antworteten ehrlich: „Nein“.
Zwar hatten wir bereits Erfahrung gesammelt, aber nicht in diesem Maße. Letztendlich kaufte er uns die TV-Serie ab. Das war wohl der Moment, als wir wirklich Fuß in der Branche fassten. Vor Kurzem haben wir einen Spielfilm für ihn gedreht und arbeiten nun an einer weiteren TV-Serie.
Im Sinne eines Wirtschaftsmagazins wollte ich nach Deinem Erfolgsgeheimnis fragen.
Nun, erstens: Humor. Und zweitens: Ich habe immer wieder Zweifel daran, was passiert.
Ich wurde in einer sehr kleinen Ortschaft mit nur 3000 Einwohnern geboren. Kennst Du das? Dort kannte wirklich jeder jeden, nicht nur vom Nachnamen her, sondern es wurde noch viel persönlicher. Es sind Sätze wie „Deine Mutter arbeitet dort“ gefallen. Und jetzt bin ich genauso und sage: „Oh, ich habe Kontakt zu dieser Person, die Leute kennen ihn, er hat da drüben gewohnt. Das ist wirklich cool. Wie wird es wohl weitergehen?“ Das macht mich glücklich.
Ich möchte Dir nun meine Gedanken mitteilen und bitte Dich, darauf zu reagieren, ob sie zutreffend sind. Ich sehe es so, dass Deine Fähigkeit, Menschen zum Lachen zu bringen und Geschichten humorvoll zu erzählen, eine angeborene Eigenschaft von Dir ist. Es ist nicht nur Teil Deiner Arbeit als Stand-up-Comedian und Drehbuchautor, sondern es ist einfach ein Teil Deiner Persönlichkeit im Leben.
Genau! Man hat immer die Wahl, ob man nach jemandem sucht, dem man die Schuld geben kann, oder ob man die Situation mit Humor betrachtet, Positives findet und voranschreitet.
Ich denke, das ist auch ein Grund, warum Regisseure gerne mit uns arbeiten.
In TV-Serien und Filmen gibt es ebenfalls Situationen, in denen der Protagonist einen Ausweg finden muss. Ich glaube, all das hängt zusammen.
Wie hat sich diese Eigenschaft in Dir entwickelt?
Meine Mutter ist sehr gut im Witze erzählen und ich habe schon immer Komödien gemocht. Als Kind, als ich „Star Wars“ sah, dachte ich immer: „So etwas würde ich nie erschaffen“. Lass mich das erklären. Hast Du den Film „Bruce Allmächtig“ gesehen? Es ist eine leichte Komödie, aber die Botschaft lautet: Wenn du ein Wunder sehen willst, musst du das Wunder selbst tun. Ganz einfach. Wenn man sich jedoch „Star Wars“ genauer ansieht, gibt es auch dort eine einfache Idee über einen Vater, aber alles ist so kompliziert drum herum.
Schon als Kind kam mir der Gedanke: Man sollte nicht zu lange an einem Problem festhalten, sondern es schnell lösen und sich dem nächsten zuwenden (wir lachen).
Ich rufe meine Eltern jeden Tag an, wir haben ein sehr herzliches Verhältnis und sie inspirieren mich. Nun trage ich dieses Verständnis in mir. Auch gestern nach der Aufführung haben wir darüber gesprochen, dass niemand für immer bleibt (Anm. d. Red.: Olga Schutschkowas One-Woman-Show „Swjataja Ju“ im Programm des Diskussionsklubs).
Wir sollten mit unseren Verwandten sprechen, ihre Geschichten erfahren und uns an sie erinnern.
Jetzt setze ich solche Ideen in Filmen um. Vielleicht werde ich in fünf Jahren andere Themen als Elternteil in die Filme einbringen, wie die Fürsorge für Kinder.
Erzähle mir mehr über Deine Familie.
Oh... Ich liebe sie so sehr! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich habe einen Stiefvater, einen jüngeren Bruder und eine Mutter. Außerdem habe ich viele Verwandte in Deutschland.
Meine Eltern sind nach Moskau gezogen und jetzt wohnen wir nur 20 Minuten voneinander entfernt.
Meine Mutter ist sehr humorvoll und die Art und Weise, wie sie und mein Stiefvater miteinander harmonieren, ist einfach herrlich komisch.
Es ist so herzlich und das hält die Beziehungen intakt.
Ja! Früher habe ich mich ein wenig dafür geschämt. Ich habe in einer Organisation gearbeitet, in der alle jung waren, zwischen 22 und 28 Jahren alt. An den Wochenenden konnte ich mit meinen Eltern spazieren gehen, grillen oder ähnliches unternehmen. Wir haben also eine warme und freundschaftliche Beziehung zueinander. Bei den jungen Leuten in der Organisation schien es jedoch so, als würden sie sich mit ihren Eltern in Streit befinden.
Nach dem Wochenende tauschen wir uns immer darüber aus, was wir gemacht haben. Wenn ich dann über meine Familie spreche, höre ich oft: „Wirklich? Du warst mit Deinen Eltern unterwegs?“ Anfangs fühlte ich mich deswegen etwas unbehaglich. Doch dann begann ich die Situation zu analysieren und dachte: „Wenn du ein schlechtes Verhältnis zu deiner Mutter hast, ist das letztendlich deine eigene Schuld. Du solltest daran arbeiten.“
Da wir gemeinsam am Projekt „Russlanddeutsche“ arbeiten, möchte ich gerne das Thema „Familie“ vertiefen und Dich bitten, die Geschichte Deiner deutschen Seite zu erzählen.
Als ich zu diesem Treffen eingeladen wurde, fühlte es sich an, als hätte ich nur darauf gewartet, mich für dieses Thema zu interessieren.
Ich werde alles teilen, was ich bereits weiß. Aber ich verspreche Dir, dass ich beim nächsten Mal noch mehr Wissen mitbringen werde. In letzter Zeit habe ich begonnen, Verwandte anzurufen und mehr über unsere Familiengeschichte zu erfahren.
Meine Verwandten lebten im Altai in dem Dorf Giljowo. Meine Großeltern hatten zwei Söhne: meinen Vater und einen älteren Sohn, mein Onkel Wowa, der nach Deutschland auswanderte. Mein Vater verliebte sich in meine Mutter, die in Kasachstan lebte, und zog zu ihr. In den 1990er Jahren zogen viele Verwandte nach Deutschland und ich besuche sie gelegentlich.
Zu Beginn des Jahres hatte ich die Idee, Deutsch zu lernen und habe mir sogar eine Liste mit Zielen erstellt.
Nach einem Tag in der Diskussionsklub-Atmosphäre und Gesprächen mit den Leuten, wie fühlst Du Dich jetzt? Was waren Deine Erwartungen und wie erlebst Du es bisher?
Als ich hierherkam, hatte ich das Gefühl, dass es Spaß machen würde und hier viel los sein würde – und genau so ist es. Es macht Spaß hier zu sein und es gibt viele interessante Gespräche.
Die „Avantgarde“ ist wirklich eine tolle Gemeinschaft. Ich möchte nicht behaupten, dass ich der Beste bin, aber hier sind Menschen aus verschiedenen Städten versammelt, und sie sind alle wirklich interessant und engagiert, egal wen man trifft. Die Regel „Iss nicht allein und sitze nicht allein im Bus“ funktioniert hier perfekt.
Schon am ersten Tag habe ich gelernt, dass man sich mit seinen Verwandten unterhalten sollte, denn das Leben ist kurz. Wenn ich zum Beispiel meine Großmutter in Deutschland anrufe, reden wir über den heutigen Tag. Trotzdem sollte man immer ein Stück Papier und einen Stift bereithalten, um alles Wichtige festzuhalten.
Hilft Dir Dein Name, Robert Ekke, bei Deiner Selbstvermarktung?
Ja, der Name klingt cool und ist leicht zu merken. Dennoch gibt es immer noch Leute, die mich fragen: „Wie heißt Du wirklich?“ Anfangs antwortete ich immer mit „In Wirklichkeit heiße ich Robert“. Mittlerweile sage ich jedoch gerne: „Naja, Wanjok“ (Anm. d. Übers.: Spitzname des Namens Ivan). Das macht Spaß!
Gerne beende ich meine Interviews mit einem Wunsch an die Leser, basierend auf unseren Gesprächen und der allgemeinen Stimmung. Was wünschst Du unseren Lesern?
Ich möchte eine Geschichte von meinem Freund teilen über einen Mann, der sich in einer schwierigen Lebenssituation befand. Jeden Morgen wiederholte er wie ein Mantra: „Welcher Tag ist heute?“ „Naja, Dienstag.“ „Nein, heute ist der beste Tag. Welcher Tag ist morgen? Morgen ist ein bisschen besserer Tag als heute.“
Ich wünsche unseren Lesern, dass sie mit einem Lächeln im Gesicht wissen, dass heute der beste Tag ist und morgen noch ein bisschen besser sein wird.
Übersetzt aus dem Russischen von Evelyn Ruge