Am vergangenen Wochenende, dem 26. und 27. Oktober, fand in Tjumen das bedeutende Projekt „Meine ethnische Identität“ statt. Dieses Vorhaben hat sich zum Ziel gesetzt, die ethnische Identität der Aktivisten aus Jugendclubs zu bewahren und weiterzuentwickeln, indem die Genealogie und Geschichte ihrer Familien erforscht wird. Das Projekt zog Aktivisten und Vertreter des Jugendclubs der Russlanddeutschen aus Tjumen sowie den umliegenden Gebieten Tjumen, Isetski und Nischnetawdinski an. Diese Teilnehmenden setzten sich dafür ein, ihre Familiengeschichte zu erkunden und ihr kulturelles Erbe zu bewahren.
Der erste Tag des Projekts war einer theoretischen und praktischen Einführung in die Geschichte der Russlanddeutschen gewidmet. Die Vorträge zur Geschichte wurden von Alexej Buller gehalten, einem Forscher an der Staatlichen Universität Tjumen sowie Referenten für föderale und regionale Projekte des Internationalen Verbands der deutschen Kultur (IVDK) und des Jugendrings der Russlanddeutschen (JdR). Die Teilnehmenden erhielten Einblicke in die entscheidenden Etappen der Umsiedlung der Deutschen ins Russische Reich, ihren Beitrag zur Entwicklung der Region sowie die Herausforderungen, mit denen ihre Vorfahren konfrontiert waren. Dieses Wissen ermöglichte es den Teilnehmenden, ihre Wurzeln besser zu verstehen und ein starkes Interesse an weiteren Forschungstätigkeiten zu entwickeln.
Nach den geschichtlichen Vorträgen begrüßte die Genealogie-Referentin Oxana Usmanowa, die Eigentümerin des Museums der Geschichte von Tjumen, die Teilnehmenden. Im Anschluss daran folgte ein praktischer Teil, in dem sie lernten, wie man mit Archivdokumenten arbeitet, Anträge beim Standesamt und anderen staatlichen Stellen stellt sowie moderne Online-Dienste nutzt, um Informationen über ihre Vorfahren zu recherchieren.
In der Pause zwischen den ernsten und bedeutenden Themen erfreuten sich die Aktivisten am Auftritt des deutschen Gesangsensembles „Quelle“. Die Gruppe präsentierte zwei Lieder in deutscher Sprache.
Während des Programmpunkts zur Identität diskutierten die Teilnehmenden über die Wichtigkeit der Bewahrung von Familientraditionen und darüber, wie das Wissen um die eigene Familiengeschichte dazu beiträgt, den Kontakt zu den eigenen Wurzeln aufrechtzuerhalten und das kulturelle Erbe an zukünftige Generationen weiterzugeben. Die Teilnehmenden erhielten Einblick in die Konzepte der ethnischen und staatsbürgerlichen Identität und erkannten den Unterschied zwischen sozialer und persönlicher Identität. Dieser Programmpunkt wurde von Margarita Hirschfeld, der Vorsitzenden des Jugendrates der Uraldeutschen und Projektleiterin, geleitet.
Im Verlauf des Tages führte Iwan Semzow, ein Deutschlehrer der kommunalen autonomen allgemeinbildenden Einrichtung „allgemeinbildende Schule Nr. 5“ in Tjumen, ethnokulturelle Pausen für die Aktivisten durch. Dabei setzte er spielerisch die deutsche Sprache ein und organisierte am Ende des Tages ein ethnokulturelles Quiz.
Am zweiten Tag des Projekts kehrten die Teilnehmenden zur Geschichte der Russlanddeutschen zurück. Sie arbeiteten mit Landkarten und betrachteten die Geschichte ihres Landes sowie die der Russlanddeutschen anhand ihrer eigenen Familiengeschichten.
Anschließend nahmen sie an einem Workshop über die Bewahrung des historischen Gedächtnisses teil, geleitet von Jewgenia Bogomolowa, der Referentin für Genealogie. Jewgenia vermittelte Techniken zur Arbeit mit Archiven sowie zur Analyse alter Fotos und Dokumente. Besonderes Augenmerk legte sie auf den Einsatz moderner Technologien zur Systematisierung der gesammelten Informationen und zur Erstellung elektronischer Versionen von Stammbäumen.
Natürlich durfte auch der Spaß nicht zu kurz kommen: Das Projekt bot fröhliche Tänze der Russlanddeutschen. In einem Workshop unter der Leitung von Iwan Semzow hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, fünf Tänze zu erlernen.
Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion statt, in der Experten und Teilnehmende gemeinsam über Quellen und Online-Dienste zur Ahnenforschung diskutierten. Sie teilten ihre persönlichen Erfahrungen mit der Nutzung dieser Ressourcen. Jeder Teilnehmende hatte zudem die Möglichkeit, einen individuellen Handlungsplan für die weitere Erforschung seiner Vorfahren zu erstellen. Mit einer Checkliste im Gepäck kehrten sie nach Hause zurück, um ihre Arbeit fortzusetzen.
Am Ende des Projekts bildeten die Aktivisten Teams und traten in einem Quiz über die Geschichte, Kultur und Küche der Russlanddeutschen gegeneinander an.
Am Ende des Projekts erwarben die Teilnehmenden nicht nur wertvolle Kenntnisse, sondern auch Fähigkeiten, die es ihnen ermöglichen werden, ihre Familiengeschichte eigenständig weiter zu erforschen. Viele äußerten den Wunsch, auch Verwandte und Freunde in diesen Prozess einzubeziehen, was auf ein wachsendes Interesse an der Bewahrung der ethnischen und kulturellen Identität innerhalb der Familie hinweist.
„Geschichte ist nicht das Zurückblicken von der Gegenwart in die Vergangenheit, sondern vielmehr das Verständnis der Vergangenheit aus der Perspektive der Gegenwart.
Als Ergebnis des Projekts kann ich mit Sicherheit sagen, dass die Teilnehmenden, nachdem sie wirklich in die Geschichte der Russlanddeutschen eingetaucht sind, in der Lage waren, in die Gegenwart zu schauen und ihre Wurzeln und ihre Geschichte besser zu verstehen.
Ich danke allen Beteiligten für ihren Einsatz bei diesem Projekt, das einen zusätzlichen Anstoß zur Steigerung des Interesses an den Tätigkeiten der Organisationen gegeben hat, die sich für die Bewahrung und Präsentation der Kultur der Uraldeutschen in Tjumen einsetzen“, sagte Alexej Buller.
Das Jugendprojekt zur Genealogie und Geschichte „Meine ethnische Identität“ wurde mit finanzieller Unterstützung des IVDK sowie organisatorischer Unterstützung durch die Föderale National-Kulturelle Autonomie der Russlanddeutschen, die öffentliche Organisation „Regionale National-Kulturelle Autonomie der Deutschen in Tjumen“ und das Zentrum der deutschen Kultur in Tobolsk realisiert. Der Jugendrat der Uraldeutschen und das Komitee für Nationalitäten des Gebiets Tjumen unterstützten das Projekt mit Informationen.
Übersetzt aus dem Russischen von Evelyn Ruge