In den Städten der zentralen und nordwestlichen Regionen Russlands wurden Trauermaßnahmen zum Gedenktag der Opfer politischer Repressionen veranstaltet. Seit mehr als zehn Jahren gestaltet das Begegnungszentrum der Russlanddeutschen in der Stadt Kotlas eine stadtweite Trauerveranstaltung zum Gedenken an die Opfer politischer Repressionen.
„Seit zehn Jahren versuchen wir, Gedenkveranstaltungen so zu organisieren, dass sie nicht nur für uns interessant sind – die Töchter und Söhne der Überlebenden der Arbeitsarmee, sondern auch für die jüngere Generation“, sagt Galina Petrowa (Rakko), Leiterin des Begegnungszentrums der Russlanddeutschen Kotlas. „Seit mehr als zehn Jahren organisieren wir zum Tag der Opfer politischer Repressionen eine stadtweite Veranstaltung mit einer Aufgabe: Informationen über das tragische Schicksal ihrer Großväter und Urgroßväter aufzuzeichnen, zu bewahren und an junge Menschen weiterzugeben, die trotz Repressionen, politischer Verfolgung und Abneigung gegen die Behörden ihre Arbeit und ihr Wissen auf den Altar des Großen Sieges legten. Unsere Väter bauten in kurzer Zeit die Nordbahn, die für den Sieg über Nazismus von großer Bedeutung war. Sie opferten ihre Leben, um die legendäre Brücke über die Nördliche Dwina zu bauen, über die noch heute Züge in den russischen Norden fahren.“ Galina Pawlowna sprach über das Schicksal der Familien Schäfer und Kepplin, die durch Deportation aus dem deutschen Wolgagebiet in die raue Nordregion vertrieben wurden.
Die Leiterin des Makaricha-Schulmuseums, Militina Klapijuk, erzählte die Geschichte des Baus der Nordbahn und der Errichtung eines Denkmals für die Bauarbeiter im Dorf Wytschegodski. Das Denkmal war auf Initiative eines ehemaligen Gulag-Häftlings und Teilnehmers am Bau der Straße, des Schriftstellers und Publizisten Michail Pusyrew errichtet worden. Fast zehn Jahre lang hatte der ehemalige Gulag-Insasse dafür gekämpft, das Andenken seiner Kameraden aufrechtzuerhalten.
Bei der Veranstaltung sprach die Leiterin der Abteilung der Kotlas-Zentralbibliothek, Olga Anissimowa, über den Kotlas-Transfer, den Tausende von Menschen durchgemacht haben, darunter berühmte Künstler, Ingenieure und Architekten Boris Kreitzer, Michail Rudakow, Mark Schitnizki, Pjotr Feudysch, Nikolai Lanssere und andere.
In Uslowaja, das seit dem Großen Vaterländischen Krieg der historische Wohnort der Russlanddeutschen ist, wurde eine Trauerveranstaltung zum Gedenken an die Opfer politischer Repressionen auch durchgeführt. Hier, auf dem Gebiet des ehemaligen Stalinogorsk und seiner Umgebung, befanden sich die Minen des Kohlebeckens des Gebietes Moskau. In den ersten Kriegsjahren trafen hier zahlreiche Arbeitskonvois ein, zu deren Aufgaben die Wiederherstellung der nach der Nazi-Besatzung zerstörten Bergwerke und die Versorgung der Front mit Kohle gehörten. Die Hauptzusammensetzung dieser Kolonnen bestand aus Soldaten der russlanddeutschen Arbeitsarmee, die aus dem Wolgagebiet deportiert worden waren. Sie mussten nicht nur die Minen aus den Ruinen wiederherstellten, sondern auch eine kontinuierliche Versorgung der Front mit energiewichtigen Rohstoffen sicherstellten.
Vor zehn Jahren wurde in Uslowaja am Sowjetskaja-Platz ein Denkmal für die Opfer politischer Repressionen errichtet. Und seitdem kommen jedes Jahr Aktivisten der Lokalen Deutschen National-kulturellen Autonomie hierher, um das Andenken ihrer Eltern und Großväter zu ehren, die nicht nur die Repressionen überlebten, sondern es auch schafften, die Kultur und Traditionen ihres Volkes zu bewahren. „Unsere Väter und Mütter, die alle Schwierigkeiten der Deportation ertragen mussten, beklagten sich nicht über ihr Schicksal“, so Lidia Schaganowa, Leiterin der Lokalen Deutschen National-kulturellen Autonomie Uslowaja.
„Sie haben alles getan, um uns Kindern die besten Eigenschaften unseres Volkes zu vermitteln: Gesetzestreue, Fleiß, Pünktlichkeit. Und heute besteht unsere Hauptaufgabe darin, die Erfahrungen und Traditionen unserer Väter an unsere Kinder und Enkel weiterzugeben.“