Dr. Christoph Bergner über nachträgliche Einbeziehung naher Angehöriger im Härtefall


  Im Dezember letzten Jahres ist das  Änderungsgesetz zum Bundesvertriebenengesetz in Kraft getreten. Demnach ist nun im Härtefall eine nachträgliche Einbeziehung des Ehepartners oder Abkömmlings  in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers, der nach § 4 BVFG nach Deutschland gekommen ist, möglich. Über das 9. Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes äußert sich der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Dr. Christoph Bergner.

Im Dezember letzten Jahres ist das Änderungsgesetz zum Bundesvertriebenengesetz in Kraft getreten. Demnach ist nun im Härtefall eine nachträgliche Einbeziehung des Ehepartners oder Abkömmlings in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers, der nach § 4 BVFG nach Deutschland gekommen ist, möglich.

Nach der bisherigen Rechtslage musste der Spätaussiedler vor der Ausreise einen Antrag auf Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung stellen. Zurückgebliebene Familienangehörige, die die Voraussetzungen des § 4 BVFG nicht erfüllen, haben keine Möglichkeit des Nachzugs. Das Problem, dass nahe Angehörige selbst nach schweren Schicksalsschlägen nicht zu ihren Familien nach Deutschland nachziehen durften, wurde von betroffenen getrennten Familien immer wieder an mich herangetragen.

Im Bundesministerium des Innern wurde deshalb ein entsprechender Änderungsvorschlag des Bundesvertriebenengesetzes erarbeitet, der vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde. Auch wenn ich weiß, dass damit nicht alle Wünsche der Familienzusammenführung erfüllt werden können, bin ich froh, dass den von besonderen Schicksalsschlägen betroffenen Familien nun mit der nachträglichen Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers geholfen werden kann.

Voraussetzungen für die nachträgliche Einbeziehung

Der in Deutschland lebende Spätaussiedler kann die nachträgliche Einbeziehung seines Ehegatten oder Abkömmlings, der noch im Herkunftsgebiet lebt, beantragen, wenn

  • nach seiner Aussiedlung Lebensumstände eingetreten sind, die sich belastend auf die familiäre oder persönliche Situation auswirken und deren Folgen durch familiären Beistand gemildert werden können

und

  • die Voraussetzungen vorliegen, die der Abkömmling oder Ehegatte auch bei einer Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung erfüllen muss:

- er besitzt Grundkenntnisse der deutschen Sprache (es sei denn, er kann aufgrund einer Behinderung keine deutschen Sprachkenntnisse erwerben)

- es gibt keine Ausschlussgründe (§ 5 BVFG - dazu würde z.B. die frühere Ausübung einer Funktion gehören, die für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Systems als bedeutsam galt)

Belastende Umstände

Die nachträgliche Einbeziehung des erwachsenen Abkömmlings eines Spätaussiedlers, der sich zunächst entschlossen hatte im Herkunftsgebiet zu bleiben und inzwischen als einziger Vertreter seiner Familie dort allein lebt, kann nun im Härtefall vom Spätaussiedler beantragt werden. Abkömmlingen von Spätaussiedlern ist der Nachzug zu den Eltern auch möglich, wenn diese pflegebedürftig werden oder aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters oder ihrer Krankheit besonders gravierend unter der Trennung von ihren engsten Familienangehörigen leiden. Ein Kind, dessen Sorgeberechtigte verstorben oder nicht mehr in der Lage sind, für das Kind zu sorgen, kann nun nachträglich in den Aufnahmebescheid seiner Großmutter oder seines Großvaters aufgenommen werden, wenn diese die Personensorge übernehmen.

Wie es in der Gesetzesbegründung heißt, „reicht die Trennung des Spätaussiedlers von seinem Ehegatten oder seinem Abkömmling allein nicht. Sie ist regelmäßige Folge der Aussiedlung, wenn der Spätaussiedler sich entscheidet, ohne seinen Ehegatten und alle seine Abkömmlinge auszusiedeln. Daher müssen zusätzliche, härtefallbegründende Umstände in der Person des Spätaussiedlers oder des Einzubeziehenden vorliegen“.

Möglicherweise werden Sie einwenden, dass alle Menschen darunter leiden, wenn ihre Familien über die Ländergrenzen hinweg getrennt sind. Warum wird die Trennung der Familie allein nicht als Härtefall anerkannt?

Eigentlich ist der Nachzug erwachsener Familienangehöriger nach Deutschland nicht möglich. Für Spätaussiedler und ihre Angehörigen wurde nun eine besondere Regelung im Vertriebenenrecht gefunden. Dass dies überhaupt möglich war, erklärt sich aus der besonderen Verantwortung des deutschen Staates für die Russlanddeutschen, deren Familien wegen ihrer deutschen Volkszugehörigkeit besonders lange unter den Nachwirkungen des 2. Weltkrieges zu leiden hatten.

Deutsche Sprachkenntnisse

Ich weiß, dass es oft - gerade in abgelegenen Gegenden - nicht einfach ist, sich deutsche Sprachkenntnisse anzueignen. Trotzdem konnte der Gesetzgeber auf diese Bedingung nicht verzichten. Schließlich können bei der nachträglichen Einbeziehung nicht andere Voraussetzungen verlangt werden als bei der Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung. Auch sind - und das sollte man nicht außer Acht lassen - deutsche Sprachkenntnisse für eine erfolgreiche Integration in Deutschland unerlässlich.

Antragstellung

Den Antrag auf nachträgliche Einbeziehung seines Angehörigen muss der Spätaussiedler in Deutschland stellen. Der Antrag ist an das Bundesverwaltungsamt in 50728 Köln zu richten. Das Bundesverwaltungsamt teilt dann mit, welche Unterlagen und Nachweise einzureichen sind. Es prüft die Anträge und entscheidet über die nachträgliche Einbeziehung. Der Spätaussiedler erhält von dort einen schriftlichen Bescheid.

Weitere Informationen finden Sie auch im Internet auf der Seite des Bundesverwaltungsamtes: www.bundesverwaltungsamt.de.

Dr. Christoph Bergner

Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten

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