„Wir leben, solange die Erinnerung lebt“

Alles begann mit dem Traum des Administrationsleiters des Dorfes Polewoje, Deutscher Nationaler Rayon (DNR), Andrej Bedarew, den Obelisk zu Ehren der im Großen Vaterländischen Krieg gefallenen Soldaten, Werktätigen des Hinterlandes und Trudarmisten zu renovieren und zu rekonstruieren. So oft er vor der mittelhohen Granitsäule mit Ehrentafel, zu der eine kleine gekachelte Allee führte, stand, stellte er sich vor, wie schön es wäre, hier die Erde aus den Heldenstädten zu sammeln. Desweiteren wünschte sich der Dorfleiter, die geschichtliche Ungerechtigkeit zu beheben und die Namen der Landsleute, die während der Kriegsjahren zur Zwangsarbeit mobilisiert wurden, und die alle schon gestorben sind, zu verewigen. Damals wusste Andrej Bedarew nicht, dass seine Träume sich verwirklichen würden (Zeitung für Dich, Ausgabe Nr. 5 (3750), Mai 2015). 

Alles begann mit dem Traum des Administrationsleiters des Dorfes Polewoje, Deutscher Nationaler Rayon (DNR), Andrej Bedarew, den Obelisk zu Ehren der im Großen Vaterländischen Krieg gefallenen Soldaten, Werktätigen des Hinterlandes und Trudarmisten zu renovieren und zu rekonstruieren. So oft er vor der mittelhohen Granitsäule mit Ehrentafel, zu der eine kleine gekachelte Allee führte, stand, stellte er sich vor, wie schön es wäre, hier die Erde aus den Heldenstädten zu sammeln. Desweiteren wünschte sich der Dorfleiter, die geschichtliche Ungerechtigkeit zu beheben und die Namen der Landsleute, die während der Kriegsjahren zur Zwangsarbeit mobilisiert wurden, und die alle schon gestorben sind, zu verewigen. Damals wusste Andrej Bedarew nicht, dass seine Träume sich verwirklichen würden (Zeitung für Dich, Ausgabe Nr. 5 (3750), Mai 2015).

Die Ideen des Dorfleiters unterstützte man im hiesigen Zentrum der deutschen Kultur „Edelweiß“. Das Kollektiv des Zentrums unter der Leitung von Marina Wilms redete keine großen Worte. Zusammen mit der Dorfadministration krempelte man die Ärmel hoch und machte sich an die Sache. Vorerst bereiteten sie die Projektdokumentation vor und lieferten diese an den Internationalen Verband der deutschen Kultur (IVDK). Bei Mithilfe dieses Verbandes wurden 140 Tausend Rubel in dieses Projekt investiert.

ERINNERUNG OHNE GRENZEN

Als die Polewojer beschlossen, die Erde aus den Heldenstädten zu sammeln, konnten sie nicht ahnen, dass diese Idee solchen weiten Ausmaß annimmt und der Name ihres kleinen Dorfes aus der Kulunda-Steppe mit etwa 1400 Einwohnern nicht nur in vielen Städten, sondern auch in mehreren Ländern bekannt wird.

Zuerst wendete sich Andrej Bedarew an die Menschen durch das Internet. Er unterbreitete seine Idee, die Erde von den Denkmälern oder von den Stellen der Kämpfe in den Heldenstädten zu sammeln, an verschiedene Gruppen der Sozialnetze. Die erste Stadt, die dem Ruf aus Polewoje schon in einer Stunde Folge leistete, war die Stadt Noworossijsk. Da antwortete die Familie Bednenko. Die ganze Familie mit Kindern ging zum Memorialkomplex „Malaja semlja“, um hier die Erde für die Polewojer zu entnehmen. Während dieser Aktion erzählten die Eltern ihren Kindern über den Heldentrupp der Marineinfanterie, der im Jahre 1943 225 Tage das kleine Stück Erde am Ufer des Schwarzen Meers in Noworossijsk mutig verteidigte. Dabei erfuhren die Kinder auch von dem kleinen Dorf Polewoje in der Altairegion, das sich solche große Sache vorgenommen hatte. Dann schickte diese Familie selbst die Erde nach Polewoje. Ein bisschen später bekam Andrej Bedarew noch einen Brief aus Noworossijsk von der Familie Borowik, die auch Erde vom Denkmal schickte. So bekamen die Polewojer erst zwei Postsendungen mit Ehrenerde aus Noworossijsk. Alle Kontakte mit Noworossijsk koordinierte dabei Jekaterina Rogotnjowa über das Internet.

Fast jede Postsendung mit Heiliger Erde war mit einer interessanten Geschichte verbunden. Die Bitte von Andrej Bedarew um die Erde für das Polewojer Denkmal griffen auch die Fernseherjournalisten auf. Einige von ihnen machten Reportagen über diese Aktion. Darunter war Marija Krizkaja, Journalistin von der Krim. Sie machte eine Reportage über die Übergabe der Erde aus dem Herzen der Heldenstadt Kertsch von der Bergspitze Mitridat, wo sich der Ruhmesobelisk für die unsterblichen Helden und ein ewiges Feuer befinden. Mit großem Enthusiasmus und mit Fernsehreportagen meldeten sich die Journalisten aus der Krimstadt Sewastopol und der belorussischen Heldenstadt Brest. Sie selbst wandten sich an die Mitarbeiter der hiesigen Memoriale. In Sewastopol wurde die Erde von Mitarbeitern des geschichtlichen Memorialkomplexes „Die 35. Uferbatterie“ entnommen. Diese Erde wurde dann in eine Hülse von einer Fliegerabwehrkanone gelegt und nach Polewoje geschickt.

In Brest nahm sich neben den Journalisten die Mitarbeiterin der Stadtadministration Maria Perwuschina aktiv der Sache an. In dieser Stadt wurde auch eine Reportage darüber gemacht, wie die Mitarbeiter des Memorialkomplexes „Brester Festung - Held“ und des Verteidigungsmuseums der Brester Festung die Heilige Erde für das kleine Dorf Polewoje feierlich entnahmen. Aus Smolensk bekam Andrej Bedarew mit der Erde ein Video über die Stadt und einen Brief von dem pädagogischen und Kinderkollektiv der „Smolensker Kadettenanstalt namens Feldmarschall Kutusow“, das an diesem Projekt bereitwillig teilnahm. Die schwierigsten Städte waren Odessa und Kiew in der Ukraine. Hier leistete Pawel Lamejko, Fahrer aus Odessa mit großer Begeisterung dem Ruf von Andrej Bedarew Folge. In Odessa entnahm er die Erde vom Memorial, das den harten Abwehrkämpfen der 411. Uferbatterie gewidmet ist. Um die Erde aus Kiew zu nehmen, musste er eine Reise von über 500 Kilometern unternehmen, nachdem auch noch das Problem aufkam, wie man die Erde nach Russland bringen sollte. Pawel Lamejko war gezwungen, einen Menschen zu finden, der mit dem Zug aus der Ukraine nach Russland reiste und sich bereit erklärte, diese Packung mitzunehmen. Diese Aktion begann noch im Dezember 2014, und nur im April 2015 traf diese Packung trotz aller Schwierigkeiten in Polewoje ein.

Auch die Einwohner des Dorfes Polewoje wie auch des ganzen Deutschen Nationalen Rayons schlossen sich dem Prozess aktiv an. Die LKW-Fahrer brachten die Erde aus Moskau, Petersburg und Murmansk. Die Einwohnerin des Dorfes Kussak Ljubow Denissenko brachte die Erde aus Minsk. Der Veteranenrat und die hiesige Mittelschule sorgten dafür, um die Erde aus Smolensk und Tula zu bekommen. Die letzte Stadt war Wolgograd. Hier über- nahm der stellvertretende Staatsanwalt des DNR, Vitalij Papenko, die Initiative. Die Erde aus Wolgograd kam in Polewoje von seinem Freund kurz vor dem 9. Mai, dem Siegestag, an und wurde gerade während der festlichen Eröffnung des erneuerten Memorials feierlich in die Kapsel gelegt.

NIEMAND WIRD VERGESSEN

„Für uns sei es auch wichtig, die Erinnerungen an die zur Zwangsarbeit mobilisierten Landsleuten aufzubewahren, die auch ihren wesentlichen Beitrag zum Großen Sieg leisteten“, kam eine Menge von Antworten und Kommentaren aus Deutschland mit Korrekturen, von den Nachkommen dieser Leute, ehemaligen Bewohnern aus Polewoje, die jetzt in Deutschland leben. Dieser Prozess nahm Jekaterina Klassen unter Kontrolle. Zuletzt beinhaltete dieses Verzeichnis 377 Namen der Trudarmisten. „Dank diesem Projekt entstand die Brücke zwischen den Leuten, die in unserem Dorf früher lebten, und nun uns, Menschen, die die besten deutschen Traditionen im Dorf heute fördern, unterstützen“, so Andrej Bedarew. So entstanden zu beiden Seiten der Zentralkolonne Metallkonstruktionen, wo die Namen aller Trudarmisten verewigt sind.

MIT DEM GANZEN DORF

„Als wir die Renovierungsarbeiten begannen, wurde es klar, das die vom IVDK bereitgestellte Summe nicht ausreichte, um alles, was wir planten, zu realisieren“, setzt der Dorfleiter fort. Dann wandten wir uns an die Dorfbewohner. Niemand blieb gegen dieses Vorhaben gleichgültig. Mit Hilfe der Rayonsverwaltung, Dorfbewohner, der Deputierten der Altaier regionalen Gesetzgebenden Versammlung, Stella Stanj, und der ehemaligen Polewojer aus Deutschland wurden noch rund 60 000 Rubel gesammelt. So kostete das Projekt insgesamt etwa 200 000 Rubel.

Die Montagearbeiten erfüllte das ganze Dorf. Es gab keine Einrichtung in Polewoje, die sich diesen Arbeiten abseits hielt. Große und kleine Polewojer arbeiteten rund um die Uhr, um alle Arbeiten rechtzeitig bis zum 9. Mai zu beenden. Bald wurden außer der Kolonne und der Metallkonstruktionen mit den Namen der Trudarmisten auch die Prellsteine mit der Heiligen Erde aus allen 13 Heldenstädten aufgestellt. „Unser Ziel war, mit diesem Projekt das Gedächtnis für die nächsten Generationen aufzubewahren. Ein Mensch, der die Geschichte seines Landes nicht kennt, ist ein Mensch ohne Wurzeln“, meint Andrej Bedarew. Dieses Projekt unter dem bedeutenden und passenden Titel „Wir leben, solange die Erinnerung lebt“ werden die Polewojer nicht so schnell vergessen, denn es vereinigte Menschen verschiedener Nationalitäten und Konfessionen, beziehungsweise Städte und Länder.

Swetlana Demkina (Text und Fotos)
Zeitung für Dich, Ausgabe Nr. 5 (3750), Mai 2015

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