Olga Martens: „Für das Unternehmen ist heute perspektivvoll sozialorientiert zu sein“


Die Reihe der Fachbesprechungen im Rahmen des 4. Kultur- und Geschäftsforums „Made by Deutschen aus Russland. Vertrauen. Verantwortung. Entwicklung“ in München wurde mit der Podiumsdiskussion „Soziale Verantwortung als Business“ abgeschlossen.

Am 5. März hat die Staatsduma den Gesetzentwurf in der ersten Lesung angenommen, der die Begriffe „soziales Unternehmertum“ und „soziales Unternehmen“ für Klein- und Mittelunternehmen einführt. Es wird bestimmt, dass diese Unternehmen mindestens 50 Prozent der Bürger beschäftigen, die „sozial schwach“ sind, oder mindestens die Hälfte der Einnahmen aus dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen für solche Kategorien der Menschen erzielen oder zur Marktförderung solcher Güter beitragen.

Das Potenzial des sozialen Unternehmertums ist jedoch viel größer, und in dieser Hinsicht können die Erfahrungen Deutschlands für Russland sehr interessant sein. Im Rahmen der Diskussion haben die Unternehmer aus Russland und Deutschland darüber nachgedacht, wo die Grenze zwischen dem sozialen und dem nicht sozialen Unternehmen liegt.

Bei der Eröffnung des Forums wies Olga Martens auf die besondere Bedeutung des Themas dieser Podiumsdiskussion hin: „Dieses Thema wird im Forum besprochen, da die Grenze zwischen sozialem und nicht sozialem sehr fein und manchmal schwer zu verstehen ist. Viele Unternehmen halten es jedoch für vielversprechend, sich als sozial orientiertes Unternehmen zu positionieren“.

Einer der Teilnehmer der Diskussion, Sozialunternehmer Tobias Reisner hielt den Impulsvortrag zum Thema. Er sprach über sein einzigartiges Projekt „Dialog im Dunkeln“. Alle Aktivitäten dieses Projekts finden in völliger Dunkelheit statt und ermöglichen so den Blinden, Arbeit zu bekommen. „Dann hören sie für uns auf, behindert zu sein“, sagte Reisner.

Prof. Dr. Michail Firsow, Lehrstuhlleiter für Sozial- und Rehabilitierungsarbeit am Institut für zusätzliche Berufsausbildung für Mitarbeiter der sozialen Sphäre in Moskau, teilte den Teilnehmern des Forums eine Expertenmeinung mit: „Kinder mit Behinderungen, insbesondere mit geistigen Behinderungen, aber mit konservierter Intelligenz, sollten gleich auf die digitale Wirtschaft orientiert werden“.

Auch Anne Hofinga, Initiatorin und Leiterin des Deutsch-Russischen Sozialforums im Petersburger Dialog, Vorstandsvorsitzende Perspektive Russland e.V. (Frankfurt/M.) und Centr „Perspektiva“ (Moskau), äußerte sich zum Konzept eines sozial orientierten Unternehmens. Sie äußerte die Befürchtung, dass zu viele Menschen glauben, dass jeder Sozialarbeit leisten kann, und dass dies tatsächlich nur Profis können.

Leiter der Tanzschule „Let’s Dance“ in Nordrhein-Westfalen Viktor Scherf, erzählte von seiner Methode der Arbeit mit schwierigen Teenagern: „In meine Schule kommen viele Jungen, die sich nur bekämpfen wollen. Und dann fangen sie an zu tanzen und gewinnen die ersten Plätze bei Tanzwettbewerben“.

Juri Heiser, Mitglied des Augsburger Stadtrates, Mitglied des Aufsichtsrates der Wohnbaugruppe der Stadt Augsburg, fasste die Diskussion zusammen. „Die Theorie des rationalen Egoismus eignet sich am besten für soziales Unternehmertum. Das bedeutet, dass es gut für mich ist, wenn es für alle Beteiligten gut ist“, sagte er.

Moderiert wurde die Diskussion von Andreas Stopp, stellvertretender Leiter der Abteilung Wissenschaft und Bildung des Deutschlandfunks.

Im Rahmen des Forums wird am 28. Mai eine Vereinbarung über die Ausbildung von Fachkräften für soziale Organisationen in Russland und Deutschland zwischen dem Institut für Ethnokulturelle Bildung – BiZ (Moskau) und der Dr. Wiesent Fachoberschulen gemeinnützige GmbH (Egolsheim) unterzeichnet.


Zur Kenntnis:

Das Kultur- und Geschäftsforum der Russlanddeutschen findet schon zum vierten Mal statt. Im Jahr 2018 fand das Forum in Kaliningrad statt und versammelte etwa 140 Teilnehmer.

In diesem Jahr findet das Forum unter der Teilnahme des Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Dr. Bernd Fabritius und des Leiters der Föderalen Agentur für Nationalitätenangelegenheiten der Russischen Föderation Igor Barinow statt.

Veranstalter: Internationaler Verband der Deutschen Kultur und Moskauer Deutsche Zeitung mit Unterstützung der Hanns-Seidel-Stiftung. Partner: Businessclub der Russlanddeutschen und Verband der deutschen Unternehmer aus Russland.

Das Kultur- und Geschäftsforum „Made by Deutschen in/aus Russland“ ist eine internationale Plattform für offenen Dialog und Erfahrungsaustausch im Bereich des Klein- und Mittelunternehmertums. Die Idee des Forums entstand im Businessclub der Russlanddeutschen. Das Forum findet seit 2016 jährlich statt – abwechselnd in Russland und in Deutschland.

Zu der positiven Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Unternehmern und Regionen beider Länder tragen die Kultur- und Geschäftszentren der Russlanddeutschen und Deutsch-Russischen Häuser in Moskau, Kaliningrad, Omsk, Nowosibirsk und Tomsk bei.

Das Kultur- und Geschäftsforum findet Unterstützung auf höchstem staatlichem Niveau – die Veranstaltung wird immer anlässlich der Sitzungen der Deutsch-Russischen Regierungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen durchgeführt.

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