Der direkteste Weg der Verständigung: Städteparterschaften halten den Dialog aufrecht

Bei der 15. Deutsch-Russischen Städtepartnerkonferenz im nordrhein- westfälischen Düren wurden Verbindungen gefestigt und aktuelle Themen wie die digitale Stadt und die Situation von Menschen mit Behinderungen in beiden Ländern diskutiert.

Unter dem Titel „Wege der Verständigung: Partnerschaften als Mittler des Deutsch-Russischen Dialogs“ trafen sich vom 25. bis 28. Juni über 700 Vertreter von Städten und Gemeinden, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Politik und Wirtschaft.

Organisatoren der Konferenz waren unter anderem das Deutsch-Russische Forum e.V., die Stiftung West-Östliche Begegnungen, der Bundesverband Deutscher West-Ost-Gesellschaften e.V., der Kreis Düren. Bei der feierlichen Eröffnung der Konferenz im Krönungssaal des Aachener Rathauses hielt Armin Laschet, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, die Festrede. Der russische Präsident Wladimir Putin ließ ein Grußwort senden.

Als ein Höhepunkt wurde die neue Städtepartnerschaft zwischen der IT-Stadt Innopolis bei Kasan und Elgersburg in Thüringen besiegelt. Eine Arbeitsgruppe befasste sich mit dem Thema „Digitale Stadt“. Wie Sebastian Nitzsche, stellvertretender Geschäftsführer des Deutsch-Russischen Forums e.V. mitteilte, können auf diesem Feld beide Länder voneinander lernen. Deutschland sei stark darin, Rahmenbedingungen und Reglementierungen zu schaffen und gerade aufgrund der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auch fit in Sachen Datenschutz. Russland wiederum weise einen hohen Innovationsgrad auf: So belegte Moskau als Smart City in den entsprechenden Rankings in jüngster Vergangenheit immer wieder Top-Plätze. Aber nicht nur Moskau, auch Städte in den Regionen holen rasch auf. Dabei erhöhen innovative, digitale Technologien nicht nur den Lebenskomfort, sie machen auch die kommunale Verwaltung effektiver und transparenter. Dmitrij Rasumowskij, Bürgermeister der Stadt Kaluga, berichtete von der geplanten Einführung des Online-Portals „Unser Kaluga“ und betonte: „Mit solchen Plattformen können wir auch Brücken zu Partnerstädten Deutschlands bauen.“

In der Arbeitsgruppe „Zusammenarbeit in der Wissenschaft, Kultur und Sprachförderung“ referierte die Vizepräsidentin der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) und erste stellvertretende Vorsitzende des Internationalen Verbands der deutschen Kultur (IVDK), Olga Martens. Sie berichtete von der Förderung der deutschen Sprache in Russland, der Kultur der Russlanddeutschen und von dem gegenseitigen Verhältnis zwischen Russland und Deutschland. Der IVDK sei eine Plattform, an die sich nicht nur Russlanddeutsche wenden, sondern auch andere Einwohner der Regionen, die sich für Schulaustausch oder soziale Arbeit interessieren. „Wir haben die Deutsch-Russischen Häuser eingerichtet und bauen das Konzept weiter aus, weil es zahlreiche Akteure in Russland gibt, die mit Deutschland zusammenarbeiten wollen. Wir tragen zur Festigung der Beziehungen zwischen Deutschland und Russland bei“, so Olga Martens.

Außerdem bemühe sich die Organisation darum, bei der russischen Regierung für Deutsch als zweite Fremdsprache neben Englisch zu werben. Der IVDK organisiert Sprachwettbewerbe wie „Tolles Diktat“ und fördert so die deutsche Sprache.

Besonders stolz war Olga Martens auf das Theaterstück „Humboldt. Was die Welt im Innersten zusammenhält“, das mit Unterstützung der Deutschen Botschaft in Moskau als Geschenk zum Deutsch-Russischen Jahr der Hochschulkooperation und Wissenschaft geschaffen wurde. Es ist dem 190-jährigen Jubiläum von Humboldts Reise nach Russland gewidmet. Die Premiere fand in Omsk statt und es wird auch in anderen Städten Russlands und Deutschlands aufgeführt.

Vertreter russlanddeutscher Organisationen nahmen auch an der Arbeitsgruppe „Inklusion und Teilhabe“ teil. Sie betonten, dass die besten Projekte zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung in Russland unter Beteiligung von Partnern aus Deutschland realisiert wurden. Das berühmteste Beispiel einer solchen Zusammenarbeit ist das Projekt „Initiative Pskow“. Pskow ist heute eine der wenigen Städte Russlands, in der Eltern behinderter Kinder umfassende pädagogische und medizinische Hilfe erhalten. Leider konnte dieses einzigartige Projekt noch nicht dazu beitragen, die Situation behinderter Kinder in ganz Russland zu verbessern. Menschen mit geistiger Behinderung verbringen landesweit ihr Leben unter schwierigsten Bedingungen
in Psychoneurologischen Internaten. Vor Kurzem wurde dieses Problem im Menschenrechtsrat beim russischen Präsidenten diskutiert. Die Teilnehmer der Diskussion haben darauf hingewiesen, dass selbst der Wortlaut in der europäischen und russischen Menschenrechtskonvention unterschiedlich ist. In Europa gibt es eine „Menschenrechtskonvention für behinderte
Menschen“, in Russland eine „Invalidenrechtskonvention“.

Deutsche und russische Teilnehmer der Arbeitsgruppe waren sich einig, dass von deutsch-russischen Partnerschaften wichtige Impulse für die Verbesserung der Lebenssituation Behinderter in Russland ausgehen können. Eine besondere und führende Rolle soll dabei die Zusammenarbeit der deutschen und russischen Wohlfahrtsorganisationen spielen.

Die Konferenz in Düren zeigte, dass auf beiden Seiten ein reges Interesse an kulturellem Austausch besteht. Online-Plattformen können dabei als „digitale Brücken“ dienen.

Die nächste Städtepartnerkonferenz findet im Jahr 2021 in Russland statt.

*Dieser Artikeln erschien zuerst in der Moskauer Deutschen Zeitung.

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