Über Straßentheater und zeitgenössische Kunst: Interview mit Art-Labor-Kuratorin Maja Schulz

Vom 20. bis 24. Mai hat in St. Petersburg ein Art-Labor zu zeitgenössischen Kunstformen stattgefunden. Das Projekt wurde von Maja Schulz, Regisseurin und Schauspielerin des Theaters „Mimikrija“ in Tjumen, kuratiert. Wir hatten vor dem Start des Projekts mit Maja über Pläne, unvergessliche Projekte und ihre erste Eindrücken von der Bekanntschaft mit den Aktivitäten des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur gesprochen.

In dem Büro, in dem wir uns treffen und unterhalten, steht eine Trophäe des Tefi-Preises (eine russische Prämie für Erfolge in der Fernsehkunst – Anm. d. Red.) und deutet sozusagen an: „Ich bin hier allein einsam.“ Für das Projekt „Zufälliges Waltz“, einen musikalischen Fernsehfilm, wurde Maja Schulz mit dem „Tefi-Region“-Preis ausgezeichnet. Im Jahr 2020 wurde das Stück „Onegin. Sammlung der bunten Kapitel“, inszeniert von Maja, in das Programm des Festivals „Theatralische Revolution“ aufgenommen und erhielt den Preis für das beste Schauspielerensemble sowie erreichte das Finale des Theater-Wettbewerbs namens S.F. Scheleskin. Wir beginnen somit unser Gespräch mit den Leistungen der jungen Regisseurin und Schauspielerin.

Sie haben eine Vielzahl von Projekten umgesetzt, sowohl im Fernsehen als auch im Theater. Welche davon sind Ihnen persönlich besonders in Erinnerung geblieben und warum?

Sowohl Fernsehen als auch Theater eröffnen neue Horizonte, vor allem im Hinblick auf das Kennenlernen neuer Menschen und den Einstieg in bisher unbekannte Themen.

Jetzt habe ich mich nur noch auf Theateraktivitäten konzentriert, aber ich erinnere mich immer mit großer Freude an meine Erfahrung als Regisseurin im Fernsehen. Natürlich gab es viele Situationen. Aber das Format der Übertragung von Konzerten und Festivals hat mir schon immer gefallen. Besonders gut hat es mir gefallen, als wir bei den Tanzsport-Meisterschaften gearbeitet haben. Es war anspruchsvoll und anstrengend, aber die Energie ist unglaublich. Ich habe es sehr genossen, große Fabriken in der Region Tjumen zu besuchen, zum Beispiel SIBUR (ein russisches Großkonzern zur Herstellung von Polymeren und Kautschuken – Anm. d. Red.) in Tobolsk, weil dort eine andere Welt ist. Es fühlte sich etwa wie die Fernsehsendung „Galileo“ an (in den Jahren 2009-2015 wurde in Russland eine eigene Version der deutschen Fernsehsendung zum Aufbau der Welt „Galileo“ übertragen, manche Beiträge wurden der deutschen Version entnommen, manche wurden speziell für die russische Version gefilmt – Anm. d. Red.).

Von den Theaterprojekten ist für uns das Straßentheaterfestival „Träume der Straßen“ das beliebteste und unvergessliche Projekt. Wir veranstalten es jeden Sommer. Das Festival ist bereits 18 Jahre alt. In dieser Zeit haben wir eine große Anzahl von Straßenkünstlern aller möglichen Genres in die Region Tjumen gebracht. Dieses Projekt ist das einzige, das uns in den Jahren des Bestehens des Theaters stets begleitet hat.

Sie beteiligen sich seit langem aktiv an der sozialen Bewegung der Russlanddeutschen. Erzählen Sie uns, wie Sie die Tätigkeit der Selbstorganisation der Russlanddeutschen kennengelernt haben? Was war Ihr erstes Projekt?

Ich bin seit 2019 in der Bewegung. Davor hatte ich von ihrer Existenz zwar gewusst, beteiligte mich aber nicht an den Projekten. Im Jahr 2019 wurde in Tjumen ein Art-Labor für Straßentheater durchgeführt. Dieses Labor wurde von unserem Theater „Mimikrija“ (dt.: „Mimikry“) durchgeführt. Wir engagieren uns selbst im Straßentheater und geben unsere Erfahrungen gerne an die Teilnehmer weiter. Die Art-Labor-Teilnehmer kamen nach Tjumen, wir gaben unser Wissen an sie weiter und zum Schluss des Projekts nahmen die Teilnehmer am Straßentheaterfestival „Träume der Straßen“ teil, wobei sie sich unter realen Bedingungen in der Rolle von Straßenschauspielern ausprobierten. Nach diesem Projekt entwickelte sich unsere kreative Zusammenarbeit und wuchs zu neuen Projekten. Auch dieses Jahr arbeiten wir wieder an einem Art-Labor zum Thema zeitgenössische Kunst.

Erzählen Sie uns, was die Teilnehmer des Art-Labors erwartet? Was hat Sie bei der Vorbereitung des Programms inspiriert?

Wir freuen uns auf den Start des Projekts in St. Petersburg. Auch der Ort spielt dabei eine große Rolle.

Diese Stadt mit ihrer besonderen Atmosphäre wird auch dazu beitragen, die kreativen Chakren zu öffnen (lacht).

Das Art-Labor umfasst zwei Richtungen – „Storytelling“ und „Plastisches Theater“. Die Wahl genau dieser Richtungen wurde unter anderem durch das Thema des Labors bestimmt. Dieses Jahr ist es 260 Jahre her, dass Katharina II. ein Manifest herausgegeben hatte, in dem sie ausländische Kolonisten nach Russland einlud. Infolgedessen kamen zahlreiche deutsche Kolonisten nach Russland und besiedelten schlecht entwickelte Gebiete des Landes. Jede der Richtungen analysiert und arbeitet mit diesem Thema auf eigene Weise. Durch Storytelling werden wir die Geschichten dieser Kolonisten und ihrer Nachkommen kennen lernen, während man durch plastisches Theater den Weg und das Schicksal der Kolonisten sehen kann. Darüber hinaus erfreuen sich beide diese Genres mittlerweile großer Beliebtheit und entwickeln sich aktiv weiter. Nun, und natürlich ist es eine große Freude, von den Lehrern und Leitern des Labors – Ksenia Petrenko (Interview mit Ksenia hier) und Sergei Schtschedrin (Interview mit Sergei hier) – zu lernen.

Ich bin sehr froh, dass für uns alles geklappt hat und schließlich so ein Team für das Projekt zusammengekommen ist.


Das Projekt wird mit Unterstützung des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur im Rahmen des Unterstützungsprogramm der Russlanddeutschen durchgeführt.

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