Ethnokulturelles Sprachtreffen für Jugendliche 2024: Facetten meiner Identität


Vom 25. Juli bis zum 4. August fand im Gebiet Moskau eines der beliebtesten Sommerprojekte von Jugendring der Russlanddeutschen für junge Russlanddeutsche sowie für Jugendliche, die sich für die deutsche Sprache und Kultur der Russlanddeutschen interessieren. Ungewöhnliche Erkenntnisse, neue Entdeckungen und das Eintauchen in die deutsche Sprache - und das alles in einer bunten, dynamischen und ethnokulturellen Atmosphäre.

Nelli Artes, Vorsitzende von Jugendring der Russlanddeutschen, hielt eine Begrüßungsrede zur Eröffnung des Projekts:

„Ich wünsche jedem von euch, dass ihr etwas ganz Neues, Spannendes und Faszinierendes für euch selbst lernen könnt. Nehmt alle Möglichkeiten wahr, die euch im Rahmen des Projekts geboten werden. Und ich bin sicher, dass diese Seite in eurer Geschichte die wärmsten Erinnerungen hinterlassen wird.“

An jedem Projekttag lebten die Teilnehmer gemeinsam mit dem unbekannten Autor des Tagebuchs, dessen Handschrift im JdR-Büro gefunden wurde. Das Organisationsteam stellte unter der sorgfältigen Begleitung von Hauptbetreuerin des Projekts Olesya Petkau das Thema des Tages beim Morgenkreis vor, dem die Klubs von Freunden der deutschen Sprache, die ethnokulturellen Klubs und die Abendveranstaltungen gewidmet waren.

Die Leiterin des Klubs von Freunden der deutschen Sprache, Inna Afanasiewa, erzählt darüber, was sie bei den Treffen des Klubs zum Thema „Wissenschaft“ erfahren haben:

„Wir haben über berühmte russlanddeutsche Wissenschaftler gesprochen, die einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Wissenschaft geleistet haben. Auch Themen wie Atomenergie, Klonierung und sogar Organspende wurden behandelt. Ich bewunderte die inhaltliche Tiefe der Diskussion und dachte, was für vielseitige Aktivisten an unserem Projekt teilnehmen.“

Das Thema „Wirtschaft und Finanzen“ ließ keinen der Teilnehmer und das Organisationsteam unbeeindruckt. Galina Meladse, die Leiterin des Klubs „Kunst und Handwerk in den Traditionen der Russlanddeutschen“, organisierte eine echte Parfümherstellung:

„Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellten feste Parfums her, die mit ihren Düften auf die Kultur und Geschichte der Russlanddeutschen verweisen. Sie versuchten, Düfte zu schaffen, die an den Duft der Wolga-Wiesen oder die sibirischen Wälder, an das würzige Gebäck ihrer Großmütter und an die weihnachtliche Atmosphäre erinnern. Jeder Teilnehmer verband diesen Moment mit einer flüchtigen Rückkehr in seine Heimat.“

Selbstwahrnehmung und soziale Sensibilität, Selbstmanagement und Beziehungsmanagement - der fünfte Tag des Bundesprojekts „Ethnokulturelles Sprachtreffen für Jugendliche 2024“ war der Entwicklung dieser vier Fähigkeiten gewidmet. Polina Wiktorowa berichtete über das Treffen des ethnokulturellen Klubs „Theater“:

„In jedem der Teilnehmer lebt ein ganzer Sturm von Emotionen, und das ist wirklich faszinierend. Wir haben versucht, etwas längst Verlorenes zu spüren, die geheimsten Empfindungen in uns selbst zu finden, aber gleichzeitig den Kontakt zu unserem eigenen Körper zu halten. Und es stellt sich heraus, dass in uns alles drin ist, was man braucht, um seine Ideen zu verwirklichen. Die Hauptsache ist nur, dass man daran glaubt.“

Und am Abend fand ein Tanzwettbewerb statt, bei dem sich wirklich jeder zum Takt der Musik bewegte. Schließlich ist der Tanz das beste Mittel zur Kommunikation zwischen Körper und Seele.

Jekaterina Minkina, die Leiterin des Klubs „Deutsche Volkstänze“, merkt an:

„Mit den Teilnehmern lernen wir nicht nur die Bewegungen und Tänze insgesamt, sondern ich erzähle ihnen auch, welche Bedeutung in ihnen steckt. Wir sprechen viel über die Geschichte und wie unsere Vorfahren damals getanzt haben. Jeder Tanz der Russlanddeutschen umfasst ein weiteres sehr wichtiges Element: die Kommunikation zwischen den Tanzpartnern.“

Ein besonderer Schwerpunkt des Projekts war ein interaktiver Workshop zu deutschen Orten in Moskau und ein traditionelles JdR-Picknick.

Guzelia Sirasiewa, eine der Teilnehmerinnen, erzählte von ihren Eindrücken:

„Heute war ein ungewöhnlicher Tag: Wir hatten ein interaktives Programm zu deutschen Orten in Moskau und ein echtes JdR-Picknick! Ich erinnere mich besonders an den Moment, als wir alle zusammen in dem Park tanzten. Ich hatte das Glück, solche Tänze wie die „Polka Hei“ und „die Promenade“ zu leiten. Sie sind groß und rufen einen Sturm der Begeisterung hervor, so dass ich das Gefühl hatte, Teil eines einzigen Mechanismus zu sein. Das Picknick hatte eine sehr gemütliche und warme Atmosphäre. Wir haben Brettspiele gespielt, neue Kontakte geknüpft und noch mehr Bekanntschaften geschlossen“.

Im Laufe des Tages füllten die Projektteilnehmer Tagebücher aus, die extra für dieses Projekt erstellt wurden und den Namen „Facetten meiner Identität“ trugen. Jeden Tag erledigten sie kleine Aufgaben, die ihnen dabei halfen, ihre ethnische Identität kennenzulernen und wichtige flexible Fähigkeiten zu entwickeln, sowie den Tag zu reflektieren: Sie zeichneten Alltagsgegenstände der Russlanddeutschen in die Regale des improvisierten „Museums des Tages“, schrieben kleine Gedichte „Elfchen“, erstellten eine Zeitlinie mit wichtigen Lebensereignissen und noch vieles mehr. Die Verwirklichung des kreativen Potenzials der Teilnehmer war auch eine der Aufgaben des Projekts. Und jeder, der die improvisierte Bühne betrat, wurde vom Publikum mit viel Applaus, Unterstützung und Zustimmung bedacht. An diesem Abend erklangen Gedichte deutscher Autoren und russlanddeutscher Dichter und zogen das Publikum in ihren Bann, künstlerische Sketche beeindruckten durch die Präzision der Bewegungen, und die von den Künstlern vorgetragenen Lieder berührten die Seelen der Anwesenden im Saal.

„Wenn ich ein Gedicht vortrage, versuche ich immer, den Weg des lyrischen Helden zu gehen und seine Gefühlslage auf das Publikum zu übertragen. Als ich auf die Bühne trat, spürte ich die Unterstützung der anderen Teilnehmer des Projekts. Das gab mir Selbstvertrauen“, erzählte Lew Serdyuk, ein Aktivist des Jugendklubs im Russisch-Deutschen Haus des Gebiets Nowosibirsk.

Der letzte Tag jedes Projekts war von Emotionen, Sorgen und angespannter Vorfreude geprägt. Bei den Treffen der Klubs von Freunden der deutschen Sprache wurden die Ergebnisse zusammengefasst und erläutert. Die Leiter der ethnokulturellen Klubs „Deutsche Volkstänze“ und „Theater“ hielten Generalproben für kreative Auftritte ab und ermutigten und unterstützten jeden Teilnehmer. Der traditionelle Austausch von Postkarten mit herzlichen Wünschen fand in der Ethnopause statt.

Das bunteste Ereignis des Tages war allerdings die Abendveranstaltung.

„Während des gesamten Projekts haben wir darüber nachgedacht, wem die im JdR-Büro gefundenen Handschriften gehören könnten. Jeden Tag, als wir die Tagebuchaufzeichnungen durchsahen, stellten wir gemeinsam mit den Teilnehmern verschiedene Vermutungen an. Zum Beispiel, nachdem wir das Zitat entschlüsselt hatten: „Heute habe ich den Schmerz meiner Familie und der ganzen Bevölkerung gespürt. Ich bekam eine Gänsehaut von der Musik, den Aufgaben und der Wahrnehmung meiner Einbindung in die Geschichte der Russlanddeutschen“, vermuteten wir, dass es sich um die Erinnerungen einer historischen Person handelt, die die Deportation überlebt hat. Tatsächlich handelte es sich um die Aufzeichnung eines Teilnehmers unseres Treffens nach einer Abendveranstaltung, die der Geschichte der Russlanddeutschen gewidmet war.

Erst bei der finalen Abendveranstaltung fiel ein Satz aus dem Tagebuch: „Die ganzen Tage habe ich versucht, die Facetten meiner Identität zu entdecken. Aber darüber hinaus habe ich eine Familie gefunden“ - alle vermuteten, dass wir das Tagebuch eines Teilnehmers des ethnokulturellen Sprachtreffens für Jugendliche 2024 erhalten hatten, nur eben aus der Zukunft.

Das heißt, wir haben die ganze Zeit darüber gelesen, was hier und jetzt passiert“, erklärte Olesya Petkau.

Jugendring der Russlanddeutschen ist eine echte große Familie! An diesem Abend fühlte sich jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin ein Mitglied dieser Familie. Und das bedeutet, dass es neue Treffen und neue Projekte, neue Erkenntnisse und Eindrücke sein werden!

Das finale Video über das Projekt wird in den kommenden Tagen veröffentlicht, aber in der Zwischenzeit können wir uns die von den Teilnehmern erstellten Filme ansehen: Einer der Projekttage stand unter dem Thema „Theater und Kino“. Folgt den Nachrichten auf der JdR-Website.

Rubriken: Nachrichten aus den Regionen