Proben auf dem Bahnsteig und kuriose Fälle hinter Kulissen: Theatergruppe „Jugendstadt“ über Eindrücke von Reise nach Moskau


Am 24. Mai hat im Deutsch-Russischen Haus in Moskau eine Aufführung des Theaterstückes „Die Große! ... mit Liebe, Katharina“ der Kreativ- und Theatergruppe „Jugendstadt“ stattgefunden. Die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler erzählen von ihrer Reise in die russische Hauptstadt mit dem Stück.

Das „Jugendstadt“-Team wirkt seit mehr als zehn Jahren. Die Arbeit der Gruppe umfasst mehrere Bereiche, darunter Theater, Choreografie, Gesang und Medien. Mittlerweile umfasst die „Jugendstadt“ etwa 50 Menschen – Menschen, die Kunst und ihre Kultur lieben.

Die Aufführung „Die Große! ... mit Liebe, Katharina“ war bereits in mehreren Städten der Wolga-Region und Südrusslands auf Tour, wurde auf ein internationales Festival in Kroatien gebracht und endlich bekam das Kreativteam die Gelegenheit, ihr Werk in der russischen Hauptstadt zu zeigen - im Rahmen des Abschlusses der Kultursaison 2022-2023 im Deutsch-Russischen Haus in Moskau.

Viele unserer Leser sind bereits mit der Arbeit dieser kreativen Gruppe vertraut. Aber wir sind uns sicher, dass die meisten von Ihnen gerne einen Blick hinter die Kulissen werfen und sehen möchten, wie der Vorbereitungsprozess abläuft, was Schauspieler besonders nervös macht, bevor sie auf die Bühne gehen und was sie für das Interessanteste an ihrem Beruf halten. In diesem Material haben wir Interviews und Erinnerungen an eine Reise nach Moskau mit den Hauptfiguren des Theaterstückes über Katharina die Große, den Schauspielern der „Jugendstadt“, gesammelt.

Eisenbahn-Romantik

Für Amateurschauspieler ist jede Tour eine neue Herausforderung, da diese oft spontan stattfinden. Die „Jugendstadt“-Künstler müssen mobil sein, ihren Koffer schnell packen können und bereit für das Neue und Unbekannte sein. Polina Truschkina, die in dem Stück „Die Große! ... mit Liebe, Katharina“ die Rolle der Kaiserin Jelisaweta spielt, erzählt von einer Reihe ihrer neuen Erlebnisse:

„Es war die erste Zugfahrt in meinem Leben. Wir reisten mit Arina Jegorowa (Geldt) zusammen und ich erinnere mich noch an meinen Schock, als der Zug ankam und die Wagennummern am 9. endeten und wir die Fahrkarten für den 17. hatten. Ich geriet in Panik, weil ich nicht wusste, dass der Rest der Wagen jetzt einfach hinzukommen und angeklammert würde ... Wir kamen ganz normal an! Es war auch mein erstes Mal in Moskau. Alexander Eibers traf uns und gab uns eine Mini-Führung. Ich musste mit dem Flugzeug zurückreisen. Ich bin noch nie geflogen, habe mich aber für diese Art entschieden, weil ich Angst hatte, zu spät zum Studium zu kommen. Im Flugzeug sagte mir Anastasia Kostina (Rhein), ich solle eine Packung von Plastiktüten mitnehmen. Dann hörte ich auf, mir um mein Studium Sorgen zu machen, und begann, mir schreckliche Sorgen um mich selbst zu machen! Welche Tüten? Wofür? Werde ich mich schlecht fühlen? Die Tüten brauchte ich letztendlich nicht, aber die Euphorie vom ersten Flug hielt noch ein paar Tage an. Es ist toll, dass meine Freunde aus der „Jugendstadt“ die ganze Zeit mich unterstützt haben.“

„Ich liebe Züge“, teilt uns Jekaterina Minkina (Spiegel), die Hauptdarstellerin, mit. „Unter dem rhythmischen Klang der Eisenbahnräder kann man sich entspannen, drängenden Alltagsproblemen entfliehen, über die eigenen nachdenken und sich auf die Rolle einstimmen. Wir sind kein gewöhnliches Theater, die Schauspieler leben in verschiedenen Städten, und dieses Mal war uns klar, dass wir keine Zeit für eine vollständige Probe haben würden. Also bin ich mit dem Zug gefahren, damit ich etwas Zeit alleine mit meiner Figur verbringen konnte. Ich erinnere mich, wie ich während einer der Aufenthalte zum Bahnsteig ging und meine Monologe probte. Ich wandte mich vom Zug und den gehenden Passagieren ab. Unter meinen Füßen befanden sich die Schienen des zweiten Gleises, der erste helle Stern leuchtete am Himmel neben dem blendend leuchtenden Mond.

Ich schaute auf und stellte mir vor, ich wäre die junge Prinzessin Fike und würde vom fernen, aber verlockenden Russland träumen.

Alle Geräusche der Station und die Gespräche der Leute hinter mir waren in diesem Moment nicht mehr zu hören“.

Ja, manchmal müssen sich Schauspieler an alle Bedingungen anpassen, das liegt in ihrer kreativen Natur. Es sind genau solche Leute, die die „Jugendstadt“-Gruppe bilden. Jeder von ihnen hat zwar sein eigenes Leben und zahlreiche Sorgen. Manchmal muss man aber die Sachen, die nach dem Waschen noch nicht ganz trocken sind, in eine Reisetasche packen, den Gutachtern erklären, warum diese Reise am Ende des Studienjahres so wichtig ist, über Freunde nach einer geeigneter Babypuppe in Moskau suchen, weil die eigene ins Handgepäck nicht passt, und wertvolle Stunden Schlaf opfern.

„Ich habe vor dem Flug nur zwei Stunden geschlafen“, sagt Sofia Wlassowa, die die Rolle einer Hofdame spielt und Chefredakteurin des „Jugendstadt“-Telegram-Kanals ist. „Es war mir wichtig, meine Lieblingsohrringe nicht zu vergessen. Sie gehören auch zu meiner Figur im Theaterstück. Ich ziehe sie an, bevor ich ins Taxi steige. Als ich aber am Flughafen ein Video für den Telegram-Kanal machte, fiel mir plötzlich auf, dass ich nur einen Ohrring trug. Ich habe alle meine Sachen durchgesehen. Ich habe den Taxifahrer angerufen, aber er hat nichts gefunden. Ich habe den Kollegen geschrieben und sie gebeten, mir Ohrringe für den Auftritt zu leihen. Dabei stellte sich heraus, dass ich bloß nicht einmal den zweiten Ohrring angezogen hatte. Die ganze Zeit lag es in meiner Jackentasche, wohin ich es versteckt hatte, um es im Taxi anzuziehen, worüber ich einfach komplett vergaß. Ich war so schläfrig, dass ich es nicht einmal bemerkte.

Die Moral lautet: Schlafen Sie mehr und verlieren Sie nicht Ihren Schmuck.“

Und los geht’s sofort

Am 24. Mai hatten die Schauspieler einen sehr arbeitsreichen Tag. Die Gruppenmitglieder kamen aus verschiedenen Städten und begannen am Morgen mit dem Aufbau der Kulisse, der Vorbereitung der Kostüme, der Technik und den Proben. Und am Abend waren sie schon bereit, vor dem Publikum aufzutreten. Arina Jegorova (Geldt), die die Rolle von Fikes Kindermädchen spielt, spricht über die Vorbereitung:

„Wir mussten die Aufführung am Anreisetag spielen, ohne vollwertige Proben.

Aus Bahn und Flugzeug – direkt zur Bühne!

Für mich persönlich war es physisch ziemlich schwer, aber es hat mich sofort dazu gebracht, in den Prozess einzusteigen. An solch eiligen Vorbereitungen kann ich mich schon lange nicht mehr erinnern. Und dieses Mal, als die Zeit für die Proben selbst knapp war, kam der männliche Teil unserer Truppe auf die Idee, dass ich ihnen beim Schminken helfe – alle wollten sich plötzlich verwandeln. Aber trotz aller Schwierigkeiten hatten wir das Gefühl, gut gespielt zu haben!“

„Wir haben die Leinwand gleich beim ersten Mal zusammengebaut – das ist noch nie passiert“, erzählt Alexander Eibers, der die Rolle des Tanzlehrers spielt. „Aber es gab auch lustige Dinge. Wir mussten mitten im Prozess eine der Glühbirnen austauschen. Slawa Rodikow (Fischer) rannte zum Laden, um eine neue Lampe zu holen, und örtliche Techniker des Büros halfen uns, sie zur Perfektion zu bringen. Dafür danken wir ihnen sehr. Auch während des Auftritts selbst gab es lustige Zufälle. Während einer der Szenen (ich befand mich hinter der Leinwand) fiel ein Knopf von meiner Kleidung ab und rollte lautstark auf die Bühne. Es fühlt sich an im Moment, der Klang hallte durch den gesamten Saal“.

Und solche lustigen Momente teilt Nikita Franz, der die Rolle von Peter Ulrich spielt, mit uns:

„Schon bei der Probe zerbrach mein Schwert plötzlich in zwei Hälften. Ich entschied, dass dies nicht gruselig war und nur die Exzentrizität meines Charakters unterstreichen würde. Und ging mit ihr bis zur letzten Etappe.

Ich spiele die Rolle, schwinge mein Schwert und bemerke aus dem Augenwinkel einen neuen fremden Gegenstand zu meinen Füßen. Ich dachte, dass ein weiteres Stück vom Schwert gefallen wäre. Aber nein. Es war eine Schleife von meinem Schuh! Sie musste dort bis zum Ende der Aufführung bleiben.“

„Ich weiß nicht, ob das Publikum all diese Kuriositäten bemerkt hat, aber dem aufrichtigen Lachen und den Emotionen nach zu urteilen, waren sie von der Handlung und dem Spiel der Schauspieler völlig begeistert. Man muss die Professionalität der Jungs merken, die die Fähigkeit gezeigt haben, unter keinen Umständen aus der Rolle auszusteigen“, sagt die Regisseurin der Produktion, Dajana Schukozkaja (Raff), mit einem Lächeln.

Eindrücke des Publikums

Es herrschte ein regelrechter Andrang im Saal. Es waren keine Plätze mehr frei. Das Publikum war voller Vorfreude auf die Aufführung. Kurzes Vorwort der Regisseurin, Applaus, Stille, Licht... Und auf der Bühne spielten sich Ereignisse aus dem Leben der jungen Prinzessin Friederike Auguste Sophie ab, die den Zuschauer in die Atmosphäre des 18. Jahrhunderts eintauchen ließen. Von den ersten Minuten an beeindruckte die Aufführung durch ihre besondere Form: Einige Szenen spielten sich vor den Augen der Zuschauer auf der Bühne ab, während einige Episoden in der Technik des Schattentheaters verkörpert wurden. Dank dieser Entscheidung wirkte die Handlung so, als ob die Zuschauer ein reales Geschehen miterleben würden, und es bestünde auch die Möglichkeit, Zeuge eines Wunders zu werden – aufwachende Kinderphantasien und Gedanken über die Zukunft Katharinas der Großen.

Anna Parfenjewa, Geschäftsführerin des Büros des Jugendrings der Russlanddeutschen (JdR), teilt auch ihre Eindrücke von der Aufführung:

„Ich denke, die Aufführung „Die Große! ... mit Liebe, Katharina“ kann schon jetzt gerecht als Legende bezeichnet werden. Und jetzt habe ich sie endlich gesehen! Dies ist die erste Schattenshow, bei der ich war, und sie hat mir sehr gut gefallen. Es gibt schwierige Momente und Entscheidungen, die durch das Spiel von Schatten und Licht sehr eindrucksvoll wirken!

Nun, es ist auch sehr interessant, die Verwandlung vieler seit langem bekannter Gesichter in Bühnenfiguren zu beobachten und sie von einer neuen Seite zu entdecken. Leute, ihr seid großartig!

Erarbeiten und verwirklichen Sie Ihre gewagtesten Ideen!“

Oleg Ringe, Schauspieler, Regisseur, Dramatiker, Dozent an dem Schauspiellehrstuhl der nach benannten Wolga-Universität und der künstlerische Leiter des Wassili-Tatischtschew-Theater-Studios, teilte ebenfalls seine Expertenmeinung und brachte die Dankbarkeit zum Ausdruck:

„Vielen Dank für die Einladung zum Auftritt! Das ist eine wirklich wunderbare, gut koordinierte Arbeit. Wir sind der Zeit des Peter des Großen und den kommenden Jahren nach Peter, der Herrschaft seiner Tochter und der Thronbesteigung Katharinas sehr nahe, weshalb die Aufführung mit großem Interesse verfolgt wurde. Und es war cool!

Wir sahen Menschen, die vom Theater „krank“ waren, mit brennenden Augen und großer Liebe für die Sache.

Das Ergebnis ist eine lebende Reaktion der Zuschauer, ihr Eintauchen und das aufrichtige Mitgefühl mit dem Schicksal von Fike. Der Zuschauer lässt sich nicht bestechen. Fike und Ulrich Peter III. sowie das gesamte Umfeld edler Persönlichkeiten haben uns erobert: eine absolut organische Existenz, völliges Eintauchen in ihre Charaktere. Leute, ihr seid großartig! Strenge Lehrer, kühle, aber aufmerksame Eltern, freundliche Tante Jelisaweta, fröhliche Freundinnen – alles hat zum Auftritt und zum Gesamteindruck beigetragen. Sehr kompetente, durchdachte Arbeit der Regisseurin. Eine interessante Kombination aus Schattentheater und „Liveplan“, sorgfältiger Arbeit mit dem Material.

Wir verfolgten das Leben eines kleinen Mädchens von der Geburt bis zur Akzeptanz als Kaiserin von Russland.

Die Darstellerin der Rolle von Fike ist absolut organisch und attraktiv! Vielen Dank an dem Deutsch-Russischen Haus in Moskau für die Einladung und die wundervollen Treffen mit lieben Menschen!“

Nun, wir können den jungen Machern nur weiterhin viel Erfolg wünschen! Wir hoffen, dass Neuigkeiten zu Ihren Aufführungen mehr als einmal auf unserem Portal erscheinen.


Die Veranstaltung wurde von dem Internationalen Verband der deutschen Kultur und der lokalen national-kulturellen Autonomie der Deutschen des Bezirks Marx der Region Saratow durchgeführt.

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