Am 29. Mai wird im Rahmen des Abschlusses der Kultursaison 2023/2024 das Stück des Theaterstudios „Bühnenwerk“ „Der Schauspieler wider Willen“ im Deutsch-Russischen Haus in Moskau gezeigt. Die Inszenierung zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus: Sie wird in zwei Sprachen gleichzeitig aufgeführt, Russisch und Deutsch, und es sind sowohl professionelle als auch nicht-professionelle Schauspieler daran beteiligt.
Wir haben den Regisseur des Stücks, Pädagogen und Leiter des „Bühnenwerk“-Theaterstudios Arvid Knippenberg darüber gefragt, wie die Idee entstand, sich selbst und die Künstler zu testen, und welche weiteren Überraschungen das Publikum erwarten.
Warum wurde gerade das Stück „Der Schauspieler wider Willen“ für die Inszenierung im DRHM ausgewählt?
Von Anfang an wollten wir ein Stück für Künstler auf die Bühne bringen, und es musste von einem deutschen Autor stammen. „Der Schauspieler wider Willen“ ist gerade ein Theaterstück, das für zwei Künstler verfasst wurde. Da wir jedoch bereits drei professionelle Schauspieler hatten, entschieden wir uns, eine der Rollen in zwei aufzuteilen. So haben wir aus Herrn Pfifferling die Pfifferling-Schwestern gemacht.
Wir wollten mit dem Stück wie im originellen Werk zeigen, dass Theater eigentlich sehr schwierig ist. Die gesamte kollektive Arbeit, die dahinter steckt, ist eine lange Geschichte.
Ich habe viel Stoff, viele verschiedene Stücke gelesen und mich für dieses entschieden, weil es einerseits lustig ist, andererseits jedoch mindestens zwei aufklärerische Missionen hat: es berichtet über den Beruf eines Schauspielers, über die Theaterkunst, und zweitens ist der Autor des Stücks interessant.
August von Kotzebue ist in Vergessenheit geraten, seine Werke hat man längst nicht inszeniert. Gleichzeitig arbeitete er eine Zeit lang im russischen Theater und spielte eine wesentliche Rolle in seiner Entwicklung. Wir wollten zeigen, was für wunderbare Stücke er geschrieben hat.
Also haben wir dem Material eine weitere Figur hinzugefügt – einen Übersetzer. Herr Murrkopf kann kein Deutsch, und der Putzer, der sich als gebildeter Mensch erweist und Deutsch spricht, wird für ihn und die Zuschauer übersetzen.
Am Stück sind sowohl erfahrene Schauspieler als auch Amateure beteiligt. Bietet das einen Vorteil? Und was sind die Besonderheiten bei der Vorbereitung einer solchen Aufführung?
Als die Proben begannen, wurde uns klar, dass wir eine vierte Figur brauchten, wobei wir drei professionelle Künstler hatten, die alle sowohl Russisch als auch Deutsch als Muttersprache sprachen. Wir brauchten also noch eine Person, die entweder noch nicht gut Deutsch spricht oder noch kein Deutsch kann. Ich arbeite auch mit einer Gruppe von Amateuren. Ich habe zwei von ihnen eingeladen. Und dann erhöhte sich die Arbeitsbelastung eines der professionellen Künstler deutlich, und durch einen so glücklichen Zufall wurde unser Team in zwei gleichberechtigte Gruppen aufgeteilt: Profis und Amateure.
Natürlich war es nicht immer einfach. Dabei handelte es sich nicht nur darum, dass die einen erfahrener sind als die anderen, sondern auch um ein anderes Niveau des Wissens über das Theaterhandwerk. Aber das machte die Arbeit nur noch interessanter.
Am Ende hat alles geklappt, wir haben uns als Team zusammengefunden. Amateure auf der professionellen Bühne sind eine funktionierende Formel.
Wie kamen Sie zu dieser ungewöhnlichen Entscheidung, das Stück in zwei Sprachen zu inszenieren?
Vor zwei Jahren war ich im Alexandrinski-Theater und auf einem Festival spielte eine Gruppe aus Jakutien „König Lear“ in ihrer Muttersprache Jakut. Ich bin sozusagen „in“ und hätte sowieso alles verstanden, habe aber trotzdem einen Audioübersetzer mitgenommen. Und es entstand Dissonanz: Die Handlung auf der Bühne war bereits geschehen, aber der Übersetzer kam nicht mit oder übersetzte nur einen Satz aus dem gesamten Monolog. Da habe ich einfach das Gerät ausgeschaltet und entdeckte, dass ich ohne ablenkende Assistenten viel mehr Interesse habe.
Außerdem nutzen viele Theater einen Ticker für ausländische Gäste. Und wieder entsteht Dissonanz: Um etwas zu verstehen, beginnt man zu lesen, und beim Lesen verpasst man einen wesentlichen Teil der Handlung.
Und das ist das Hauptdilemma: Mit technischen Möglichkeiten wird der Zuschauer vom Wichtigsten abgelenkt, und das Wichtigste ist, was auf der Bühne passiert. Dementsprechend muss man so eine Form finden, die zum Verständnis des fremden Textes beiträgt, wirkt aber auf solche Weise, dass nichts vom Geschehen auf der Bühne ablenkt.
Wir wollten ein Theaterstück eines deutschen Autors inszenieren und teilweise auf Deutsch aufführen: In unserem Stück ist etwa die Hälfte des Textes auf Deutsch, der andere Teil auf Russisch. Und wir haben beschlossen, die Figur eines Übersetzers in die Aufführung einzubeziehen.
Wurde dies zu einer Herausforderung für die Schauspieler?
Natürlich, vor allem für Amateure. Da die erfahrenen Schauspielerinnen Deutsch und Russisch als Muttersprache können, ist ein schneller Wechsel für sie einfach. Für die Amateure war es jedoch natürlich eine Herausforderung.
Aber wir denken, dass es sich gelohnt hat. Ich persönlich glaube, dass diese Form einer Aufführung in einer Fremdsprache besser und korrekter ist. Ich plädiere dafür, die Übersetzung in die Form des Stücks zu integrieren und nicht auf technische Mittel zurückzugreifen, die eher ablenken als helfen.
Können Sie uns etwas über das Projekt erzählen?
Die Idee kam auf Anregung meiner Mitstudenten. Ich mache einen Master im Alexandrinski-Theater und viele meiner Kommilitonen arbeiten als Künstler, Regisseure und Produzenten in Volkstheatern. Und als ich nach einem Thema für meine Forschungsarbeit suchte, kam mir der Gedanke: Warum nicht ein Volkstheater der Russlanddeutschen schaffen? Russlanddeutsche sind ein integraler Bestandteil der russischen Kultur.
In Ufa findet ein Theaterfestival in nationalen Sprachen statt, „Tuganlyk“. Ursprünglich nur für Turksprachen, stehen sie mittlerweile auch allen Volkstheatern offen. Und einer meiner Mitstudenten wollte mich zu diesem Festival einladen, aber wir hatten weder Theater noch Aufführung. Und in diesem Zusammenhang habe ich die Schaffung eines deutschen Volkstheaters zum Thema meiner Masterthese gewählt. Und ich teste meine Theorie mit meinen Gruppen, Profis und Amateuren, im Rahmen des Studios.
Und so begannen wir mit den Proben und stellten fest, dass uns nicht das Festival wichtig war, sondern ein Stück für uns selbst zu machen. Es wird uns Spaß machen, dass wir in Russland ein Stück auf Deutsch geben würden.
Ich mache oft Umfragen, auch in sozialen Netzwerken, und frage, ob man deutsches Theater in Russland braucht, ob Russlanddeutsche daran interessiert wären, und die Antworten sind überwiegend positiv. Das bestärkt die Idee, dass man es braucht. Und mit diesem Gedanken begannen wir zu proben. Und schon bald werden Sie das Ergebnis sehen können.
Das Stück „Der Schauspieler wider Willen“ wird am 29. Mai um 19:00 Uhr im Saal „Berlin“ des Deutsch-Russischen Hauses in Moskau aufgeführt.
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung über den Link ist erforderlich.