Heimatwurzeln: Junge Russlanddeutsche verbessern ihre Deutschkenntnisse


Vom 24. bis 26. Oktober fand in Omsk das jährliche Sprachprojekt „Sprachintensivkurs für junge Russlanddeutschen“ statt.

Teilnehmer des Projekts waren Aktivisten von Jugendklubs der Russlanddeutschen im Gebiet Omsk, Schüler von Schulen mit ethnokultureller Komponente sowie Studenten von Hochschulen in Omsk. In diesem Jahr widmete sich das Sprachprojekt der Literatur der Russlanddeutschen sowie den Medien der Deutschen in Russland.


Begrüßt wurden die Teilnehmer von der Direktorin des Kultur- und Geschäftszentrums Deutsch-Russisches Haus in der Stadt Omsk“, Jelisaweta Graf. Sie hob die Bedeutung solcher Projekte hervor, da in den Projektblöcken ein großer Schwerpunkt auf Sprache und ethnokulturelle Komponenten gelegt wird:

Der Sprachintensivkurs für Jugendliche ist für uns sehr wichtig, da wir der deutschen Sprache große Bedeutung beimessen. Die deutsche Sprache ist in fast allen unseren Projekten präsent, und einige Veranstaltungen werden vollständig auf Deutsch durchgeführt. Eines dieser Projekte ist der Sprachintensivkurs für junge Russlanddeutsche, worüber wir uns besonders freuen.

Wir erhalten immer viele Anmeldungen für den Intensivkurs. Früher planten wir ihn nur für Schulen mit ethnokulturellen Komponenten, aber jetzt nehmen auch Oberschüler aus verschiedenen Landkreisen des Omsker Gebiets und Studenten verschiedener Hochschulen teil. Das zeigt, dass das Interesse an Deutsch weiterhin groß ist: Die Menschen lernen und lesen es.

In unserem Programm haben wir das Sprachenlernen mit Literatur verbunden und dabei einen besonderen Schwerpunkt auf Werke von russlanddeutschen Autoren gelegt. In diesem Jahr erschien das bemerkenswerte Buch „Das Tor in eine bunte Welt“, dass Werke russlanddeutscher Autoren für verschiedene Altersgruppen – für Grundschüler, Mittelstufenschüler und Jugendliche – zusammengestellt. Diese Materialien werden im Rahmen des Intensivkurses aktiv genutzt.

Wir hoffen, dass das Buch für viele Jugendliche zu einem Tischbuch wird, in die Familien gelangt und dort gelesen wird. Wir sind sicher, dass die Teilnehmer viel Neues lernen werden und sich in diesen drei Tagen gerne mit der deutschen Sprache beschäftigen werden“, – kommentierte die Direktorin des Kultur- und Geschäftszentrums „Deutsch-Russisches Haus in der Stadt Omsk“.


Der erste Tag des Projekts war für die Teilnehmer sehr ereignisreich und lehrreich. Die Jugendlichen tauchten durch die Medien und Literatur in die Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen ein. Der ethnokulturelle Block war den Medien der Russlanddeutschen gewidmet – von historischen Zeitungen bis hin zu modernen Publikationen. Die Teilnehmer erfuhren, wie sich Formate und Themen veränderten, während diese Publikationen ein wichtiges Element der Gemeinschaft blieben.


Die Referentin für ethnokulturelle Arbeit, Eugenia Gamowa, teilte den Teilnehmern ihre Sicht auf die Ergebnisse eines der Blöcke mit:

„Der Block „Medien der Deutschen in Russland: von historischen Zeitungen zu modernen Publikationen“ war sehr reichhaltig. Wir haben nicht nur eine spannende Zeitreise unternommen und die Entwicklung der deutschsprachigen Presse in Russland kennengelernt, sondern auch gelernt, zwischen ethnischer Presse und Ethno-Medien zu unterscheiden.

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir das interaktive Spiel „Errate die Zeitung!“, bei dem ihr euren Teamgeist und eure analytischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt habt. Und das Erstellen eigener ethnischer Zeitungsentwürfe habt ihr als hervorragende Möglichkeit genutzt, Kreativität zu zeigen und über die Rolle der Medien bei der Bewahrung unserer Identität nachzudenken.

Ich hoffe, dass euch das erworbene Wissen dabei helfen wird, den Medienraum besser zu verstehen und das multikulturelle Erbe Russlands zu schätzen. Vielen Dank für eure aktive Teilnahme und bis bald in den nächsten Blöcken!“

Danach beschäftigten sich die Jugendlichen mit der Geschichte der Russlanddeutschen in der Literatur und verfolgten, wie diese sich in Werken verschiedener Jahre widerspiegelt. Die Referentin für Spracharbeit, Swetlana Gaus, erzählt:

Das Hauptthema unseres Projekts ist die Literatur der Russlanddeutschen. Wir wissen, dass junge Leute heute immer weniger lesen, und genau deshalb wollen wir nicht nur auf die Literatur der Russlanddeutschen aufmerksam machen, sondern auch das Interesse am Lesen insgesamt wecken.

Uns ist es wichtig, jungen Leuten zu zeigen, wo sie interessante Bücher finden können, und ihnen Werke vorzustellen, die sie wirklich interessieren könnten.

Bei der Arbeit mit den Teilnehmern stützten wir uns nicht nur auf traditionelle Ressourcen, sondern auch auf moderne Methoden. So verwendeten wir beispielsweise QR-Codes, damit die Jugendlichen selbstständig recherchieren, Materialien auf dem Informationsportal „RusDeutsch“ im Bereich der elektronischen Bibliothek finden und sich mit den Werken der Autoren vertraut machen konnten.

Die Literatur der Russlanddeutschen ist eng mit der Geschichte verbunden. Sie behandelt Themen wie Deportation, Arbeitsarmee und den Großen Vaterländischen Krieg. Deshalb wählten wir für unsere Analyse Werke wie das Buch „Wermutstannenbau“ von Olga Kolpakowa und den Roman Weihnachtliche Reise» von Alexander Kirssanow aus.

Besonders erfreulich war es, das Interesse der Jugendlichen zu beobachten. Jeder Teilnehmer brachte seine Hausaufgabe zum Projekt mit – eine Geschichte über sein Lieblingsbuch. Bemerkenswert ist, dass die Jugendlichen aus verschiedenen Teilen der Region Omsk sogar ähnliche Werke ausgewählt hatten. Das zeigt, dass es trotz der weit verbreiteten Meinung, dass moderne Jugendliche nicht lesen, doch einige gibt, die sich für Bücher und Literatur begeistern.

Ich bin der Meinung: Wenn auch nur ein einziger Teilnehmer nach dem Projekt ein neues Buch in die Hand nimmt, dann hat unsere Arbeit Früchte getragen. Und dieses Ergebnis ist wirklich erfreulich.“

Der zweite Tag des Projekts begann mit dem ethnokulturellen Block Die Familie als Bewahrerin der Erinnerung: Traditionen der Russlanddeutschen». Die Referentin für ethnokulturelle Arbeit, Eugenia Gamowa, wertete:

Der Block „Die Familie als Bewahrerin der Erinnerung: Traditionen der Russlanddeutschen“ war sehr tiefgründig und emotional. Gemeinsam mit den Teilnehmern reflektieren wir die einzigartige Rolle der Familie bei der Bewahrung der kulturellen Identität der Russlanddeutschen und tauchen in die Welt der traditionellen Familienwerte, Rituale und des Alltags ein.

Besonders wertvoll war es, die wichtigsten Aspekte des Familienlebens kennenzulernen – von der Geburt und Namensgebung bis hin zu Hochzeitsbräuchen und der Bedeutung der Sprüche und der Spruchtafeln. Im Mittelpunkt stand die Gruppenarbeit, bei der ihr „Familienarchiv“ , „Familienkodex“ und Museumsecken“ erstellt und «Briefe aus der Vergangenheit“ geschrieben habt. Dies ermöglichte euch nicht nur, historische Traditionen mit euren persönlichen Erfahrungen zu verbinden, sondern weckte auch Ihr Interesse an eurer eigenen Familiengeschichte.

Es war sehr schön zu sehen, mit wie viel Interesse und Herzlichkeit die Jugendlichen während der Präsentationen ihre Geschichten und Eindrücke teilten. Ich hoffe, dass dieser Block jeden Teilnehmer dazu inspiriert hat, sich mit der Familiengeschichte auseinanderzusetzen und diese weiterzugeben, was wiederum einen Anreiz für die Bewahrung und Weiterentwicklung unseres reichen kulturellen Erbes darstellt.“

Am zweiten Tag des Projekts fanden auch Blöcke im „Karussellformat“ statt: Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt und arbeiteten an literarischen Blöcken; dabei die erste Gruppe zum Thema „Weihnachtliche Reise“, die zweite zum Thema „Wehrmutstannenbaum“. Der Unterricht fand nur auf Deutsch statt und war auf die Entwicklung sprachlicher und kreativer Fähigkeiten sowie auf eine intensive Auseinandersetzung mit den Themen Familie und kulturelle Traditionen ausgerichtet. Maria Denissowa, Referentin für ethnokulturelle Arbeit in deutscher Sprache, kommentierte:

Der erste Themenblock entführte die Teilnehmer in die Welt der Poesie der Russlanddeutschen. Im Zentrum stand Dominik Hollmanns berührendes Wiegenlied einer wolgadeutschen Mutter“, das mehr war als nur ein Gedicht: Es öffnete ein Fenster in die wechselvolle Geschichte der Russlanddeutschen. Durch die Entschlüsselung von Metaphern und sprachlichen Bildern erschlossen die Teilnehmer die Schlüsselmomente dieser Geschichte. Nach der intensiven Auseinandersetzung mit dem Gedicht widmeten sich die Gruppen weiteren Werken, die auf bewegende Weise von den tragischen Erfahrungen der Wolgadeutschen in der Kriegszeit erzählen.

Der zweite Themenblock widmete sich dem Kennenlernen von Alexander Kirsanovs Buch „Weihnachtliche Reise“ – Die Geschichte der Wolgadeutschen für Kinder – einer bewegenden Geschichte über die Wolgadeutschen, die kindgerecht aufbereitet ist. Unter Nutzung des von den Methodikerinnen S. Gaus und M. Denisowa entwickelten Arbeitsheftes analysierten die Teilnehmer mehrere Kapitel und bearbeiteten interaktive Aufgaben. Die Organisatoren hoffen, dass die Tiefe und Aufrichtigkeit der Erzählung die Lesenden dazu inspirieren wird, sich eigenständig mit der vollständigen Version dieses wichtigen Buches vertraut zu machen.“

Am letzten Tag fand ein Literaturwettbewerb in deutscher Sprache statt, bei dem die Teilnehmer ihr Wissen, ihre Kreativität und ihre Kommunikationsfähigkeiten unter Beweis stellten. Maxim Leichner, Teilnehmer des Projekts und Aktivist des Jugendklubs #Grenzlos, teilte seine Erfahrungen mit:

Vor kurzem habe ich an einem Intensivsprachkurs für Deutsch vom Russisch-Deutschen Haus teilgenommen. Es war nicht nur ein Kurs, sondern ein echtes Eintauchen in die Kultur und Geschichte der Russlanddeutschen, denn die Projektblöcke waren wirklich tiefgehend – über die Familientraditionen der Russlanddeutschen, über ihre Werte, über ihre Mentalität.

Besonders beeindruckt hat mich, dass wir Werke der Russlanddeutschen wie „Wermutstannenbaum“ und „Weihnachtliche Reise“ analysiert haben: Durch sie wurde die Sprache lebendig, voller Gefühle und Bedeutung. Ich glaube, dass dieses Projekt eine einzigartige Gelegenheit für junge Menschen ist, ihre Wurzeln zu entdecken und gleichzeitig ihre Deutschkenntnisse zu verbessern.“

Der Abschluss des Projekts war die offizielle Abschlussfeier mit der Verteilung von Zertifikaten und Erinnerungsgeschenken an alle Teilnehmer. Wir gratulieren allen, die in diesen Tagen dabei waren, und hoffen, Sie bei den nächsten Projekten des Zentrums wiederzusehen!


Das Projekt wurde mit Unterstützung des Internationalen Verbandes Deutscher Kultur im Rahmen des Programms zur Förderung der Russlanddeutschen realisiert.

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