Rundtischgespräch über Deutschen in Russland fand in Sankt Petersburg statt

Im Rahmen der Deutschen Woche fand in Sankt Petersburg der von der Konrad-Adenauer-Stiftung organisierte Runde Tisch „Deutsche in Russland und die Traditionen der Wohltätigkeit“ statt. An der Veranstaltung nahm Elena Geidt, die Vorsitzende der Lokalen National-kulturellen Autonomie der Deutschen des Stadtkreises Marx des Gebiets Saratow, teil.

Der Runde Tisch diente dem Start für das gemeinsame Projekt der Konrad-Adenauer-Stiftung und des russischen ethnografischen Museums. Es ist eine Ausstellung, die den Russlanddeutschen gewidmet ist, welche die einzigartigen Rollen in den unterschiedlichen Lebensbereichen wie der Kultur, Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Bildung der multinationalen russischen Gesellschaft zeigt. Es handelt sich momentan um einen Online-Katalog. Das Museum wird alle Exponate, die es zu diesem Thema besitzt, digitalisieren und jeder kann sie sich dann bis zum kleinsten Detail ansehen.

Elena Geidt erzählte den Teilnehmern des Runden Tisches, was bereits getan wird, um die Traditionen und die Kultur der Russlanddeutschen zu bewahren.

„Die ethnische Kultur der traditionell in Russland lebenden Deutschen ist ein komplexes soziales Phänomen. Die Entstehung dieser Kultur fand in der Regel unter den Bedingungen einer instabilen gesellschaftlichen Situation statt, die besonders für das 20. Jahrhundert charakteristisch war. Infolge der ethnischen Politik der sowjetischen Führung gegenüber den Sowjetdeutschen verlor das Volk in vielerlei Hinsicht seine nationalen Traditionen, Bräuche und die Sprache“, erwähnte Elena Geidt in ihrem Vortrag.

Ein Teil des Verlorenen konnte dank der Forschungsarbeit von Historikern sowie den literarischen und journalistischen Werken von Schriftstellern mit russlanddeutschem Hintergrund wiederhergestellt werden.

„Heute gibt es praktisch keine leeren Stellen in der Geschichte der Russlanddeutschen. Sie ist gründlich erforscht“, betonte Elena Geidt.

Sie stellte die Bildungsprojekte des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur vor. Dies ist auch die Arbeit des Informationsportals RusDeutsch, die Herausgabe der Moskauer Deutschen Zeitung, die Veröffentlichung von Büchern zu russlanddeutschen Themen für ein Publikum verschiedener Altersgruppen (darunter auch Werke für Kinder) sowie die Organisation von Wanderausstellungen.

Tätigkeiten im Bereich der Bildung können manchmal auch unerwartete Wege einnehmen. „Im Jahr 2005 gab es in der Stadtbibliothek eine Veranstaltung zum Gedenktag an die Opfer der politischen Repressionen“, erzählt Elena Geidt. „Dort waren Deutsche, Koreaner sowie Tschetschenen und alle erzählten abwechselnd von ihrem schweren Schicksal. Irgendwann fingen die eingeladenen Jugendlichen an, Lärm zu machen.

Ich fragte sie: ‚Warum benehmen sie sich so? Das wurde doch alles für sie organisiert. Wissen sie, woher die Deutschen in unserer Stadt kommen?‘

Ein Junge antwortete: Sie sind nach dem Krieg als Gefangene geblieben. Ich stellte noch eine Frage: Und wo wohnst Du? Er antwortete, dass er in der Ulitsa Engelsa, 89 wohnt. Dieses Haus ist Teil einer historischen deutschen Bebauung. Ich frage nochmals: In welchem Jahr wurde das Haus denn gebaut? Seine Antwort lautete: Im Jahre 1911. Und wann endete der Krieg?. Plötzlich wird ihm bewusst, dass die Zahlen nicht zusammenpassen. Schlagartig herrschte eine absolute Stille im Saal. Anfang der 2000er-Jahre gab es in den Stadtteilbibliotheken keine Literatur zur deutschen Geschichte der Stadt. Wir schenkten ihnen Publikationen über Russlanddeutsche und veranstalteten kreative Wettbewerbe zu diesem Thema. Und nun wissen alle Bewohner von Marx, dass die Stadt von deutschen Kolonisten gegründet wurde und ihre Geschichte tief mit den Russlanddeutschen verbunden ist“.

Elena Geidt wies auch darauf hin, dass sich lokale Aktivisten für den Erhalt des kulturellen Erbes der Russlanddeutschen einsetzen. Ein gutes Beispiel dafür sind die auf private Kosten restaurierten lutherischen Kirchen im Dorf Sorkino und in der Stadt Marx im Gebiet Saratow.

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