Der historisch-musikalische Salon „Deutscher Faden Russlands”, der dem 190. Geburtstag des herausragenden Militäringenieurs und Gründers der Lokomotivfabrik Kolomna Amand Struwe gewidmet war, fand in Kolomna im Rahmen des VIII. Offenen Festivals und Wettbewerbs für Vokalmusik namens Nikolai Struve statt.
„Hier in Kolomna sind die Schicksale zweier Völker eng miteinander verflochten: des russischen und des deutschen“, sagt Natalja Markelowa, Vorsitzende des Organisationskomitees des VIII. Offenen Festivals und Wettbewerbs für Vokalmusik namens Nikolai Struve und Direktorin des 1. Moskauer Regionalen Musikkollegs. „Dank der Brüder Amand und Gustav Struve entwickelte sich Kolomna im 19. Jahrhundert von einer Handelsstadt zum größten Industriezentrum Russlands.
Amand Jegorowitsch Struve gründete nicht nur die Lokomotivfabrik Kolomna. Er forderte auch ausländische Monopolisten heraus und bewies, dass Russland in der Lage ist, selbst zu bauen und Maschinen herzustellen.
In der Fabrik wurde die erste elektrische Straßenbahn des Russischen Reiches hergestellt und der weltweit erste Raddampfer gebaut. Nach den Entwürfen und unter direkter Beteiligung von Struve wurden die Borodinskij-, Moskwa-, Krasnocholmskij- und Krim-Brücken in Moskau sowie die Liteiny- und Palast-Brücken in Sankt Petersburg errichtet.“
Im historisch-musikalischen Salon „Deutscher Faden Russlands“ wurde den Teilnehmern und Gästen des Festivals ein Dokumentarfilm über die Aktivitäten der Industriellen Struve in Russland präsentiert. So wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in derLokomotivfabrik Kolomna die Frage nach der sozialen Verantwortung von Unternehmen aufgeworfen. Für die Arbeiter wurden in unmittelbarer Nähe des Werks Häuser gebaut, ein Lebensmittelladen und eine Kantine eingerichtet sowie eine Schule, ein Krankenhaus und ein Theater errichtet. Die Struves unterstützten finanziell die orthodoxe Kirche, die sich auf dem Werksgelände befand, obwohl sie selbst Lutheraner waren. Die Arbeiter erhielten Krankengeld und lebenslange Altersrenten. All dies waren keine einmaligen Maßnahmen, sondern eine gut durchdachte und organisierte Sozialpolitik. Für ihr soziales Engagement zum Wohle der Region Kolomna wurden Amand und Gustav Struve die Ehrenbürgerschaft der Stadt Kolomna verliehen.
„Die Brüder Struve sind im Kontext der modernen Geschichte unserer Stadt und der modernen Geschichte Russlands interessant”, sagt eine der Protagonistinnen des Dokumentarfilms „Die Wagen des Fortschritts”, die Historikerin Larisa Rjabkowa. „Für die junge Generation sind sie ein Beispiel dafür, wie man seinem Vaterland, seinem Russland, dienen kann.
Und auch die Biografie von Amand selbst kann als Vorbild für junge Menschen dienen! Mit vierundzwanzig Jahren schloss er die Militärakademie ab und erhielt ein Diplom als Militäringenieur. Mit siebenundzwanzig baute er seine erste Brücke und mit achtundzwanzig gründete er sein eigenes Werk.
„Ja, Amand Struve war ethnischer Deutscher. Aber er war ein großer russischer Ingenieur, der in ganz Russland viel geleistet hat!“
„Es ist großartig, dass unter den Zuschauern des Dokumentarfilms „Die Wagen des Fortschritts“ auch Studenten unseres Musikcolleges waren“, sagt Ekaterina Jurikowa, stellvertretende Direktorin für Bildungsarbeit am 1. Moskauer Regionalen Musikcollege. „Der Film enthält viele Fakten aus der Biografie von Amand Struve, seinem Bruder Gustav und ihren Mitstreitern.
Die Tätigkeit der Industriellen ist ein Beispiel für den Aufbau gutnachbarschaftlicher interethnischer und interkonfessioneller Beziehungen, was zweifellos ein Vorbild für unsere Jugend ist.
Die Struves waren Lutheraner, unterstützten aber die orthodoxe Kirche, die sich auf dem Gelände der Fabrik befand. Ich bin mir sicher, dass selbst diejenigen, die in Kolomna leben, viel Neues über ihre kleine Heimat erfahren haben.“
Der Dokumentarfilm „Die Wagen des FortschrittsStruve“ ist das Ergebnis langjähriger gemeinsamer Forschungsarbeit, das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit der lokalen deutschen nationalen und kulturellen Autonomie mit Historikern, Lokalhistorikern und der Geschäftswelt der Region, unterstützt vom Internationalen Verband der Deutscher Kultur. Die Premiere des Films fand 2021 im Kulturpalast „Teplowosostroitel“ statt.
Das Treffen im historisch-musikalischen Salon „Deutscher Faden Russlands“ wurde von der Initiatorin des Festivals, Nachfahrin der Familie Krüdener-Struve, Kandidatin der Pädagogischen Wissenschaften, Dozentin an der Staatlichen Sankt Petersburger Konservatorium „N.A. Rimski-Korsakow“, Ljudmila Truschtalewskaja, und dem Komponisten, Konzertmeister und Lehrbeauftragter der Fakultät für Kunst der Staatlichen Universität St. Petersburg, Leonid Jerjomin. Sie erzählten, dass Nikolai Struve der Sohn von Gustav Struve, einem der Gründer der Lokomotivfabrik Kolomna, war. Sein Vater und sein Onkel prophezeiten ihm eine Zukunft als Ingenieur und Unternehmensleiter, aber Nikolai Gustavowitsch entschied sich für die Musik und blieb seinem Beruf sein ganzes Leben lang treu. Dass er ein hervorragender Komponist war, wurde in Russland erst 2008 bekannt, als Noten seiner Werke aus Deutschland gebracht wurden. So wurden Ljudmila und Leonid die ersten Interpreten seiner Kompositionen. Im historisch-musikalischen Salon spielte das Duo neue Fragmente aus Opus Nr. 8, das zu Gedichten des deutschen Dichters E. Schellenberg geschrieben wurde. Außerdem spielten die Sängerin und der Pianist Werke von Sergej Rachmaninow, mit dem Nikolai Struve sehr befreundet war, und neue Romanzen von Leonid Jeremin.
Das VIII. Offene Festival und Wettbewerb für Vokalmusik namens Nikolai Struve wurde von der lokalen deutschen National-Kulturellen Autonomie der Stadt Kolomna in Zusammenarbeit mit dem 1. Moskauer Regionalen Musikcollege, der Musikgesellschaft der Region Moskau und der Rachmaninow-Gesellschaft mit Unterstützung des Internationalen Verbandes der Deutscher Kultur veranstaltet.
Das Projekt wurde mit Unterstützung des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur im Rahmen des Förderprogramms „Avantgarde der Russlanddeutschen“ realisiert.


