Das Kino als Suche nach Selbstidentität


Am 28. September startete im Online-Format die „Filmwoche der Russlanddeutschen“. Am Vortag sprach die Redaktion des Portals RusDeutsch mit den Autoren der im Programm präsentierten Filme.

Es ist wunderbar, dass er Internationale Verband der deutschen Kultur solche Treffen organisiert. Letztes Jahr war ich auf einem ähnlichen Festival im Deutschen Zentrum in Nowosibirsk. Es war ein sehr herzlicher Empfang und es gab interessante Diskussionen sowie ein wunderbares Publikum. Ein Film wird gedreht, um gesehen zu werden, deshalb ist es immer eine Freude, wenn er gezeigt werden kann.

Mein Film handelt vom Leben der Russlanddeutschen in Deutschland. Es ist eine Geschichte, die ich selbst erlebt und in meiner Umgebung beobachtet habe. Der Hauptdarsteller ist ein junger Herr aus Russland. Im groben Sinne handelt der Film von allen in Deutschland lebenden Emigranten, die sich als Deutsche sehen und die deutsche Sprache sprechen, jedoch nicht hier geboren sind.

Als der Film in den Schulen gezeigt wurde, wurde ich von jungen Menschen – Emigranten aus anderen Ländern – angesprochen, die als Kinder nach Deutschland kamen und in die deutsche Kultur integriert waren. Sie sagten: „Danke, dass du einen Film über uns gedreht hast“. Der Film erzählte jedoch unmittelbar über Russlanddeutsche.

Es war ein Low-Budget-Film, bei dem sich alle darauf einigten, buchstäblich für ein paar Cent zu drehen. In dem Film spielen wunderbare junge Schauspieler wie Mark Filatov und Emilia Schüle. Emilia Schüle gehört heute zu den beliebtesten Schauspielerinnen Deutschlands. Mark spielt heute im Kino und Theater, rappt und ist einer der erfolgreichsten YouTuber in Deutschland mit Millionen von Aufrufen. Damals war es jedoch seine erste Schauspielrolle.

Die Rolle der Mutter des Hauptdarstellers wird von Katerina Poladjan gespielt. Sie ist Schriftstellerin und schrieb ein wundervolles Buch über Armenien. Den Hauptverbrecherboss spielt der spanisch-deutsche Schauspieler Alex Brendemühl. Heute ist er in Barcelona eine Berühmtheit.

Alex brachte in dem Film auch einige Themen ein, die seine Rolle feinfühliger darstellte. Bei dem Drehort hatten wir ein internationales Team. Am letzten Drehtag beschlossen wir, dass jeder des Teams die Filmklappe in seiner Muttersprache schlägt, und somit wurde dies auf 18 verschiedenen Sprachen getan.

Als ich den Film „Der Deutsche“ drehte, arbeitete ich parallel in der Drehbuchgruppe von Andrei Kontschalowski an dem Film über Michelangelo. Andrej Kontschalowski rief an und bat darum, den Schnitt meines Filmes zu schicken, der zu diesem Zeitpunkt bereits montiert war.

Nachdem er sich das Material angesehen hatte, machte er einige Anmerkungen zu dem Schnitt. Ich nahm einige Veränderungen vor und kann sagen, dass Andrej Kontschalowski unseren Film gerettet hat. Er wurde noch besser.

Deshalb danke ich Kontschalowski im Abspann, denn ohne seine Anmerkungen wäre der Film nicht so interessant gewesen. Er ist ein großer Profi und Meister. Es war eine Freude, ihm zuzusehen, wie er in wenigen Stunden das tat, wofür andere ein Paar Drehtage brauchen würden. Er ist ein Mann mit großer Erfahrung, großem Talent und großem Können.

Für mich ist das Kino der Russlanddeutschen eine so interessante Erinnerung an die Selbstidentität.

Das Thema unseres Filmes ist recht autobiografisch. Ich lebe seit meinem 11. Lebensjahr in Deutschland, seit den 90er-Jahren, und deshalb wollte ich darüber sprechen. Damals hatte ich noch keine Geschichte darüber gesehen, in der es um mich ging und darum, wie ein Kind erlebt, was mit ihm geschieht, und nichts kann es beeinflussen. Gleichzeitig wollte ich aber auch kein Sozialdrama drehen.

Ich kam in die Werkstatt von Pjotr Fomenko, als er bereits verstorben war. Unsere Wege kreuzten sich mehrmals mit ihm. Ich war bei seinen Proben, und es gab mir viel zu verstehen, wie er die Welt sieht, wie er mit seiner gefundenen Sprache mit dem Text kommuniziert. Das war wunderbar. Ich beobachtete und lernte.

Die Werkstatt von Pjotr Fomenko ist nicht das einzige Theater, in dem ich arbeitete, aber es ist ein sehr wichtiges für mich.

Ich nehme an, dass es ein wichtiges Festival ist. Es bietet die Gelegenheit, sich an die Kultur und Geschichte der Russlanddeutschen zu erinnern, die heute auf der ganzen Welt verstreut sind.

Wir sind 1992 nach Deutschland gezogen. Damals war ich 8 Jahre alt. Und es ist sehr interessant zu erfahren, wie sich andere Menschen, die aus verschiedenen Teilen der ehemaligen Sowjetunion kamen, in eine andere Kultur integrieren. Es gibt diejenigen, die ihren Platz finden, und es gibt diejenigen, die mit der Situation nicht zufrieden sind und in die Vergangenheit zurückwollen.

Der Film handelt in vielerlei Hinsicht von meiner persönlichen Geschichte. Ich wurde in derselben Stadt Temirtau geboren, in der das deutsche Theater entstand. Als ich die Helden unseres Filmes, Maria und Pjotr, traf, war es sehr interessant, sich mit ihnen zu unterhalten. Wir lebten in einer Stadt, kannten uns jedoch nicht.

Was mich an dieser Geschichte besonders berührte, war, dass viele Menschen nach Deutschland zogen und begannen, drängende Probleme zu lösen: Sie mussten die Sprache lernen und sich einen Job suchen, um ihren Lebensunterhalt zu finden. Viele glaubten nicht mehr daran, etwas erreichen zu können. Maria und Pjotr jedoch hörten nicht auf, Theater zu spielen und trotz aller Schwierigkeiten setzten sie ihre Arbeit fort. Die Dreharbeit war sehr emotional. Besonders die Fahrt nach Kasachstan, als die Schauspieler das zerstörte Theater in Alma-Ata sahen. Es war sehr schwierig, dieses Bild zu sehen und die Zeiten von damals wieder zu erleben. Wir waren drei Jahre lang gemeinsam am Set und sind auch seelisch miteinander verbunden.

Damals befand ich mich selbst in einer schwierigen Lebenssituation und mehr als nur einmal dachte ich darüber nach, alles aufzugeben und einfach eine Arbeit in einem Büro anzufangen. Es war sehr schwierig, für die Kunst zu kämpfen. Maria und Pjotr waren in der Hinsicht Vorbilder für mich. Trotz aller Schwierigkeiten im Leben blieben sie Schauspieler und gaben nie ihre Liebe zum Theater auf. Sie lehrten mich, stark zu sein, alles zu verkraften und meine Arbeit fortzusetzen. Und da beschloss ich, in meinem Beruf zu bleiben und das zu tun, was ich gerne tue.

Es gibt Pläne für ein neues Projekt, das sich auch mit der Geschichte der Russlanddeutschen befasst. Ich arbeite weiter an diesem Thema und mache einen Dokumentarfilm für die Sozialen Medien. Wir werden die Geschichte des Theaters in Temirtau erzählen, beginnend mit den 70er- und endend mit den 90er-Jahren. Dies ist ein großes Projekt, an dem ich bis zum Ende des Jahres arbeiten werde.


Die Deutsch-Russische Filmwoche findet vom 28. bis 30. September statt und ist die erste Veranstaltung der Kultursaison 2020/2021 des Deutsch-Russischen Hauses in Moskau. Während der drei Tage können Sie sechs Spiel- und Dokumentarfilme über die Geschichte und das moderne Leben der Russlanddeutschen sehen und Fragen an die Autoren der Filme stellen. Filmbeschreibungen und Zeitpläne der Vorführungen finden Sie auf der Website des Projekts.

Das Projekt wird durch das Unterstützungsprogramm für Russlanddeutsche in der Russischen Föderation finanziert.

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