Die Große der russischen Geschichte: junger Regisseur des Films über Katharina II. Andrei Artschakow im Gespräch mit RusDeutsch

Am 19. November konnte man sich im Rahmen der „Filmwoche der Russlanddeutschen – 2022“ den Kurzfilm „Katharina II. Untergang der Großen“ ansehen: Der Film widmete sich den letzten Lebensmonaten der russischen Kaiserin, überschattet von einem schmerzhaften Nachdenken über die Thronfolge sowie über das Erbe als solches. Der junge Filmregisseur Andrei Artschakow erzählt in einem Interview mit RusDeutsch darüber, was ihn dazu inspiriert hat, einen Film zu solchem komplizierten Thema zu drehen.

Das deutsche Wort „Wunderkind“, das schon längst auch in der russischen Sprache üblich ist, fällt sofort ein: Andrei Artschakow hat seinen ersten Film, der in Kinos aufgeführt wurde, in dem professionelle Schauspieler spielten und dessen Musik von Autor der Kompositionen für die russische Dokumentarserie „Romanows“ Boris Kukoba komponiert wurde, im Alter von 13 Jahren gedreht. Der Film „Katharina II. Untergang der Großen“ wurde in das Programm der „Filmwoche der Russlanddeutschen – 2022“ aufgenommen. Die Vorführung im Deutsch-russischen Haus in Moskau fand am Samstag den 19. November statt. Am Vorabend der Aufführung hatte RusDeutsch mit dem jungen Talent über sein Regiedebüt, Lieblingsfilme, den Beruf des Synchronsprechers und ganz allgemein über die Magie des Kinos gesprochen.

Es ist unmöglich, unser Gespräch nicht mit dieser Frage anzufangen: Was wollten Sie als Kind werden? War es immer der Regisseur?

Seit meiner Kindheit wollte ich mich in kreativen Berufen engagieren. Im Grunde träumte ich davon, Filmschauspieler zu werden. Aber dieser Beruf ist ziemlich schwierig, es werden selten Rollen vorgeschlagen, die für den Schauspieler interessant sind. Gleichzeitig erschafft der Schauspieler die Figur nicht vollständig selbst. Der Regisseur hat bereits eine Vorstellung von der Figur und sagt dem Schauspieler, wie und wen er spielen soll.

Und es hat mich immer angezogen, Geschichten, Charaktere und Handlungen selbst zu entwickeln.

Irgendwann war mir klar, dass ich Regisseur und Drehbuchautor werden, Filme machen und vielleicht auch selbst interessante Rollen spielen wollte.

Bitte erzählen Sie uns, wie Sie auf die Idee gekommen sind, einen Film über Katharina die Große zu drehen. Warum hatten Sie das Interesse genau für ihre Persönlichkeit in der russischen Geschichte?

Als ich elf Jahre alt war, faszinierte mich sehr die historische türkische Fernsehserie „Das osmanische Imperium – Harem: Der Weg zur Macht“ („Das prächtige Jahrhundert“). Er inspirierte mich so sehr, dass ich mich für die Geschichte der Türkei und später auf Anregung meiner Eltern für die Geschichte Russlands zu interessieren begann. Nachdem ich gelernt hatte, wie viele interessante Handlungen und Charaktere in der russischen Geschichte zu finden sind, wollte ich viele davon in Filme überwandeln. Ich wollte selbst Serien und Filme wie „Das prächtige Jahrhundert“ entwickeln, damit sie auch Menschen zum Studium der Geschichte anregen, so wie mich diese Serie inspirierte. Und als erstes hat sich natürlich die Geschichte von Katharina der Großen in meine Seele eingebrannt.

Dies ist eine unglaublich interessante und große Persönlichkeit, nicht nur in der Geschichte Russlands, sondern im Allgemeinen in der Welt.

Nachdem ich viele Tagebücher und Memoires der Zeitgenossen über Katharina II. gelesen hatte, darüber wie sie arbeitete, wie sie mit Menschen kommunizierte, welche Erfahrungen sie in ihrem Leben gemacht hatte, respektierte ich sie sehr und wollte unbedingt einen Film über sie machen.

Nicht weniger erstaunlich als der Film „Katharina II. Untergang der Großen“ selbst ist seine Entstehungsgeschichte. Erzählen Sie bitte, wie Sie es geschafft haben, Andrei Trubnikow, den Gründer des russischen Kosmetikunternehmens „Natura Siberica“, von Ihrer Idee zu begeistern.

Nachdem ich mich entschieden hatte, einen Film über Kaiserin Katharina zu machen, begann ich langsam daran zu arbeiten, was ich zeigen sollte. Ich dachte jedoch, dass ich meine Idee erst verwirklichen kann, wenn ich erwachsen bin, die Schule abgeschlossen habe, ein paar Prüfungen bestanden habe, an der Universität als Regisseur studiere, Erfahrung bei der Arbeit in billigen Projekten sammle und erst dann werde ich es können, eine Serie über Katharina II. zu machen. Aber das Schicksal gab mir die Möglichkeit, früher meinen Traum zu verwirklichen.

Im Alter von 13 Jahren sah ich ein Casting in der Fernsehsendung „Million für Traum“, bei dem man eine Million Rubel gewinnen konnte, um seinen Traum zu erfüllen. Mir wurde klar, dass dies eine Chance ist, wenn nicht eine Fernsehserie oder einen Spielfilm, sondern vielleicht einen guten Kurzfilm zu drehen. Ich kam zur Fernsehsendung und sagte, dass ich eine Million brauche, um einen Kurzfilm über die letzten Lebensjahre von Katharina der Großen zu drehen. Einer der Jurymitglieder, Andrei Trubnikow, der Gründer des Brands „Natura Siberica“, wurde dadurch so fasziniert, dass er entschied persönlich über seine Firma, meinen Film mit einer Million Rubel zu unterstützen. Andrei Trubnikow interessierte sich sehr dafür, wie ein sehr junger, dreizehnjähriger Junge die Geschichte der russischen Kaiserin sehen und auf der Leinwand verkörpern würde.

Vielleicht hätte ich in der TV-Show selbst immer noch eine Million Rubel gewonnen, und es hätte dann die ganzen zwei gegeben, aber eine Woche später wurde in Russland eine Quarantäne vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie eingeführt und die Dreharbeiten der TV-Show wurden eingestellt.

Und als die Beschränkungen aufgehoben wurden, hatte ich schon meinen Kurzfilm gemacht, und ich brauchte die zweite Million nicht.

Der Film basiert nicht auf der bei Drehbuchautoren beliebten Geschichte, wie eine junge deutsche Prinzessin in ein entferntes und fremdes Russland kam und sich in dessen Kultur und Sprache verliebte, sondern auf der Geschichte von Katharinas schwieriger Entscheidung über die Thronfolge im letzten Jahr ihrer Regentschaft. Warum haben Sie sich entschieden, den Film genau dieser Regierungszeit der Kaiserin zu widmen?

Über die frühen Jahre von Mutter Kaiserin sind viele wunderbare Filme und Serien gedreht worden. Und als ich einen Film über ihr Leben machen wollte, wurden bereits zwei weitere Stücke für die Dreharbeiten vorbereitet. Das ist schon ein Wald-und-Wiesen-Thema. Außerdem waren es immer die letzten Jahre im Leben großer historischer Persönlichkeiten, die mich immer faszinierten. Da haben diese großen Menschen die meisten ihrer großen Taten bereits vollbracht und können nun das Ergebnis ihrer Arbeit sehen und darüber urteilen.

Durch ihre grauen Haare kann man viele interessante Geschichten, Erinnerungen, Schwere alter Fehler und so weiter zeigen.

All dies ist sehr interessant. Und natürlich ist es sehr interessant, den Tod selbst zu zeigen. Warum ist es für die Leute immer interessant, sich immer wieder die Ausschnitte mit dem Tod von Filmhelden anzusehen?

Da jede Geschichte ihren Anfang, ihre Mitte und ihr Ende hat und das Ende immer davon abhängt, was am Anfang und in der Mitte passiert ist, steht in direktem Zusammenhang mit den Handlungen und Gedanken in den vorherigen Akten. Dasselbe gilt für das menschliche Leben.

Das Ende der Menschen hängt damit zusammen, wie sie ihr Leben gelebt haben, wie sie sich verhalten haben, welche Bestrebungen sie hatten. Jede ihrer Handlungen führte genau zu einem solchen Ende; wenn sie anders gehandelt hätten, wäre das Ende ein anderes gewesen.

Ich habe keine Zweifel, dass Sie diese Frage schon hundertmal gehört haben, aber trotzdem: Wie ist es, mit 13 Jahren ein Team von erwachsenen Profis zu führen? Wie haben Sie es geschafft, die Arbeit am Filmset zu organisieren?

Das Schicksal brachte mich mit wunderbaren Menschen zusammen, die aufrichtig dabei helfen wollten, den Film zu machen. Es gab auch Leute, die in dieser Situation eine Gelegenheit sahen, Geld zu verdienen, und versuchten, mich zu täuschen, aber alle diese Leute gingen früher oder später weg, und es blieben aufrichtige, kluge Leute, die sich trotz meines Alters wohl fühlten, mit mir zu arbeiten. Und die Zusammenarbeit mit ihnen habe ich auch genossen.

In Ihrer Filmografie gibt es über drei Dutzend Arbeiten des Synchronsprechers. Und das nicht nur in Filmen und Zeichentrickfilmen für Kinder, sondern auch in schweren ausländischen Krimidramen. Der Beruf des Synchronsprechers wird in der Filmbranche zu Unrecht vernachlässigt. Erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungen. Wie gehen Sie an diese schwierige Aufgabe heran und was bringt sie Ihnen?

Die Arbeit eines Synchronsprechers ist völlig mein Ding. Sie macht mir nur Spaß. Als Kind habe ich davon geträumt, Filmschauspieler zu werden, weil sie einen interessanten Beruf haben, in interessanten Kulissen spielen, berühmt werden und so weiter. Aber nachdem ich in Nebenrollen mitgespielt und erwachsene Künstler beobachtet hatte, wurde mir klar, dass dieser Beruf wirklich schwierig ist: In der Kälte muss man so spielen, als wäre es ein heißer Sommertag, früh morgens aufstehen und zum Filmset gehen, jede Menge Text auswendig lernen und Rollen kommen nicht immer interessant rüber.

Und der Synchronsprecher sitzt dementgegen in einem gemütlichen Studio mit Tee – prima!

Natürlich werde ich als normaler Schauspieler immer gerne spielen. Aber ich bin froh, dass die Synchronisation mein Hauptberuf ist.

Diese Frage wird an jeden Filmemacher gestellt, und natürlich können wir es nicht vermeiden, Sie auch zu fragen: Was ist Ihr Lieblingsfilm? Wenn Sie sich nicht auf einen Film beschränken können, wie würde Ihre Top 3 aussehen?

Meine Lieblingsfilme wechseln ständig. Was in einem bestimmten Moment inspiriert, ist das, was ich als mein Lieblingsstück betrachte. Jetzt kann ich so eine Top 3 machen. Zuerst „Gladiator“. Der Hauptantagonist des Films, Commodus, war sehr einprägsam – die Figur wird auf sehr interessante Weise gezeigt und enthüllt, ich verwende einige der Ideen daraus, wenn ich das Drehbuch für meinen nächsten Film schreibe. Zweitens „Die Schwester der Königin“. Die Hauptfigur hat mich begeistert. Die Art und Weise, wie sie sich im Laufe des Films verändert, wie man eine bestimmte Stimmung schafft und die Situation eskaliert, ohne Worte, sondern nur mit Licht, wie sich die Handlung entwickelt, wie man es schafft, eine so große Geschichte kurz und klar darzustellen – all das versuche ich, beim Schreiben des Drehbuchs für meinen nächsten Film zu verwenden. Wir haben sogar leicht ähnliche Handlungen, ähnliche Charaktere. Und schließlich die „Herr der Ringe“-Trilogie. Im Allgemeinen bin ich sehr inspiriert von der Welt von Tolkien, ich habe immer eine besondere Inspiration davon gespürt.

Irgendwelche Hinweise darauf, worum es in Ihrem nächsten Film gehen wird?

Der nächste Film handelt von einer sehr interessanten Figur in der russischen Geschichte. Über wen genau, verrate ich noch nicht.

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