Vom 9. bis 12. Oktober fand in Barnaul ein großes Forum-Festival der Russlanddeutschen statt, an dem über hundert Vertreter der deutschen Gemeinschaft aus verschiedenen Regionen Russlands teilnahmen. Die Veranstaltung fand unter folgendem Motto statt: „Wir schaffen das Bild der Zukunft, indem wir das Erbe der Vergangenheit bewahren“. Der Gedanke der Vereinigung zog sich wie ein roter Faden durch das gesamte Programm und verband vielfältige Themen sowie unterschiedliche Arbeitsformate. Wissenschaftler, Leiter russlanddeutscher Organisationen, Experten für Social Design und Identität, Journalisten sowie Musiker und Sänger kamen zusammen. In den vier Tagen des Forum-Festivals wurden Fragen zur Entwicklung der Gemeinschaft erörtert. Diskussionsplattformen, Workshops und Präsentationen moderner Projektpraktiken sowie Medienprodukte boten den Teilnehmenden zahlreiche Gelegenheiten zum Austausch. Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein Galakonzert, bei dem Künstlergruppen und Solokünstler auftraten. In unserem Bericht werfen wir eine Blick auf das Programm des Forums, die aktuellen Themen der hitzigen Diskussionen und die Eindrücke der Teilnehmenden.
Anziehungspunkt
Die Originalität der Veranstaltung spiegelt sich bereits im Namen wider, der zwei Elemente miteinander vereint: Forum und Festival. Beide Formate haben eine lange Tradition im Rahmen der Tätigkeiten des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur (IVDK).
Im Jahr 2010 fand in Uljanowsk ein großes Kulturfestival der Russlanddeutschen statt, das über 1500 Gäste anzog! Das darauffolgende Forum-Festival wurde 2021 aus Gründen der Pandemie als Online-Übertragung durchgeführt.
Foren sind ein essenzieller Bestandteil des Lebens der Russlanddeutschen. Sie bieten Plattformen, auf denen Leiter und Aktivisten von Organisationen aus verschiedenen Regionen ihre Erfahrungen austauschen und die Zusammenarbeit weiterentwickeln können.
Im Jahr 2024 wurde Barnaul zum Zentrum des Forum-Festivals, das zahlreiche Vertreter der russlanddeutschen Gemeinschaft zusammenbringt.
Wir haben diese beiden Veranstaltungen kombiniert. Zu jedem ernsthaften Forum gehört auch ein kulturelles Element, das es zu erleben gilt: Ausstellungen und Konzerte bereichern das Programm. Für das Forum-Festival wurden talentierte junge Künstler eingeladen, die beim Galakonzert ihr Können präsentierten. So haben die jungen Teilnehmenden die Möglichkeit, sich als Teil einer großen Gemeinschaft der Russlanddeutschen zu fühlen.
„Wissenschaftler, Leiter und gleichzeitig Sänger und Tänzer haben sich hier versammelt. Das ist wirklich bemerkenswert! Wir sind alle Teil einer großen Familie, die eine gemeinsame Kultur und Geschichte teilt“, sagte Elisaweta Graf, die Vorsitzende des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur.
An der offiziellen Eröffnung des Forum-Festivals nahmen zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten teil: Neben Elisaweta Graf waren auch Konstantin Matis, der Präsident der Föderalen National-Kulturellen Autonomie der Russlanddeutschen (FNKA), sowie die Gastgeber der Veranstaltung anwesend. Dazu gehörten Iwan Gaas, der Leiter des Deutschen Nationalrajons in der Region Altai, Georgij Klassen, Vorsitzender des Interregionalen Koordinierungsrates der Deutschen Westsibiriens und des Exekutivkomitees der Regionalen National-Kulturellen Autonomie der Deutschen, sowie Tatjana Haustowa, die Direktorin des Zentrums für kulturell-geschäftliche Zusammenarbeit „Deutsche im Altai“.
In seiner Begrüßungsrede hob Konstantin Matis, der Präsident der FNKA der Russlanddeutschen, hervor, dass jedes Volk Russlands einzigartig ist und dass die Bemühungen zur Erhaltung nationaler Kulturen einen Einfluss auf die Entwicklung des Landes haben:
Wer macht uns einzigartig? Es sind die Menschen, die heute in diesem Saal versammelt sind – diejenigen, die mit Hingabe und Leidenschaft die Traditionen unseres Volkes bewahren und sie an die nächste Generation weitergeben. Durch ihr tägliches Engagement in Ihren Regionen tragen Sie zur Entwicklung unseres Landes bei, einschließlich seiner Wirtschaft. Dafür möchte ich Ihnen meinen Dank aussprechen und Ihnen wünschen, dass Sie stolz auf unser Land und Ihre Zugehörigkeit zu Ihrem Volk sind.
In der Region Altai leben über 25.000 Russlanddeutsche, die damit die zweitgrößte Nationalität in dieser Region bilden. Dies betonte Tatjana Haustowa, die Direktorin des Zentrums für kulturell-geschäftliche Zusammenarbeit „Deutsche im Altai“, in ihrer Ansprache. Sie fügte zudem hinzu:
Ich freue mich, dass wir die Möglichkeit haben, Gäste – die Teilnehmenden des Forum-Festivals – willkommen zu heißen. Ich hoffe, dass mein Aufenthalt in Barnaul nur positive Eindrücke und angenehme Emotionen hinterlässt. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass dieses Forum-Festival einen neuen Impuls für die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen den Regionen sowie für das Wachstum der sozialen Bewegung der Russlanddeutschen gibt.
Das Forum-Festival hat nicht nur Vertreter der russlanddeutschen Gemeinschaft aus verschiedenen Regionen zusammengebracht, sondern auch eine Gelegenheit für den Austausch von Erfahrungen und die Synergie gemeinsamer Projekte geschaffen. Darüber hinaus ist die Veranstaltung das Ergebnis einer hervorragend koordinierten Zusammenarbeit zwischen dem IVDK und den lokalen Organisationen.
Es ist großartig, dass das Forum-Festival in Barnaul im Zentrum für kulturell-geschäftliche Zusammenarbeit „Deutsche im Altai“ stattfindet. Dies ermöglicht den Teilnehmenden, nicht nur die Funktionsweise der föderalen Struktur zu erleben, sondern auch die Vorzeigezentren vor Ort kennenzulernen.
„Es ist für uns von großer Bedeutung, mit den Regionen in Kontakt zu treten. Wenn wir es schaffen, vor Ort präsent zu sein, uns gegenseitig zu sehen und miteinander zu kommunizieren, führt das zu ganz anderen Ergebnissen und unterstützt die Umsetzung gemeinsamer Projekte“, sagte Pjotr Schiffelbaen, stellvertretender Exekutivdirektor für föderale Projekte des IVDK.
Drei Säulen: Geschichte, Sprache, Traditionen
Die ethnische Identität ist eines der zentralen Themen, das in den Tätigkeiten der russlanddeutschen Organisationen immer wieder aufgegriffen wird. Die Diskussionsplattform des ersten Veranstaltungstags bot eine gute Gelegenheit, die Fragen der nationalen Selbstidentifikation aus der Perspektive der „drei Säulen“ – Geschichte, Sprache und Tradition – zu erörtern.
Die Expertensitzung wurde von Irina Tscherkasjanowa, Doktorin der historischen Wissenschaften und Leiterin der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen, moderiert. Zu den Teilnehmenden gehörten Oleg Alexandrow, Professor der Staatlichen Universität Tomsk und Doktor der philologischen Wissenschaften, sowie Elena Arndt, Ethnografin und Autorin mehrerer Bücher über die Geschichte der Volkstracht der Wolgadeutschen.
Oleg Alexandrows wissenschaftliche Interessen konzentrieren sich auf die Dialekte der Russlanddeutschen. In einer populärwissenschaftlichen Weise erläuterte der Wissenschaftler, warum die Sprache der Russlanddeutschen sowohl einzigartig als auch für die Forschung von großem Interesse ist:
„Sie ist archaisch und ermöglicht uns einen Blick in die Vergangenheit, um zu verstehen, wie die deutsche Sprache vor 200 Jahren klang. Gleichzeitig haben sich die Dialekte der Russlanddeutschen isoliert von der Ausbreitung der deutschen Sprache entwickelt, wodurch einzigartige Formen entstanden sind, die in weder im Russischen noch im Deutschen zu finden sind“.
Oleg Alexandrow betonte, wie sehr er solche Veranstaltungen schätzt, da sie ihm die Möglichkeit bieten, sich mit Wissenschaftlern und Gleichgesinnten auszutauschen:
Es ist eine wunderbare Gelegenheit, in einem informellen Rahmen mit Kollegen zu plaudern. Einmal versammelten wir uns in einem Kreis, und während die Kollegen in verschiedenen Dialekten miteinander sprachen, lauschte ich gebannt und genoss die Dialektsprache. Bei solchen Treffen fühlt man sich stets als Teil einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten.
Elena Arndt, eine angesehene Expertin für die Geschichte der Volkstracht der Wolgadeutschen innerhalb der russlanddeutschen Gemeinschaft, hielt einen Vortrag. Sie erklärte, welche Kleidungsstücke die Kolonisten trugen und wie Elemente der traditionellen Tracht heute genutzt werden können, um ein ansprechendes Bühnenbild für kreative Gruppen von Russlanddeutschen zu gestalten.
Wir werden die Gruppen nicht in die Kostüme kleiden, in denen die Deutschen früher auf das Feld gingen. Ich sage immer: „Sie sind nicht auf die Bühne gegangen und ihr werdet nicht auf das Feld gehen“.
„Stattdessen nehmen wir die Festtagstracht, einige ihrer Elemente, kombinieren sie mit modernen Stoffen und kreieren so ein schönes Kostüm. Das Ergebnis ist eindrucksvoll und gefragt“, erzählte Elena Arndt.
Gleichzeitig betont die Ethnografin, dass die Tracht nicht statisch war, sondern sich im Laufe der Zeit veränderte und bestimmte historische Bedingungen, Bräuche und Philosophien widerspiegelte:
Warum zum Beispiel hat eine klassische Korsage 14 Knöpfe? Das ist die Anzahl der katholischen Heiligen, deren Namen mit der Verteidigung gegen die Pest in Verbindung gebracht wurden. Auch die weißen Hemden, die nur zu besonderen Anlässen getragen getragen wurden. Damals musste man versuchen, sie so gut wie möglich sauber zu halten. Die Stilisierung in modernen Kostümen ist notwendig, jedoch sollte sie mit Wissen und Maß erfolgen.
Der erste Tag der Veranstaltung fand seinen Abschluss in der Ein-Mann-Show „Heilige Ju“ der Schauspielerin und Regisseurin Olga Schutschkowa (Wigel). Dieser Theaterabend bot dem Publikum ein emotionales Eintauchen in die Geschichte der Deportation, erzählt durch Olgas persönliche Familiengeschichte. Die Erinnerungen ihrer Urgroßmutter und ihre berührende kreative Auseinandersetzung mit diesem Thema hinterließen einen tiefen Eindruck.
Die Geschichte der Familie ist die Geschichte des Volkes
Der folgende Tag des Forums setzte das Gespräch über die Geschichte der Russlanddeutschen fort, indem er das persönliche und familiäre Schicksal in den Mittelpunkt stellte und es zu einem wissenschaftlichen Thema erhob.
Der Doktor der historischen Wissenschaften und Professor Igor Plewe hielt einen Vortrag mit dem Titel „Formen der Weitergabe der Erinnerungen der Familie. Die Verbindung zwischen Familiengeschichte, Dorfgeschichte und staatlicher Geschichte“. In seinem Vortrag gab der Wissenschaftler zudem praktische Ratschläge zur Genealogie und erläuterte, in welchen Archiven und Dokumenten man nach Informationen über seine Vorfahren suchen kann.
Die Ausführungen des Historikers entfachten eine lebhafte Diskussion und beleuchteten zwei zentrale, umstrittene Themen: Zum einen das Verhältnis zwischen persönlicher Geschichte und der Geschichte des Volkes sowie umgekehrt.
„Solange ich mich mit diesen Themen beschäftige, ist es das erste Mal, dass ich die Verbindung von Familiengeschichte mit der Geschichte der kleinen und großen Heimat so klar sehe. Sie sind bemerkenswert“, kommentierte Georgij Klassen, Vorsitzender des Interregionalen Koordinierungsrates der Deutschen Westsibiriens und Vorsitzender des Exekutivkomitees der Regionalen National-Kulturellen Autonomie der Deutschen im Altai, aus dem Publikum.
Mit großem Interesse verfolgte ich die Vorträge von Igor Plewe. Als Genealogin faszinierte mich die wissenschaftliche Perspektive eines Fachmanns dieses Kalibers.
„Ich habe den Diskussionen über Identität mit Spannung gelauscht. Für mich sind Familiengeschichte und persönliche Identität untrennbar miteinander verbunden; die eine beeinflusst immer die andere“, sagte Olga Bondarenko, Expertin für Genealogie.
Das zweite Thema der Diskussion drehte sich um die Frage, wie die Geschichte der Russlanddeutschen durch innovative Formate populär gemacht werden kann, ohne dabei die historische Genauigkeit aus den Augen zu verlieren. Es gilt, Fakten von Mythen zu trennen. Wissenschaftliche Beobachtungen zeigen, dass historische Mythen sich schneller verbreiten und im Gedächtnis haften bleiben. Daher ist es unerlässlich, dass Projekte und Medienprodukte zur Geschichte der Russlanddeutschen auf wissenschaftliche Beratung zurückgreifen.
Wir verfügen über eine Vielzahl von Dokumenten und Büchern, doch diese müssen neu belebt werden. Die Geschichte der Russlanddeutschen sollte durch zugängliche und interessante Erzählungen sowie durch die Stimmen der Menschen lebendig werden – durch ihre persönlichen Geschichten sowie die Geschichten ihrer Dörfer, Städte und Kolonien.
„Ein professioneller Historiker kann das kaum allein bewältigen. Es bedarf eines Zusammenspiels zwischen Wissenschaft und kreativen Köpfen, die in der Lage sind, diese Inhalte auf verständliche Weise zu präsentieren. Dabei ist es entscheidend, dass alles authentisch bleibt und ohne Fantasie erzählt wird“, argumentierte Igor Plewe. „Deshalb schlage ich vor, dass die Zentren diese Richtung weiterentwickeln sollten. Wenn jemand Interesse an der Geschichte seiner Familie, seines Heimatdorfes oder seiner Stadt zeigt, wird er auch ein größeres Interesse an der allgemeinen Geschichte entwickeln und sich weiterbilden“.
Traditionen im 21. Jahrhundert: neue Projektformen
Die historische Fachgruppe stellte die Frage, ob es notwendig sei, neue Formate zur Popularisierung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen zu entwickeln.
Die Präsentation herausragender sozialer und kultureller Praktiken lieferte darauf eine vielversprechende Antwort. Dieser Programmpunkt wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für ethnokulturelle Bildung (BiZ) ins Leben gerufen, das seit mehreren Jahren Arbeitstreffen zu bewährten Praktiken organisiert. Hierbei handelt es sich um Projekte von Russlanddeutschen, die nicht nur erfolgreich umgesetzt wurden, sondern auch innovative Ideen bieten, die in anderen Regionen nachgeahmt werden können.
Auf dem Forum-Festival wurden erfolgreiche Netzwerke und regionale Praktiken vorgestellt.
Die Moderation der Präsentation übernahm Margarita Poldolina, eine Trainerin im Bereich „Soziales Unternehmertum“:
Meiner Meinung nach gibt es bisher nicht genügend Informationen über Projekte, die auf der Ebene der horizontalen Verbindungen zwischen den Zentren der deutschen Kultur stattfinden. Viele Menschen wissen nicht, was in den benachbarten Regionen geschieht. Es war mir wichtig, die besten Projekte hier zu präsentieren, damit andere Regionen diese Ideen für ihre eigene Arbeit nutzen können. Bei einem Blick auf das Publikum der Präsentation war ich überzeugt, dass viele Anwesende mit neuen Impulsen nach Hause gehen würden.
Die Gründer von Praktiken aus der Region Altai sowie den Gebieten Omsk und Samara teilten ihre Projekterfahrungen.
Jewgenij Martens, der Leiter der gesellschaftlichen Jugendorganisation „Unit“ in der Region Altai, berichtete von ihrem neuesten Vorhaben – einem Offsite für kreative Jugendliche:
Wir haben erkannt, dass das Interesse junger Menschen an der deutschen Sprache und Kultur durch innovative Ansätze gefördert werden sollte. Daher beschlossen wir, junge Künstler und Dichter im Alter von 12 bis 15 Jahren zusammenzubringen. In einem Tandem arbeiten die Jugendlichen: Einige schufen Bilder, während andere Gedichte verfassten, die ins Deutsche übersetzt wurden. Wir wollten verdeutlichen, dass auch große Künstler und Dichter nicht über Nacht berühmt wurden; jeder fängt einmal klein an.
Das Ergebnis des Offsites war ein farbenfrohes Buch mit Illustrationen und Gedichten junger Autoren. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass die Bücher kurz vor der Präsentation des Projekts gedruckt wurden, sodass jeder Teilnehmende seine eigene Sammlung von Kinderkunst in den Händen halten konnte.
Die Gäste des Forum-Festivals hatten zudem die Gelegenheit, die Ergebnisse eines weiteren Projekts im Zentrum „Deutsche im Altai“ zu bewundern. Die Wände waren mit Gemälden geschmückt, die die sommerlichen Berge, Pflanzen und Tiere des Altai darstellten – Werke junger Künstler, die an der Expedition „Auf Roerichs Spuren“ teilgenommen hatten und die Landschaften erlebten, die den berühmten Maler und Philosophen inspirierten.
Die Gründer des Projekts, der Künstler Iwan Friesen aus der Region Altai und seine Tochter Swetlana Friesen-Genrichs, berichteten über die Ausstellung und ihre kreative Reise.
Eine weitere Ausstellung, die den Raum und die Veranstaltungen des Zentrums schmückte, war die Exposition „Farbenfrohes kulturelles Erbe“, die auf den Ergebnissen des Art-Laboratoriums basierte, das im vergangenen Sommer in der Wolgaregion stattfand.
„Gute Aura“, Medien und Märchen
Zwischen den intellektuellen Diskussionsplattformen hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich in Workshops der russlanddeutschen Küche oder beim Basteln zu Ehren des Erntedankfestes zu erholen.
„Beim kulinarischen Workshop herrschte eine wunderbare Atmosphäre. Wir unterhielten uns in unserem Dialekt und schwelgten in Erinnerungen an unsere Kindheit sowie an die nationale Küche. Das ist ein großes Lob für die Organisatoren des Forums“, schwärmte Swetlana Genrichs, Direktorin der Mittelstufenschule in Grischkowka im deutschen Nationalrajon der Region Altai und Preisträgerin des Wettbewerbs „Russlands herausragende Deutsche“.
Parallel zu den Workshops fand ein offenes Treffen mit der Dirigentin Dajana Hoffman statt, das dem Thema „A. Schnittke. (Anti)Symphonie. 90 Jahre seit der Geburt des Genies“ gewidmet war.
Am Abend wurden die Teilnehmenden der Veranstaltung von der Premiere des Dokumentarfilms „Im Rhythmus des Lebens: Die Chroniken der Avantgarde“ begrüßt, welcher dem 15-jährigen Bestehen der Avantgarde gewidmet ist und die Geschichte von drei Generationen der Familie Rajnik erzählt. Angeführt wird diese Familie von Arnold Rajnik, dem Leiter der Künstlervereinigung der Russlanddeutschen, dem Direktor des Theaters des deutschen Tanzes „Ljallen“, Choreografen und Dichter.
Der letzte Tag des Programms begann mit einer Expertensitzung, die sich mit der Rolle der Medien bei der Bewahrung des historischen und kulturellen Erbes der Russlanddeutschen beschäftigte. Moderiert wurde dieser Programmpunkt von Olga Zikler, der Leiterin des Pressedienstes des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur:
Ich sprach über digitale Projekte und darüber, wie man sein Zielpublikum über verschiedene soziale Netzwerke erreichen kann. Traditionen werden durch die neue Generation weitergegeben, und Online-Medien bieten jungen Menschen den schnellsten und zugänglichsten Weg, um an Informationen zu gelangen.
Vertreter verschiedener Medienbereiche teilten ihre Erfahrungen in der Berichterstattung über die nationale Kultur und Geschichte der Russlanddeutschen. Olga Silantjewa, Redakteurin der „Moskauer Deutschen Zeitung“ und des Magazins „BiZ-Bote“, beleuchtete die Rolle der Printmedien. Tatjana Filistowitsch, Moderatorin der deutschsprachigen Radiosendung „Na prostorah Altaja“ (dt.: In den Weiten des Altai), gab Einblicke in die Welt des Rundfunks. Alexandr Ungefuk, Leiter des Medienprojekts „Deutsche im Altai“, stellte das Format des Dokumentarvideos vor.
Im Anschluss fand ein offenes Treffen zum Thema „Wie der Deutsche Propp das russische Märchen ‚auslegte‘ und Hollywood beeinflusste“ statt. Die Volkskundlerin und Geschichtenerzählerin Elena Podanjowa referierte über die universellen Gesetze des Geschichtenerzählens, die der Volkskundler Wladimir Propp aus mystischen Märchen ableitete. Diese Prinzipien haben nicht nur die Literatur, sondern auch Kino, Werbung und soziale Medien geprägt.
So knüpfte dieses Thema an die vorhergehenden Diskussionen an und regte die Teilnehmenden dazu an, darüber nachzudenken, wie die Geschichte der Russlanddeutschen in populären Formaten erzählt werden kann.
Wir schaffen das Bild der Zukunft, indem wir das Erbe der Vergangenheit bewahren
Das Forum-Festival fand seinen Abschluss in einem eleganten Galakonzert, das die kreativen Gruppen und Solokünstler aus den Regionen Altai, Wolga, Kemerovo und Omsk vereinte.
Auf der Bühne präsentierten sich sowohl erfahrene Künstler als auch junge Talente – Preisträger des offenen interregionalen Kunstwettbewerbs, der zu Ehren von Edwin Fritzler ins Leben gerufen wurde, sowie des allsibirischen Festival-Wettbewerbs, benannt nach Michail Werner.
Die visuelle Metapher des Konzerts wurde durch einen Baum im Bühnenhintergrund verkörpert, der das zentrale Thema des Forum-Festivals widerspiegelt: „Wir schaffen das Bild der Zukunft, indem wir das Erbe der Vergangenheit bewahren“.
So wie ein gesunder Baum aus seinen Wurzeln emporwächst, seine Äste weit ausbreitet und seine Blätter und Früchte entfaltet, so bewahren auch wir das historische Gedächtnis und die Traditionen. Diese werden von den Vorfahren an die Nachkommen, von der Vergangenheit in die Gegenwart und in die Zukunft weitergegeben.
„Jeder Tag des Forums ist für mich emotional gefärbt mit etwas Besonderem, direkt in die Seele, ins Herz... Und das Wichtigste ist, dass ich mit meiner Tochter hier bin“, sagte Swetlana Genrichs.
Sie war nicht nur mit ihrer erwachsenen Tochter Swetlana gekommen, sondern auch mit ihrer zweijährigen Enkelin Alisa.
Die jüngste Teilnehmerin des Forum-Festivals nahm zusammen mit den Erwachsenen an ernsthaften Diskussionsplattformen teil und rollte in den Pausen eine Spielzeugeisenbahn durch den Korridor. Dies symbolisiert ein Gefühl der Einheit – innerhalb einer Familie und innerhalb der Gemeinschaft der Russlanddeutschen.
Mehr Fotos vom Forum-Festival unter dem Link!
Übersetzt aus dem Russischen von Evelyn Ruge